Schröder wollte vergangene Zwischenfälle "nicht weiter dramatisieren"
Rund drei Wochen nach dem Wassereinbruch in das Zentraldepot der Albertina soll die Evakuierung am Donnerstag, 16.7., abgeschlossen werden. Unterdessen erfuhr die APA von Direktor Klaus Albrecht Schröder, dass es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu "kleineren und größeren Wassereintritten im gesamten unterirdischen Erweiterungstrakt" gekommen ist, die der Direktor "aber nicht weiter dramatisieren" wolle. An die Öffentlichkeit gedrungen ist freilich erst der Wassereinbruch von 2.100 Liter Wasser am 23. Juni, der zur Totalevakuierung geführt hat.
5. Wassereinbruch
Bereits zum fünften Mal habe man nun mit
Wassereinbruch im unterirdischen Erweiterungstrakt der Albertina zu tun.
Lecks gab es etwa im externen Studiensaal - laut Schröder ein "Baumangel,
der in die Gewährleistung gefallen ist". Wie Maria Luise Sternath,
Chefkuratorin und stellvertretende Direktorin der Albertina sagte, habe es
zwischen 2003 und 2007 immer wieder durch das Dach getropft, so dass der
Studiensaal erst nach der Behebung im März 2007 der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden konnte. Dass der Schaden nicht gleich nach
Auftreten behoben wurde, lag ihrer Auskunft nach an "Haftungsfragen".
Wasserleitung bei Bohrung versehentlich beschädigt
Einen
weiteren Zwischenfall habe es in einem Sicherheitsdepot, in dem bei einer
Kernbohrung versehentlich eine Wasserleitung angebohrt worden war, gegeben,
wie Christian Benedik, Kurator der Architektursammlung, im APA-Gespräch
erklärte. Der Schaden sei minimal gewesen und sofort behoben worden. "Aber
in unserem Bereich kann jeder Tropfen ein Problem sein, ja sogar ein Werk
zerstören." Auch bei der Generalunternehmen-Abnahmebegehung im Jahr 2004
wurden im Bereich der Freitreppe, die zur Handelsgasse führt,
Feuchtigkeitsstellen entdeckt, die damalige Bauaufsicht habe von einem
"bekannten, virulenten Problem gesprochen", so Benedik. Auch bei den
Abdeckplatten des Portikus habe es in der Vergangenheit einmal einen Schaden
gegeben.
Hirst-Ausstellung wackelt
Schröder nimmt unterdessen in London
wieder die Gespräche mit dem Star-Künstler Damien Hirst auf, die durch die
Alarmmeldung aus Wien vor drei Wochen unterbrochen worden waren. Geplant ist
für Oktober eine Ausstellung mit neuen Werken des britischen Künstlers, die
im Rahmen einer Gegenüberstellung von Künstlerpaaren stattfinden soll. Ob
die gemeinsame Ausstellung mit Arbeiten von Georg Baselitz stattfinden kann,
hängt laut Schröder von der Fertigstellung der Sanierung der
Wechselausstellungshalle ab. Dort befinden sich derzeit das provisorische
Auslagerungsdepot. Wie Sternath erklärte, befinde sich der Saal ebenfalls
unter der Decke, durch die das Wasser ins Depot gedrungen ist. Vor der
geplanten Ausstellung muss die Absicherung gewährleistet sein.
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Bis Anfang August sollen die 950.000 Werke, die sich im Zentraldepot der Albertina befunden haben, ausgelagert werden. Bis dahin muss der Bescheid des Bundesdenkmalamts vorliegen, das beurteilt, "ob das Depot beziehungsweise der Transport dorthin mit aller Rücksichtnahme auf die Objekte geschieht und sie ordnungsgemäß gelagert werden", wie Barbara Neubauer, Präsidentin des Bundesdenkmalamtes (BDA), erklärte.
Suche nach der Ursache
Die "Beweispflicht" liege bei den
Eigentümervertretern, also der Albertina. Neubauer werde die Unterlagen
prüfen. Die bisherige respektive derzeitige Lagerungssituation der Werke
steht nicht zur Debatte, da "Gefahr im Verzug" ordnungsgemäß gemeldet wurde
und eine Ausnahmesituation darstellt. Die Suche nach der Ursache werde noch
andauern, von den Ergebnissen würden auch die weiteren Schritte des BDA
abhängen. Bei der Rückkehr der 950.000 unter Denkmalschutz stehenden Blätter
werde das BDA "mit Sicherheit fordern, dass alle Standards erfüllt sind", so
Neubauer. Diese Entscheidung werde man auf Gutachten stützen.
Gremium kommt in anderer Form
Das von Albertina-Direktor Klaus
Albrecht Schröder anfangs geforderte Gremium, das die nötigen weitreichenden
Entscheidungen gemeinsam mit ihm treffen sollte, gibt es laut Auskunft eines
Sprechers von Kulturministerin Claudia Schmied (S) sowie der
stellvertretenden Albertina-Direktorin Maria Luise Sternath nicht in der
ursprünglich angedachten Form. Der Beschluss zur Evakuierung sei nach
Rücksprache mit allen involvierten Stellen getroffen worden, die Ministerin
stünde "voll hinter der Entscheidung".
"Bau immer auf dem letzten Stand der Technik"
Zur
bisherigen Situation kann Neubauer wenig sagen: "Das war ein Neubau, mit dem
haben wir nichts zu tun. Wir sind nur befasst, wenn es um Anschlüsse an den
Altbau geht." Die Beurteilung der Qualifikationen des Neubaus würden das
Know How des BDA übersteigen. "Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass
so ein Bau immer auf dem letzten Stand der Technik ist." Zu diesem Zeitpunkt
komme das Denkmalamt "nur ins Spiel, weil eine Veränderung des Standorts
geplant ist".
Sicherung des Bestandes
Da das Gesetz bei "Gefahr im Verzug"
besagt, dass "Maßnahmen getroffen werden müssen, die zur Sicherung des
Bestandes dienen", müsse man diese zur Kenntnis nehmen, so Neubauer. Deshalb
befasse man sich auch nicht mit der derzeitigen Lagerung.
Schuld- und Verantwortungsfrage
Was die viel diskutierte
Schuld- und Verantwortungsfrage betrifft, ist diese aus ihrer Sicht nicht
beurteilbar, bevor die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen. "Wir kennen
die Problematiken im Bau ja alle, beim Altbau wie beim Neubau. Dass das in
Zusammenhang mit dem Albertina-Depot passiert ist, ist ein Unglück. Ich
möchte nicht wissen, wie oft das an Orten passiert, die nicht derart
kostbare Werke bewahren."
Jedes Museum eigenständig für Sammlungslagerung zuständig
Eine
bundesweite Überprüfung von Depots werde es nicht geben. Alle Museen seien
dafür zuständig, dass das Sammlungsgut ordnungsgemäß verwahrt wird.
Schließlich sei jedes Depot ein Sonderfall. Dass bei vielen anderen Häusern
nun die Alarmglocken schrillen, könne durchaus sein, durch den Schrecken
würden bestimmt einige Dinge überprüft werden. "Von diesem Einzelfall darauf
zu schließen, dass überall Gefahr droht, würde ich nichts halten." Zudem sei
das Aufgabengebiet des BDA "nicht so weit gesteckt, wie viele glauben", so
Neubauer. Es gebe "klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die in gewissem Grad
uns betreffen, das ist letztendlich aber ein eingeschränkter Bereich". Der
österreichische Denkmalschutz sei kein aktiver Denkmalschutz, sondern "wir
kommen ins Spiel, wenn etwas passiert, wenn jemand vorhat, etwas zu tun. So
traurig das auch klingt: Es gibt keinen aktiven Schutz."