Kritik
Regie verübt Mord an Verdi
03.03.2008
Proteste des Publikums für eine optisch arg missglückte Verdi-Premiere der Wiener Staatsoper, Erfolg für Sänger und Dirigent.
Erregung
Ein Buh-Orkan empfing den Regisseur, als er mit seinem
Team auf die Bühne kam. „Assasini di Verdi“ hatte schon während der
Vorstellung einer aus dem Zuschauerraum gerufen. Die Erregung war
begreiflich: David Pountney wurde vom Publikum für seinen Mord an Giuseppe
Verdi bestraft. Beate Vollack (Choreografie) und Richard Hudson
(Ausstattung) hatten ihm dabei geholfen.
La forza del destino (Die Macht des Schicksals) als Mischung aus Wildwest-Musical, Ballett der Kriegsversehrten, Sex-Revue, Guantanamo-Anspielung-en, Religionsverhöhnung, Asylanten-Persiflage. Dazwischen Liebe, Eifersucht, Familienrache und ihre letalen Folgen als Versuch, in dem szenischen Wirrwarr die eigentliche Handlung irgendwie abzuwickeln. Im Hintergrund Videoeinspielungen von optischen Symbolen und realen Kriegsbildern. Ein akustisch wahrnehmbarer Bombeneinschlag.
Nicht so gut wahrnehmbar die menschlichen Stimmen. Die Bühne ist oben offen, seitlich von dunklen Stoff-Lamellen begrenzt. Chor und Solisten fehlt der Resonanzraum. Daher wirkt der Gesang vielfach diminuiert, sofern er nicht in Rampennähe stattfindet. Das Grundkonzept des Bühnenbildes ist gewiss interessant: Eine drehbare Schräge, begrenzt von einer Wand, brauchbar als vielfältige Spielfläche, teilweise jedoch von einem sinnlosen Gerüst verstellt. Hier müsste eine konzentrierte Chor- und Personenregie stattfinden.
Augen zu
Also, Augen zu und Ohren auf. Zu hören sind ein gut
studierter Chor sowie die klangliche Sensibilität und effektvollen
Tutti-Akzente des Orchesters. Die in diesem Stück fast leitmotivisch
wichtigen Klarinettensoli werden von Peter Schmidl mit einem Legato
gespielt, das ich dem Tenor auf der Bühne wünschte. Salvatore Licitra ist um
Piani bemüht, fühlt sich aber als Schreihals am sichersten. Neben ihm Carlos
Alvarez, Alastair Miles, Nadia Krasteva, Tiziano Bracci stimmlich tadellos.
Ereignis. Ein Ereignis an diesem Abend war nur Nina Stemme. Intensiv im Ausdruck, ein liebender und leidender Mensch, dessen Schicksal berührt. Überzeugende Darstellung, inniger und ergreifender Gesang.
Zubin Mehta sorgt als Dirigent für Feinheiten und Attacken, für Klangbalance und besten Kontakt zwischen Bühne und Orchester. Er muss sich als Beteiligter das Spektakel leider noch ein paarmal ansehen.