Schweizer Starfotograf zog in die Welt, um das Image der Stars zu brechen.
"Bitte brich mein Image": Mit diesem - vielleicht auch unbewussten - Ansinnen sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Prominente von Miles Davies über Sophia Loren bis Sylvester Stallone zu dem Starfotografen Michel Comte gepilgert. Allein der 1954 in der Schweiz geborene Künstler ist dabei stets seinem eigenen Image treu geblieben: "Hinter den Vorhang zu schauen", wie Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung Zürich anlässlich der Schau "Michel Comte" im Kunsthaus Wien erklärt. Ab morgen, Donnerstag (17. Oktober), bis zum 16. Februar 2014 sind nun Werke aus drei Jahrzehnten zu sehen, die von Modeshootings über berühmte Porträts bis zu verstörenden Einblicken in Kriegsgebiete reichen.
Stars vor der Kamera
"Michel Comte versteht es, eine Gegensicht auf die tradierten Images der Stars zu schaffen", so Brändle, der die umfangreiche Ausstellung gemeinsam mit Andreas Hirsch vom Kunsthaus Wien kuratiert hat. Während man die These des Image-Bruchs im ersten Raum mit außergewöhnlichen Porträts von Miles Davis, der seine Trompete wie ein Neugeborenes ans Herz drückt, oder einer Nahaufnahme von Pamela Andersons Gesicht dem Zuschauer näher bringt, führt die Schau bald weiter in die Farbwelt der 90er-Jahre, in der vor allem die scheinbare Spontaneität der Bilder durch die bei genauerer Betrachtung deutlich sichtbare Inszenierung gebrochen wird.
Blick hinter die Kulissen
Ein Blick ins "Labor" gibt unterdessen Einblicke in die Arbeitsweise Comtes, den sein Weg von seiner Geburtsstadt Zürich über Paris bis nach New York führte. Zahlreiche Kontaktabzüge eines Shootings mit Iggy Pop verdeutlichen etwa, wie viele Fotos es braucht, um das eine wahre Bild zu ermöglichen. Schließlich arbeitet Comte mit langen Vorbereitungszeiten und einem ganzen Stab von Visagisten, Beleuchtern und Assistenten, wie die Kuratoren bei der Presseführung schilderten. Besonders deutlich wird die Inszenierung bei der Dokumentation eines Werbeshootings mit der Schauspielerin Uma Thurman: Hier sind nicht nur Making-Of-Fotos vorhanden, sondern auch ein Bildschirm, auf dem die Nachbearbeitung via Photoshop nachvollzogen wird. Fältchen, Härchen und Muskelmasse wurden wegretuschiert, auf dem Endprodukt ist nicht mal mehr jene malerische Landschaft zu sehen, in der das Shooting stattgefunden hat.
Nacktfotos Bruni
So aufregend aufwendige Nacktfotos von Helena Christensen oder Carla Bruni auch sind, so verstörend sind jene Arbeiten, in denen sich Michel Comte in seiner Karriere mit sozialen Themen auseinandergesetzt hat. Aus der Kampagne "Safer Sex" stammt etwa ein Foto Sofia Coppola in der Badewanne, die als anti-erotisches Porträt geradezu aus der Ausstellung herausstreicht. Gerade die Darstellung der Frau sei es nämlich laut Kuratoren gewesen, die Comte zu Ruhm verhalf. Anders als sein Kollege Helmut Newton zeige er nicht "unterkühlte Erotik", sondern selbstbewusste Frauen mit spielerischem erotischem Zugang.
Gegensatz: Kriegsschauplatz
Auch jene Arbeiten, die auf Kriegsschauplätzen zwischen dem Irak und Afghanistan entstanden sind, stehen in starkem Kontrast zur Glitzerwelt der Stars, die Comte etwa in legendären Sessions in der Suite 152 des Ritz in Paris ablichtete. Bilder aus einem Leichenschauhaus oder einem Krankenhaus für Beinprothesen lassen den Besucher inne halten. Doch auch hier verzichtet Comte nicht auf Inszenierung, was ihm durchaus auch viel Kritik eingebracht hat. So habe er etwa ein verhungertes Baby, das auf einem der Bilder zu sehen ist, für das Foto extra zum Fenster bringen lassen, um für bessere Lichtverhältnisse zu sorgen. Doch Kurator Hirsch gibt zu bedenken: Ohne diese - wenn auch fragwürdige - Inszenierung gäbe es diese aufrüttelnde Foto, das das Leid an vielen Orten der Welt wiedergibt, gar nicht.
Info
"Michel Comte", Ausstellung im Kunsthaus Wien. 17. Oktober bis 16. Februar 2014. 3., Untere Weißgerberstraße 13. www.kunsthauswien.at