Der bekannte Autor wurde 62 Jahre alt, erst 2008 war Jonke mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet worden.
Erst vor wenigen Wochen war Gert Jonke zum dritten Mal mit dem "Nestroy"-Autorenpreis für sein jüngstes Stück "Freier Fall" im Akademietheater ausgezeichnet worden. Bei seiner berührenden Dankesrede, bei der er einen Text vortrug, war der in Klagenfurt geborene Autor bereits deutlich von seiner Krebserkrankung gezeichnet gewesen. Der Chefdramaturg des Burgtheaters, Joachim Lux, dankte Jonke in seiner Laudatio, "weil du den Traum vom Fliegen weiterträumst. Du gibst uns Ahnung von der Freiheit, die es vielleicht nie gegeben hat, ohne die wir aber nicht leben wollen". Am Sonntag, starb Gert Jonke im Alter von 62 Jahren.
Am 8. Februar 1946 in Klagenfurt geboren, ging Jonke in seiner Heimatstadt ins Gymnasium, nebenher lernte er Klavier am Landeskonservatorium. Nach der Matura studierte er in Wien Germanistik, Geschichte, Philosophie und - natürlich - auch Musikwissenschaft. Er war der Ansicht, dass Dichtung und Musik sehr viel miteinander zu tun haben. Nach der Universität ging er nach Deutschland, wo er in der Hörspielabteilung des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart mitarbeitete. Es folgten Aufenthalte in Berlin, Hamburg, London, Argentinien und Frankfurt, bis er nach Österreich zurückkehrte, als Stadtschreiber von Graz.
"Geometrischer Heimatroman"
1969 kam sein erstes Buch
"Geometrischer Heimatroman" auf den Markt, das ihn mit einem Schlag
international bekannt machte. Jonke schrieb Romane, Gedichte, Hörspiele,
Drehbücher und Theaterstücke. Sein Text "Die Hinterhältigkeit der
Windmaschinen" diente als Grundlage für das Libretto von Dieter Kaufmanns
"Volksoper". Bereits zu den Klassikern der Moderne gehört seine 1977
erschienene Erzählung "Die Schule der Geläufigkeit". Seine Filmdrehbücher
hatten ebenfalls musikalische Themen, diesfalls Komponisten: "Händels
Auferstehung" entstand 1980, die Filmerzählung "Geblendeter Augenblick -
Anton Weberns Tod" kam 1986 heraus.
Kritik war ihm egal
Seine Romane "Der Ferne Klang" (1979),
"Stoffgewitter" (1996) oder "Himmelstraße - Erdbrustplatz oder das System
von Wien" (1999), eine Sammlung von 15 Erzählungen, wurden vom Publikum und
Teilen der Literaturkritik enthusiastisch gefeiert, andere Kritiker wieder
zerrissen ihn geradezu lustvoll. Dem Autor war die Kritik immer relativ
egal, er mokierte sich gerne über den "Literaturbetrieb". Dieser habe immer
weniger mit Literatur zu tun, verkündete er 2003 in seiner "Klagenfurter
Rede zur Literatur" zum Auftakt des Bachmann-Bewerbs. Jonke war 1997 erster
Bachmann-Preisträger. Die stets aufs Neue ausgerufene "Krise der Literatur"
dient seiner Ansicht nach zur Disziplinierung der Autoren, damit diese
"marktgerechte Produkte" ablieferten.
Experiment mit der Sprache
Jonke war ein unermüdlicher
Experimentator, der die Sprache immer wieder zerlegte und neu
zusammensetzte. In den vergangenen Jahren hatte er den Schwerpunkt seines
Schreibens auf das Theater verlegt. Sein allererstes Bühnenstück war das
1989 entstandene "damals vor graz", das im Herbst 2005 ebendort neu
inszeniert wurde. Das "Insektarium" und "Die Vögel" wurden im Wiener
Volkstheater gespielt, "Es singen die Steine" im Stadttheater Klagenfurt.
Während etwa "Die Vögel" heftig polarisierten, erntete die "Chorphantasie"
2003 fast uneingeschränktes Lob. Er spielt auch gerne mit den Formaten, wie
etwa im 2004 uraufgeführten Stück "Redner rund um die Uhr", wo ein
Schauspieler sich einen wortgewaltigen Kampf mit seinem eigenen Sprechorgan
liefert.
Vielfach Ausgezeichnet
Gert Jonke wurde im Lauf seiner
Schriftstellerkarriere vielfach ausgezeichnet, so erhielt er 1997 der
Erich-Fried-Preis und den Franz-Kafka-Literaturpreis, 2002 folgte der Große
Österreichische Staatspreis für Literatur und 2005 der Kleist-Preis. 2006
folgte der "Arthur Schnitzler"-Preis. Arroganz blieb dem Autor, der in Wien
und Klagenfurt lebte, trotz aller Auszeichnungen fremd. Zum dritten Mal
erhielt der Jonke Ende November 2008 (nach den ebenfalls von Christiane
Pohle inszenierten Auftragswerken "Chorphantasie" im Jahr 2003 und "Die
versunkene Kathedrale" 2005) den "Nestroy"-Autorenpreis für das beste Stück
für "Freier Fall".
"Natürlich ist Gert Jonke kein Dramatiker im traditionellen Sinn", schreibt Lux, und Handlung, Dialog, Konflikt und Figur seinen Jonke keinesfalls jene Gerüste, die er zum Bauen seiner Stücke verwende. Doch gerade deshalb seien die Dynamik entfaltenden "Buchstaben- und Sprach- und Satzmeere" dieses "Sprachartisten, Worterfinders und Kaskadenkünstlers" in bester österreichischer Tradition "eine Bewältigungsherausforderung an das Theater".
Bei Jung und Jung erschien 2008 der Sammelband "Gert Jonke - Alle Stücke", zu dem Herausgeber Joachim Lux auch das Nachwort verfasste, wo er die Dynamik entfaltenden "Buchstaben- und Sprach- und Satzmeere" dieses "Sprachartisten, Worterfinders und Kaskadenkünstlers" in bester österreichischer Tradition "eine Bewältigungsherausforderung an das Theater" nannte.