"Eurovision's Greatest Hits" versammelte ESC-Legenden aus sechs Jahrzehnten.
Der Eurovision Song Contest wird heuer bekanntlich 60 Jahre alt - und das will nicht nur Wien im Mai feiern. In London, wo der ESC bereits vier Mal stattfand, ging deshalb am Dienstagabend die große Jubiläumsshow "Eurovision's Greatest Hits" über die Bühne. Und Österreichs ESC-Queen Conchita Wurst lieferte am Ende den Höhepunkt der Show, die auch von ORF eins ausgestrahlt wird.
ESC-Legenden
Aus den bereits über 1.400 beim ESC gesungenen Liedern hatten die Organisatoren für das nostalgische Event 15 Beiträge ausgewählt, die - wie in alten Song-Contest-Zeiten - von einer Liveband begleitet wurden, wobei BBC-Kulttalker Graham Norton gemeinsam mit seiner schwedischen Kollegin Petra Mede mit besonderem Schmäh durch den Abend führte. Die ESC-Legenden waren dabei zwar in der Mehrzahl. Bei der spanischen Vertreterin Rosa Lopez oder der Französin Natasha St-Pier mussten aber wohl selbst Song-Contest-Kenner zunächst in den Annalen nachsehen, um wen es sich dabei handelt.
Emmelie de Forest performte ihr Siegerlied "Only Teardrops" aus 2013 mit nackten Füßen und halbnackten Trommlern, Nicole wurde für "Ein bisschen Frieden" nicht auf der weißen Gitarre, sondern am weißen Flügel begleitet und die 2012er-Gewinnerin Loreen aus Schweden interpretierte ihr "Euphoria" inmitten von kunstvoll drapierten Stoffbahnen. Der irische Dreifachgewinner Johnny Logan hatte ein Medley seiner Nummern "What's Another Year", "Hold Me Now" und "Why me" (hier als Songschreiber) sowie den gleichen weiten Hemdausschnitt wie damals im Gepäck. Buhs fasste aber nur Russlands Vertreter Dima Bilan angesichts der politischen Lage seines Landes aus - wie schon seit einigen Jahren beim ESC üblich.
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Nicht alle Künstler würde man heute noch auf der Straße wiedererkennen, wenn man die Bilder von damals im Kopf hat. Meist gibt es ein paar Kilo mehr und ein paar Haare weniger zu sehen. Dennoch zeigte sich die schwedische Popgruppe Herreys, die 1984 mit "Diggi-Loo Diggi-Ley" abräumte, immer noch munteren Schrittes auf der Bühne und auch die vier Mitglieder der britischen Brotherhood of Man hatten ihre aberwitzige Choreografie für "Save Your Kisses for Me" (1976) noch parat. Und das norwegische Frauenduo Bobbysocks ("La det swinge") sieht ohne Dauerwelle und Vokuhila-Frisur sogar besser aus als in den 80ern.
Einzig die dänischen Olsen Brothers, die ihr "Fly on the Wings of Love" zum Besten gaben, sehen genauso aus wie bei ihrem Sieg vor 15 Jahren - was zugegebenermaßen auch für die finnischen Urviecher Lordi ("Hardrock Halleluja") gilt. Unter der Monstermaske bleiben eben etwaige Falten verborgen. Gleichsam als Queen Mum des Wettbewerbs wurde die 91-jährige Schweizerin Lys Assia mit einer Krone geehrt, war sie 1956 doch die erste Gewinnerin des ESC.
Auf sie folgte dann die heutige Königin des Song Contest: Conchita Wurst. Im lilafarbenen Schleppenkleid interpretierte sie ihren Hit "Rise Like a Phoenix", bekam als einzige Teilnehmerin ein kleines Interview mit den Moderatoren und interpretierte im abschließenden Medley aller Künstler gemeinsam mit der transsexuellen Dana International, die mit ihrem Sieg 1998 nicht unwesentlichen Anteil daran hatte, dass der Event heute als Fest der Toleranz und queere Veranstaltung gilt, ABBAs "Waterloo".
Spätestens diese Nummer brachte das Stehparterre des altehrwürdigen Hammersmith Apollo, wo einst die Rolling Stones und die Beatles legendäre Auftritte hatten, zum Kochen, fand sich dort doch ein Fahnenmeer von Zypern bis Irland, von Spanien bis Russland, wobei naturgemäß der britische Union Jack in der Überzahl war. Die 4.000 Fans brachen dabei laut Moderatoren den jemals in der Location gemessenen Lautstärkerekord - und vermutlich auch den für das schrägste Outfit. So viele Zuschauer im Union-Jack-Anzug, mit abnehmbaren Conchita-Bärten oder einfach der denkbar schrägsten Kombination aus Perücke und dem Unmöglichsten, das der Kleiderschrank hergibt, sieht man sonst selten.
Zuspielungen mit den Best- und Worst-of-Momenten des Song Contests rundeten den Abend ab. Und auch ein Selfie-Weltrekord dürfte in London gebrochen worden sein: Ziel war, die bestehende Bestmarke von 1.200 Selbstfotografien von Zuschauern in einem Theater zu brechen. Der Blick auf Twitter (#eurovisiongreatesthits) zeigt, dass das Vorhaben gelungen sein dürfte.
In 26 Ländern wird die Aufzeichnung der Show nun in den kommenden Tagen und Wochen ausgestrahlt. In Österreich sendet ORF eins das Event am 22. Mai im Abendprogramm und damit einen Tag vor dem großen Finale des Eurovision Song Contests in der Wiener Stadthalle. In die kurze Atempause zwischen all den knallharten Ausscheidungen passt der sympathische Nostalgieabend ohne schmalzige Attitüde perfekt. Schließlich dominierte am Abend in London der Spaß an der Musik, die Selbstironie gepaart mit Feuerzauber und LED-Leinwand.
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