Ex-Jedermann brilliert

Bravouröser Silvester-Coup

31.12.2012

ÖSTERREICH sah die Voraufführung von "Der Ignorant und der Wahnsinnige".

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Thomas Bernhards Der Ignorant und der Wahnsinnige, ein artifizielles, hochgradig musikalisches Sprachkunstwerk über die Kunst und den Tod, wird erstmals am Burgtheater aufgeführt. Regisseur Jan Bosse setzt im beeindruckenden Bühnenbild von Stéphane Laimé auf drei grandiose Schauspieler.

Auflösung
Den von allen Details physischer Auflösung faszinierten Anatomen, der in der Garderobe der Sängerin auf ihren Auftritt als Königin der Nacht in Mozarts Zauberflöte wartet, spielt Joachim Meyerhoff; sanft lächelnd hält er als Verkörperung monopolisierter Sprache horrorhaft virtuose, endlos lange Monologe über das Sezieren einer Leiche.

Schnaps
Sein Gegenüber ist ein Schnaps trinkender, dicker, alter Mann mit Stirnglatze, Blindenstab und schwarzer Brille. Man muss mehrmals hinschauen, bevor man in dieser Maske Peter Simonischek erkennt. Wie er den blinden Vater der Königin darstellt, zuerst nur einzelne Phrasen des Arztes wiederholt, mit seinem Stock herumtastet und auf den Tisch haut, über eine Stufe stürzt oder einen Finger ins frisch eingeschenkte Glas steckt, um zu erfahren, wie voll es ist – das sind Gustostückerl großer Schauspielkunst.

Höllenbund
Die Dritte im Höllenbunde ist Sunnyi Melles als hysterische Königin der Nacht. Singen kann sie nicht, aber sonst kann sie alles: lachen, schreien, kreischen, husten. Die koloraturgespickte Rachearie der Königin der Nacht kommt zum Glück vom Band, während die „Koloraturmaschine“, wie der Doktor sie nennt, wie ein schwarzer Racheengel durch die Luft an den Tisch bei den „Drei Husaren“ schwebt. – Bravos für alle.

Zur Vollversion des Artikels