Kult ab den 80ern
Schade? Opernball - Demos sind tot
09.02.2010
Grund: "Gegen ein Kasperltheater demonstriert man nicht"
Die Opernball-Demo scheint tot. Was einst - Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre - Tausende auf die Straße brachte, verleitet 2010 trotz Wirtschaftskrise nicht einmal mehr zu einem Demo-Aufruf auf Indymedia oder Facebook. "Welche Maßnahmen wir ergreifen werden, werden wir erst kurzfristig entscheiden. Derzeit gibt es einfach nichts", sagte dementsprechend Polizeisprecher Mario Hejl am Dienstag, 9.2. Unklar bleibt damit auch, ob es überhaupt eine Sperrzone um die Oper gibt bzw. welche Verkehrsmaßnahmen getroffen werden.
Demo unwahrscheinlich
Dass noch ein Aufruf oder gar eine
Anmeldung für eine Demonstration kommt, scheint auch sehr unwahrscheinlich,
denn der
Opernball hat sein Mobilisierungspotenzial offensichtlich verloren, wie
mehrere von der APA befragte Demo-Veteranen meinten. "Gegen ein
Kasperltheater demonstriert man nicht", formulierte es Martin
Margulies, heute Budgetsprecher der Wiener Grünen. "Das Zentrum
der Auseinandersetzung hat sich verlagert. Was steht heute im Vordergrund
beim Opernball? Wen bringt der Lugner als Stargast, was verdienen (Alfons,
Anm.) Haider und (Dominik, Anm.) Heinzl?" Dass der Opernball nicht mehr
Mobilisierungspotenzial in sich birgt, liege nicht daran, dass es die Themen
nicht mehr gebe, meinte Margulies. "Die politischen Notwendigkeiten wie
die Forderung nach mehr Wohnraum sind schon noch da." Er brachte als
Beispiele die Auseinandersetzung um die Wagenburg und jene Gruppe in Wien,
die nach wie vor Häuser besetzt.
Bedeutung des Opernballs
Das mangelnde Mobilisierungspotenzial
liegt für den Grünen Mandatar vielmehr in der "schwindenden
Bedeutung des
Opernballs selbst". Es gebe andere Demos, etwa gegen das World
Economic Forum in Davos und andere Veranstaltungen, die beispielsweise die
Anti-Globalisierungsbewegung auf den Plan rufen. Und nicht zuletzt: "Die
Leute von damals sind heute 40, 45", sagte Margulies.
Nicht mehr im kampffähigen Alter
Ähnlich formulierte es ein
namentlich nicht genannt werden wollender Demo-Veteran: "Leute wie ich
sind nicht mehr im kampffähigen Alter", sagte er zur APA.
Abgesehen davon würden sich Energien eben auf andere Konflikte wie etwa den
Ball des Wiener Korporationsringes (WKR-Ball) konzentrieren. Und die urbanen
Konflikte seien nicht mehr so virulent, widersprach der Aktivist Margulies.
Mit Projekten a la Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) oder "Pankahyttn"
seien "befriedete Zonen" in der Stadt geschaffen worden, der "konkrete
Ansatz wie beim Konflikt um das besetzte Haus in der Aegidigasse fehlt".
Das habe sich bereits in den 90er Jahren gezeigt. "Als dann für
abstrakte Themen zur Demo aufgerufen wurde, war der Dampf draußen",
so der Veteran. "Und das hat man ja auch bei der Demo zum WKR-Ball
gesehen: Ohne ein paar 1.000 Leute auf der Straße gibt's keinen Zinnober."
"Kann nicht dagegen demonstrieren, dass die Würstel so teuer sind."
Für
einen anderen Demo-Veteranen, der noch Anfang des Jahrtausends maßgeblich im
Widerstand gegen die ÖVP-FPÖ-Koalition vertreten war, spielt auch der Aspekt
der Selbstgefährdung eine Rolle: "Warum soll ich mich draußen in
der Kälte als Teil einer Inszenierung prügeln lassen, wenn es kein klares
politisches Thema gibt, während sich's die in der Oper gut gehen lassen?",
fragte er. "Auch Organisationen interessieren sich nicht für den
Opernball, weil es zu gefährlich und zu lustlos ist." Es gebe kein
einziges politisches Statement: "Man kann nicht dagegen demonstrieren,
dass die Würstel so teuer sind." Außerdem sei die Polizei "schon
recht heftig".
Exekutive
Die Exekutive wollte nicht kommentieren, warum es keine
Opernball-Demos mehr gibt. "Wir sind froh, dass es keine Opernball-Demo
mehr gibt, und wir brauchen auch keine", sagte Hejl.