Zu massiven Störversuchen einer kleinen, offenbar organisierten Publikumsgruppe ist es am Samstagabend im Rahmen der Wiener Festwochen-Premiere von Romeo Castelluccis Performance "Sul concetto di volto nel Figlio di Dio" ("Über das Konzept des Angesichts von Gottes Sohn") im Burgtheater gekommen. Bei einer Szene, in der Schulkinder aus ihren Rucksäcken Plastik-Handgranaten entnehmen und dieses auf ein groß projiziertes Jesus-Bild des Renaissancekünstlers Antonello da Messina werfen, erhob sich ein lang anhaltendes Buh- und Pfeif-Konzert. Rufe wie "Weg damit!" oder "So eine Schweinerei!" waren zu hören. Die zu diesem Zeitpunkt fast am Schluss angekommene einstündige Aufführung konnte dennoch zu Ende gespielt werden und wurde schließlich mit einhelligem Applaus bedacht.
Das Stück hatte bereits 2011 in Paris die Gemüter katholischer Fundamentalisten erregt, die wegen vermeintlicher Blasphemie zu Protesten aufriefen. Auch der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte die Aufführung anlässlich eines Gastspiels in der deutschen Hauptstadt "unanständig" genannt, weil "das, was Menschen aus ihrem Glauben heraus wichtig und heilig ist, in dieser Weise durch den Dreck gezogen wird".
Geruchskomposition Die Aufführung des 1960 in Cesena geborenen Regisseurs, der mit seiner 1981 gegründeten Compagnie Socìetas Raffaello Sanzio immer wieder bei den Wiener Festwochen zu Gast war und am 2. August zur Eröffnung des Internationalen Theater Festivals in Venedig mit dem Goldenen Löwen der Biennale für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird, stellt die Pflege eines alten, dementen, inkontinenten Mannes durch seinen erwachsenen Sohn in den Mittelpunkt. Unter den Blicken von Gottes Sohn wechselt der in Business-Anzug und Krawatte gekleidete Menschensohn seinem jammernden, immer wieder weinenden Vater wiederholt die Windeln - was infolge einer täuschend echten Geruchskomposition auch die Magennerven der Besucher strapazierte.
Nicht die höchst realistische Darstellung der Conditio humana in all' ihrer Erbärmlichkeit, sondern das Rebellieren gegen das übermächtige Gottesbild erregte offenbar die Gemüter der kleinen Zuschauergruppe.
Faber hat wenig Verständnis Der Wiener Dompfarrer Toni Faber hat wenig Verständnis für die Proteste. "Ich habe Respekt vor religiösen Empfindlichkeiten, wir dürfen selbst aber nicht zu wehleidig sein", sagte er bei einem von den Wiener Festwochen veranstalteten Publikumsgespräch mit Castellucci und Moderator Ronald Pohl heute, Sonntag, Mittag. Derartige Proteste seien "vielleicht entschuldbar" durch Unkenntnis von Castelluccis Werk, "aber ansonsten halte ich das für künstliche Aufregung", so Faber.
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