Für die Jahresausstellung der Wiener Universität für angewandte Kunst sollte man sich Zeit nehmen - und nicht nur, weil "The Essence" auch diesmal wieder sehr vielteilig geraten ist. Vielmehr lassen sich in dem bunten Sammelsurium der Studentenarbeiten aus den Abteilungen Architektur, Industriedesign, Mode, Bühnengestaltung, Transarts oder Art & Science, die ab 17. Juni im Erdgeschoß des Wiener Künstlerhauses zu sehen ist, zahlreiche verblüffende Kleinode entdecken: vom neu gestalteten Heldenplatz bis hin zum Kampuschkerker als Utopieraum.
Vorbereitungen bis zum Schluss "Hier ändert sich die ganze Zeit alles", bemühte sich Edek Bartz, Lehrbeauftragter an der Angewandten und Kurator der Ausstellung, am 26. Juni vor Journalisten den Überblick zu bewahren - was sich als gar nicht so einfach herausstellte, wurde am Vormittag schließlich noch an allen Ecken und Enden gebohrt, geschliffen und getestet. Die verschiedenen Klassen der Uni greifen bei der Ausstellung in den einzelnen Räumlichkeiten ineinander, die Grenzen verschwimmen, wodurch die Interdisziplinarität und der Cross-over-Gedanke noch unterstrichen wird.
Von leicht erschließbar bis komplex Manche Arbeiten erschließen sich dabei recht rasch durch ihren installativen, skulpturalen oder popkulturellen Charakter: so etwa der wörtlich genommene "Think Tank" von Sebastian Pirch, in dem ein kleiner Panzer als Zeichenmaschine via Funk eine territoriale Weltvermessung beginnt, oder Conny Zenks weiße Plastikhülle in Form eines Riesentampons, die sich in der Mitte des Raumes zyklisch rot färbt. Auch der Architekturraum mit dem unheimlich liebevoll und detailreich gestalteten Modellgarten ist vergleichsweise leicht zu fassen.
Raumgestaltungsvorschläge für Winer Plätze Andere Höhepunkte des Studienjahres 2011/12 bedürfen dagegen eingehender Betrachtung oder ausführlicher Erklärung, etwa die transparenten PVC-Blasen, die als Display oder Hülle das gesamte Spektrum der künstlerischen Arbeit mit Textilien sichtbar machen. Alexander Schattovich liefert zum Beispiel mit dem "Neuheldenplatz" einen ebenso provokanten wie reizvollen Vorschlag zur Neugestaltung von Helden- und Maria-Theresien-Platz mit eingeschmolzenen und zu neuem Platzbelag verarbeiteten Denkmälern und urbaner Atmosphäre. Wunschräume Mit geheimen Wunschräumen beschäftigen sich Stephan Göschl, Philipp Daun und Stefan Pointner, wenn sie einen Miniraum mit Bett, Waschbecken, Toilette und TV errichten und diesen erst in weiterer Folge als Eins-zu-Eins-Nachbau des Kerkers von Natascha Kampusch offenbaren. Nur wenige Schritte weiter wird die Fotografie mit überdimensionalen und akribisch verkleideten Katzenbäumen in den dreidimensionalen Raum übertragen, wartet eine musikalische Baumkuchenbackperformance, werden die Abweichungen vom "Normmenschen" visualisiert.
Elfte Jahresausstellung der Universität Zum elften Mal wird die Jahresausstellung der Angewandten bereits abgehalten - und immer wieder vermögen Ausstellungsstücke Eindruck zu hinterlassen. Flankiert wird die Schau, die nur bis 15. Juli zu sehen ist, durch ein entsprechendes Rahmenprogramm, u.a. eine Podiumsdiskussion des Instituts für Konservierung und Restaurierung mit Unterstützung der Abteilung für Fotografie zu jüdischen Friedhöfen zwischen Tradition und Moderne. Am Podium sitzt am Donnerstag (28. Juni) u.a. der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant.
Info Die "The Essence 2012. Jahresausstellung der Universität für angewandte Kunst" läuft noch bis 15. Juli im im Erdgeschoß des Wiener Künstlerhauses. Alle Informationen rund um die Schau erhalten Sie unter www.k-haus.at.
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