Der neue Generalmusikdirektor will, dass sein Vertrag "hieb- und stichfest" ist.
Franz Welser-Möst ist designierter Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper (ab 2010). Anders als der neue Direktor Dominique Meyer, hat er aber seinen Vertrag noch nicht unterschrieben, weil er noch nicht alle Details vollständig geklärt sieht:
Staatsoper
„Wir sind sozusagen in der letzten Runde angelangt,
aber ich finde eben, dass solche Verträge hieb- und stichfest sein müssen“,
sagt Welser-Möst gegenüber ÖSTERREICH. „Nachzuverhandeln, Pakete
wieder aufzuschnüren und nachzubessern – diese Gepflogenheiten überlasse ich
lieber den Politikern.“
Schwierigkeiten
Wo sich’s noch spießt? „Es geht hier immerhin um
eine gewaltige Institution, die es zu führen gilt“, sagt er. „Und meine
Führung bezieht sich, wie das von politischer Seite gewünscht wird, auf das
Musikalische. Und das arbeiten wir eben Punkt für Punkt ab. Zwar gibt es da
noch praktische Schwierigkeiten: Herr Meyer sitzt nach wie vor in Paris, und
ich selbst war viel unterwegs, dadurch kommt es zu Verzögerungen. Aber ich
bin keine Spur aufgeregt. Wir kriegen das schon hin.“
Als Zeitlimit für die Vertrags-Unterzeichnung nimmt er sich den 2. 12. vor: „Ich gehe davon aus, dass ich bis zur Walküre-Premiere meinen Vertrag unterschreiben werde.“ Am 2. Dezember startet mit der Walküre-Premiere der neue Ring des Nibelungen an der Wiener Staatsoper. Dirigent Franz Welser-Möst schildert im ÖSTERREICH-Interview, wie es werden wird.
ÖSTERREICH: Wie würden Sie den „Ring des Nibelungen“ in einem
Satz erklären?
Franz Welser-Möst: Der Ring ist ein
Weltentheater, also ein gewaltiges Stück, das versucht, die Komplexitäten
des Lebens auszuleuchten.
ÖSTERREICH: Welche Komplexitäten?
Welser-Möst:
Nehmen
Sie etwa Wotans komplexe und komplizierte Beziehungen zu Fricka, zu Erda, zu
seiner Lieblingstochter Brünnhilde ... Es gibt übrigens ein Buch, in dem
errechnet wurde, wieviele Hunderte Jahre Gefängnis nach der heutigen
Rechtsprechung dabei herauskämen, wenn man jedes einzelne im Ring
thematisierte Delikt bei Gericht verhandeln würde.
ÖSTERREICH: Ist der „Ring“ heutig oder zeitlos?
Welser-Möst:
Ich würde sagen, zeitlos.
ÖSTERREICH: Das heißt, man muss ihn nicht krampfhaft in die
Jetztzeit übersetzen.
Welser-Möst: Nein, denn in
Mythen, egal ob bei Shakespeare, Da Ponte oder Wagner, kann man sich zu
jeder Zeit wieder finden. Ein Schwert hat auch heute eine Bedeutung, man
muss es auf der Bühne nicht durch ein Maschinengewehr ersetzen.
ÖSTERREICH: Wird Ihr „Ring“ sowohl für Opernkenner als auch für
Wagner-Neueinsteiger taugen?
Welser-Möst: Ich hoffe sehr!
Das Schönste wäre natürlich, wenn auch Kenner, die den Ring schon zum 65.
Mal sehen, wieder staunen könnten, etwa über die „Unmäßigkeit“ von Herrn
Wagner.
ÖSTERREICH: Unmäßigkeit?
Welser-Möst:
Wie, bitte, inszenieren Sie beispielsweise den Walkürenritt mit seinen
unmäßigen Regieanweisungen? Es gibt keine Bühne auf der Welt, die das
bewerkstelligen könnte.
ÖSTERREICH: Träumen Sie schon manchmal von Wagner?
Welser-Möst:
Ich kann prinzipiell schwer „abschalten“. Und die Musik ist fraglos mit ein
Grund für meine Schlafprobleme. Ich gehe nach einem Probentag heim, bin
müde, denke, ich werde wunderbar schlafen können – und dann tauchen diese
unheimlich einprägsamen Motive in meinem Kopf auf ... Das Hirn, gerade in so
einer Probenphase, zur Ruhe zu bringen, ist schwierig. (Lacht:) Manchmal ist
das Musiker-Dasein auch ein bissel ein Fluch!
ÖSTERREICH: Ist der Staatsopern-„Ring“ Ihr bisher größtes
Projekt?
Welser-Möst: Ich habe den Ring ja schon einmal in
Zürich gemacht. Es ist also sozusagen eine Zweitbesteigung.