Marc Minkowski, Les Musiciens und die Sänger begesieterten Publikum.
"Lucio Silla" aus der Feder des 16-jährigen Mozart ist eine Seifenoper des 18. Jahrhunderts. Konvention ihrer Zeit im Tyrannen-Milieu, in der es keinen einzigen Anknüpfungspunkt zu heutiger Lebensrealität gibt. Überdeutlich wird das, wenn auf Interpretation - und sei sie noch so ironisch-überhöht oder an den Haaren herbeigezerrt - einfach verzichtet wird. Die Stiftung Mozarteum hat ihren "Lucio Silla" zur Eröffnung der Mozartwoche 2013 in eine ästhetische Puderwolke gesteckt und den Sängern und Musikern damit einen historisierenden Rahmen geschaffen. Ein Publikumserfolg ist diese Koproduktion mit den Salzburger Festspielen und dem Musikfest Bremen trotzdem geworden.
Seifenoper aus dem 18. Jahrhundert
Der Mailänder Statthalter Karl Joseph Firmian Habsburg hat den jungen Mozart zu "Lucio Silla" beauftragt, und es mag sein, dass in dieser Repräsentationsoper nach einem Text von Giovanni de Gamerra nicht viel drin steckt, das sich zu inszenieren lohnt. Aber Regisseur Marshall Pynkoski beschränkt sich darauf, Dolche zu zücken, mit Degen zu fuchteln sowie den Salzburger Bachchor und neun Balletttänzer auf Spitze in schlecht synchronisiertem und phasenweise lächerlichem Gleichschritt auf die Bretter zu schicken. Ausstatter Antoine Fontaine hat seine Helden in zeitgemäß-fade Historien-Kostüme gesteckt und lässt permanent Fassaden, Säulen, gigantische Brokat-Vorhänge und düster-martialische Friedhöfe ins Blickfeld schieben. Schon nach einem Akt dieses dreieinhalbstündigen Schmachtfetzens wünscht man sich nichts als eine konzertante Aufführung. Da könnten sich die Sänger wenigstens besser auf die Musik konzentrieren.
Eröffnung mit vielen Emotionen
Die müssen schmachten, sich ins selbstgefällige und emotional überladene Herrscher-Drama stürzen und zugleich haarsträubend virtuose Koloraturen schmettern. Da passiert es immer wieder, dass die rhythmische Feinabstimmung zwischen Bühne und Graben nicht auf den Punkt kommt und der musikalische Kontakt vereinzelt eher lose wirkt. Aber trotzdem sind es die Musiker, die diesen szenisch spießigen Abend retten und den Salzburger "Lucio Silla" zu einem guten Opern-Abend machen.
Musiciens du Louvre begeistern
Marc Minkowski hat seine Musiciens du Louvre aus Grenoble doppelchörig und verhältnismäßig groß besetzt. Der eher raue und schlanke Mozart-Klang kommt diesmal nicht so zur Geltung. Aber trotzdem ist der "französische Mozart" federnd leicht und tänzerisch, überwiegend rhythmisch präzis und zugleich warm und homogen. Das fast ausschließlich weibliche Solisten-Ensemble ist selten gut und ausgewogen. Zwar haben alle fünf Sänger ein paar wenige, vielleicht durch die Premieren-Nervosität bedingte Startschwierigkeiten. Aber sie schwingen sich ein und repräsentieren das viel zitierte Mozart-Ensemble, in dem es so gut wie keine Schwachstelle gibt.
Startenor singt Titelrolle
Rolando Villazon in der Titelrolle macht seine stimmtechnischen Probleme in der hohen Tenor-Lage durch satten Klang in der Mitte und vor allem durch seine schauspielerische Geschmeidigkeit wett. Olga Peretyatko als "Giunia" sorgt für wunderbar innige Momente, blitzsauber, angenehm im Timbre und wohldosiert im Vibrato. In Stimmgröße wird die Russin nur von Mezzosopranistin Marianne Crebassa als "Cecilio" übertroffen, die in allen Belangen grandios singt, unmittelbar berührt und zu Recht den größten Applaus auf sich verbuchen kann. Inga Kalna in der Hosenrolle des "Lucio Cinna" fegt fast ebenso souverän durch Mozarts Schwall von Tönen, und auch Eva Liebau passt als "Celia" wunderbar in dieses Mozart-Ensemble, das diesen Namen tatsächlich verdient.
Regie-Team hielt sich zurück
Am Ende der Oper wird der Orchestergraben fast auf Bühnenhöhe gehoben. Und das Regieteam steht beim anerkennenden Schlussapplaus des Premierenpublikums nie vorne, sondern immer in der zweiten Reihe. Zwei aussagekräftige Symbole für den "Lucio Silla" bei der Salzburger Mozartwoche.
Info
"Lucio Silla", eine Opera Seria in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart nach einem Libretto von Giovanni de Gamerra wird noch im Haus für Mozart am 29. Jänner und 1. Februar aufgeführt. Alle Informationen sowie Tickets erhalten Sie unter . www.mozarteum.at.