Biennale in Venedig

Tabu für Österreich

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So wird der diesjährige Kunstbiennale-Beitrag aus Österreich aussehen

Wer ab 7. Juni (dem ersten Publikumstag) durch die Giardini von Venedig schlendert, wird den Hinweis auf den österreichischen Pavillon vergeblich suchen: "Tabu" statt "Austria" steht auf der Fassade des heimischen Pavillons auf der 53. Kunstbiennale, der heuer von Elke Krystufek, Dorit Margreiter und Franziska & Lois Weinberger bespielt wird. Die Eröffnung findet am 5. Juni (17 Uhr) statt.

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Österreichischer Pavillon in Venedig (53. Biennale)
© APA/Hertha Hurnaus

Auseinandersetzung mit dem Pavillon selbst
77 Nationen präsentieren sich heuer bis 22. November in Venedig, 26 Pavillons befinden sich auf dem Giardini-Gelände, weitere Länderbeiträge sind über die Stadt verteilt. Von den beiden Kommissärinnen VALIE EXPORT und Silvia Eiblmayr ausgewählt, sollen die Österreicher "mit verschiedenen, individuellen Strategien und dem Einsatz unterschiedlicher Medien eine vielfältige Sicht in die Kunst und künstlerische Wirklichkeit ermöglichen", wie es seitens der Veranstalter heißt. Als verbindend der doch sehr unterschiedlichen Positionen gilt ein "strukturelles, kunstkritisches Denken, das im weitesten Sinne auch einen sozio-kulturellen Kontext mit einbezieht". Gemeinsam ist den Künstlerinnen und dem Künstler auch die Auseinandersetzung mit dem Pavillon selbst und dessen besonderer Situation in den "Giardini". Die Arbeiten von Elke Krystufek und von Franziska & Lois Weinberger sind laut Ankündigung an den Ort gebunden und werden in ihrer Form nur in Venedig erlebbar sein.

"Angriff auf die Identität des Gebäudes"
Krystufek verdichtet in ihrer direkt in Venedig entstandenen malerischen Rauminstallation "Tabou Taboo" verschiedene Themen: Der Titel bezieht sich auf den auf Polynesien gedrehten Film "Tabu" (1931) von Friedrich Wilhelm Murnau, auf Freuds "Totem und Tabu" und den polynesischen Ursprung des Begriffs "Tabu" generell. Die Beschriftung an der Außenseite des Pavillons soll als "Angriff auf die Identität des Gebäudes" verstanden werden. Auch stellt sie die Frage nach einer "weiblichen Schaulust", der sich Krystufek experimentell und mit genderspezifischen Kriterien nähert.

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Interview mit Elke Krystufek
Wie geht es Ihnen mit der Teilung des Pavillons in drei voneinander abgegrenzte Bereiche für die Präsentation der einzelnen künstlerischen Positionen?
Elke Krystufek: Während des Aufbaus war es angenehm, alle Räume mitbenützen zu können. Die abgegrenzten Bereiche erinnern auch an Landesgrenzen. Ich fand diese Art von Einteilung spannend, weil sie auch an den Umgang mit Migration erinnert. Die verschiedenen Pavillone grenzen sich durch ihre Nationalitäten von einander ab, innerhalb der Pavillone kann es dann eben auch inhaltliche Grenzen geben, die das Zusammen- bzw. Nebeneinanderleben in den einzelnen Nationen reflektieren.

Gab es Überlegungen, aufeinander Bezug zu nehmen bzw. die Arbeiten zu verschränken?
Krystufek: Ja, aber es war aufgrund der häufigen Auslandsaufenthalte der TeilnehmerInnen nicht möglich, einen gemeinsamen Termin zu finden, wo die Arbeitsansätze der einzelnen Positionen besprochen hätten werden können.

Was war Ihre Intention, den Schriftzug "Austria" an der Fassade in "Tabu" umzubenennen?
Krystufek: Die Entscheidung dazu ist in Berlin gefallen, wo ich auch arbeite. Das Filmdrehbuch von Friedrich Wilhelm Murnaus Film "Tabu" hat mich dazu bewegt, mich mit dem Thema Tabu und der Bedeutung des Wortes zu beschäftigen. Ein wesentliches Kennzeichen meiner Arbeit ist auch die Ortlosigkeit bzw. die Beteiligung verschiedenster Arbeitsorte in verschiedenen Staaten für die Herstellung einer Ausstellung. Aufgrund meines Reisepasses und meines Berufes sind für mich Staatsgrenzen leicht passierbar, gleichzeitig ist mir die Ungerechtigkeit dieser Situation bewusst. Tabu steht aber auch für einen Ort, der nicht betreten werden darf. In meinem Teil des Pavillons werden ausgewählte tabuisierte Themen gezeigt, über die im Kunstbetrieb sonst nicht gesprochen wird.

Sie stellen in Ihren aktuellen Arbeiten einen Mann ins Zentrum - wie auch schon in der Ausstellung "the female gaze at the male or unmale man". Kann man die Arbeit in Venedig als Fortführung betrachten? Woher kommt die intensive Hinwendung zum Mann als "Objekt"?
Krystufek: Ja, alle Ausstellungen, die ich in diesem halben Jahr mache, beziehen sich stark aufeinander, dazu gehören auch Zürich und Grafenegg und die Frauenausstellung im Centre Pompidou ist auch nicht ganz unbeteiligt. Mich interessiert der Mann als "Subjekt". Vor der Arbeit für die Photosession mit meinem Model, war es mir auch sehr wichtig, mit dem Model vor und nach dem Shooting länger zu reden. Mir war es außerdem wichtig, dass das Model in dieser ungewöhnlichen Situation möglichst kein Unbehagen empfindet und das sein Wunsch, die Fotos, die als Vorlage zu den Bilder dienen, nicht zu veröffentlichen, berücksichtigt wird. Ich wollte in dieser Situationen ein faires Setting erzeugen.
Gleichzeitig interessiert mich bei dieser Arbeit der kunsthistorisch eklatante Mangel an Aktdarstellungen von heterosexuellen Männern durch heterosexuelle Frauen. Ich finde, dass dieser Umstand viel über die einseitigen Durchstrukturierungen von Gesellschaften aussagt und über Hierarchien, die in diesen Gesellschaften praktiziert werden. Der nackte Mann als öffentliches Bild ist generell sehr selten anzutreffen, es gibt auch fast keine männlichen Prostituierten, die auf Frauenwünsche spezialisiert sind und für den erotischen Blick von Frauen auf Männer gibt es wenig sogenannte Leitbilder. Die Arbeit in Venedig ist also als Beispiel einer veränderten Bildsprache zu diesen Themen gedacht. In der Ausstellung bei Galerie Meyer Kainer haben jedes Bild und jede Zeichnung eine eigene Geschichte, das würde aber den Rahmen dieses Emails sprengen.

Ihr Verhältnis zu Tabus, respektive Tabubrüchen in Österreich?
Krystufek: Mein Verhältnis zu den Tabus in Österreich entsteht in erster Linie aus meiner Perspektive als weiße, heterosexuelle, mitteleuropäische, feministische, erfolgreiche Künstlerin. Damit bin ich als Person bereits extrem codiert, denn von meiner Sorte gibt es sehr wenige in diesem Land. Es ist also relativ schwierig sich mit gleichgesinnten und aber auch gleichgestellten über diese Themen zu unterhalten, da ich wegen meiner Position fast immer in einer hierarchischen Weise angesprochen werde. Ich werde gefragt, weil ich Künstlerin bin, aber nicht als Person an sich. Von KünstlerInnen wird meistens erwartet, dass sie die Antworten geben, die sich NichtkünstlerInnen nicht selbst geben können. Ich fand das immer absurd.

Die offizielle Seite der Biennale

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