Als künstlerische Leiterin des Volkstheaters setzte sie neue Maßstäbe.
"Jetzt sollen die Jungen ran!" Die Wiener Theatermacherin Emmy Werner hat sich von Theateraktivitäten weitgehend zurückgezogen. Der "Bettelstudent" in München werde ihre letzte große Inszenierung bleiben, sagt sie im Gespräch mit der APA. "Mit 60 Leuten auf der Bühne möchte ich nicht mehr arbeiten." Höchstens das eine oder andere kleine, freie Projekt könne sie sich noch vorstellen. Am Freitag (13. September) feiert die Schauspielerin, Regisseurin und langjährige Theaterleiterin ihren 75. Geburtstag.
Momentaufnahme aus dem Jahr 2002. Mit Andrea Eckert im Theater an der Wien
(c) Photo Press Service
Schon mit der Gründung des Theaters Drachengasse 1979 hatte sich Emmy Werner einen festen Platz in der Wiener Theaterszene erobert. Mit der Direktion des Volkstheaters hatte sie 1988 eine ihrer Schlüsselpositionen übernommen, die sie bis 2005 innehatte. "Emmy Werner ist es gelungen, die Wiener Theaterszene innovativ aufzumischen. Da Frauen in künstlerischen Führungspositionen heutzutage immer noch Mangelware sind, ist Emmy Werners Direktionszeit an einem der großen österreichischen Sprechtheater bis heute Ansporn und Vorbild", würdigt Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg gegenüber der APA seine Vorgängerin.
Statement zum Volkstheater
Nachdem Schottenberg seinen Vertrag 2015 nach zehn Jahren Amtszeit auslaufen lässt, ist derzeit die Volkstheater-Leitung wieder ausgeschrieben. "Dass es mit der Ausschreibung so schnell gegangen ist, hat sicher mit den Wahlen zu tun", meint Werner, die es gerne gesehen hätte, "wenn man vorher noch ein paar inhaltliche Überlegungen angestellt hätte". Selbst möchte sie jedoch keinerlei Ratschläge erteilen oder Prognosen abgeben: "Egal wer es wird: Ich wünsche ihm oder ihr ein herzliches Toi-Toi-Toi!"
Emmy Werner wurde am 13. September 1938 in Wien in eine künstlerische Familie hineingeboren. Der Großvater, Eduard Prandl, zeichnete als Architekt u.a. für den Bau des Johann-Strauß-Theaters, der späteren Scala, verantwortlich, die Großmutter war Artistin. Ihr Vater hatte sich als Schriftsteller und Textautor von Wienerliedern einen Namen gemacht, und die Mutter trat als Tänzerin an der Wiener Volksoper auf. Ihre Schauspielausbildung absolvierte Werner in den Jahren 1957 bis 1959 bei Otto Kerry, Maria Luise Rainer und Eduard Volters. 1959 heiratete sie den Schauspieler und Regisseur Georg Lhotzky, die Ehe wurde 1974 geschieden, ihr entstammt der gemeinsame Sohn Alexander.
Ihre berufliche Karriere begann die Schauspielerin am Theater der Jugend. Es folgten Engagements an der Josefstadt und am Volkstheater sowie diverse Hörfunk- und Fernsehauftritte. Nachdem sie einige Zeit gemeinsam mit Stella Kadmon das Theater der Courage geleitet hatte, gründete Werner in der Spielzeit 1979/80 mit erheblicher finanzieller Eigenleistung das Theater in der Drachengasse und entwickelte es in den folgenden Jahren zu einer neuen Adresse für avanciertes zeitgenössisches Theater. Von 1984 bis 1987 wurde der Drachengasse als zweiter Spielort der Raum Courage angeschlossen.
Am 1. September 1988 übernahm Emmy Werner von Paul Blaha die künstlerische Leitung des Volkstheaters und etablierte es als Bühne für zeitgenössische Dramatik neben dem Ort der Pflege der österreichischen "Klassiker" Grillparzer, Nestroy und Raimund. Stücke von Gustav Ernst, Elfriede Jelinek, Peter Turrini, Franzobel, Marlene Streeruwitz und Gert Jonke wurden hier uraufgeführt oder nachgespielt. Ein besonderes Augenmerk legte die Direktorin auf Frauenthemen, mit denen sie traditionell in die Saison startete. 200 Premieren hatte Werner in ihren 17 Saisonen allein im großen Haus zu verantworten, regelmäßig war sie dabei selbst als Regisseurin tätig, etwa bei Bahrs "Das Konzert" (2004), Horvaths "Don Juan kommt aus dem Krieg" (2003), "Lumpazivagabundus" (1999) oder Jelineks "Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte", wofür sie 1993 den Skraup-Preis für Regie erhielt.
In den vergangenen Jahren inszenierte Emmy Werner u.a. den "Bettelstudent" am Landestheater Linz und am Prinzregententheater in München, und den "Bockerer" am Landestheater Niederösterreich. "Theater ist ein Lebensmittel wie Salz, Brot, Milch und meinetwegen auch Wein", hat sie früher einmal gesagt. Mittlerweile hat sich ihr persönlicher Lebensmittel-Punkt ein wenig verschoben: "Musik und bildende Kunst sind meine neuen Leidenschaften. Ich möchte ein bissel was schreiben, aber nichts Autobiografisches. Und ich will jede Minute genießen."
Auch ihr letztes Projekt war so erfolgreich, dass es nun in die Verlängerung geht: Vor einem Jahr hatte sie sich einen Herzenswunsch erfüllt und gemeinsam mit befreundeten Musikern und Schauspielern 14 Lieder zu Texten ihres Vaters Hans Werner (1898-1980) aufgenommen. Diese "Weana. Werner. Lieder." seien "großartig angekommen" und "auf viel Anerkennung gestoßen", freut sich Emmy Werner. "Ich lasse jetzt noch einmal 500 Stück nachpressen. Natürlich auf eigenes Risiko."