"Tanzperspektiven"

Vier Choreographen beschenken Staatsoper

21.02.2013

Dawson,  Pickett,  Maillot und de Bana zeigte Potenzial der Wiener Compagnie.

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© APA/ROLAND SCHLAGER
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Als "Geschenk" für seine Compagnie tituliert der euphorisierte Ballettdirektor Manuel Legris die Einladung von vier renommierten Choreographen der Gegenwart an die Wiener Staatsoper. Die Erleichterung nach der umjubelten Premiere von "Tanzperspektiven" war bei der anschließenden Feier auf der Hinterbühne ob der herausfordernden Zusammenstellung zu spüren: Mit Choreographien des Briten David Dawson, der US-Amerikanerin Helen Pickett, des Franzosen Jean-Christophe Maillot sowie des Deutschen Patrick de Bana ist am 20. Februar ein stimmiger Abend zwischen klassischer Eleganz und moderner Vielfalt gelungen, der das Potenzial des Wiener Staatsballetts einmal mehr unterstreicht.

Vier Großmeister des Balletts in Wien
Vier verschiedene Standpunkte und zugleich Zukunftsaussichten des zeitgenössischen Ballettschaffens bestimmen die "Tanzperspektiven", an die sich die Tänzer und Tänzerinnen des Wiener Staatsballetts in wechselnder Zusammensetzung beeindruckend und harmonisch anpassen. In "A million kisses to my skin" von David Dawson zelebrieren sie die Freude am Tanzen; in Jean-Christophe Maillots "Vers un pays sage" führen sie ihrem Publikum die körperliche Anstrengung und Disziplin ihres Berufs vor Augen.

Großer kultureller Hochgenuß
"Wie eine Million Küsse auf meiner Haut" fühle sich die Arbeit als klassischer Tänzer auf der Bühne zeitweise an, meint Dawson im Begleitheft zur Premiere. Seine postklassische Choreographie zu Johann Sebastian Bachs Klavierkonzert in d-Moll aus dem Jahr 2000 gilt als Dawsons erstes wichtiges Werk und versteht sich als sein Tribut an das Gelernte. Klassische Schrittfolgen wie Pirouetten und Hebefiguren, schräge Drehungen, fallende Bewegungen und ausgedehnter Körperkontakt durchziehen das Stück, das leichtfüßig anfängt und nach und nach immer mehr von seinen Tänzern - darunter die krankheitsbedingt für Nina Poláková eingesprungene, junge Natascha Mair - abverlangt.

Tanz als Kraftakt
Vom Tanz als Freude an der Bewegung geht es mit Helen Picketts "Eventide" zum Tanz als Kraftakt. Ursprünglich für das Boston Ballet kreiert, besticht auch die Neufassung durch ihre außergewöhnliche Musik: Zu hören sind Kompositionen von Philip Glass und Jan Garbarek unter dem Einfluss traditioneller östlicher Musik, darunter zwei Stücke aus "Passages" von Glass und dem indischen Komponisten und Sitar-Spieler Ravi Shankar. Das Orientalische setzt sich auch auf die Tanzschritte um: In goldenes Licht der "magischen Stunde" getaucht erscheinen die Bewegungen der Tänzer zu aufreibenden Klängen bedrohlich, kantig, dynamisch.

"Vers un pays sage" bildete Höhepunkt  
Den Höhepunkt des Abends markiert die 1995 uraufgeführte Kreation "Vers un pays sage" von Jean-Christophe Maillot, Direktor der Ballets de Monte-Carlo. Mit kraftvollen, markanten Bewegungen passen sich die sechs Tanzpaare (u.a. Olga Esina mit Roman Lazik sowie Irina Tsymbal mit Denys Cherevychko) darin an die temporeichen, dramatischen Klänge von John Adams' "Fearful Symmetries" an. Der stilistische Wagemut des wohl am häufigsten gespielten amerikanischen Komponisten geht in die vielschichtige Veranschaulichung zeitgenössischen Balletts über: Geprägt von klaren Linien von Armen und Beinen geben die Tänzer einander wie beim Staffellauf weiter, ihre Bewegungen dabei stetig im Fluss.

Mit "Windspiele" kam das Ende

Als verhältnismäßig klassische Kreation markieren Patrick de Banas eigens für die Wiener Kompanie kreierten "Windspiele" den Schlusspunkt des Abends. Für einen Solisten, zwei Solistinnen und eine Gruppe von fünf Tänzern hat Bana seine Choreographie zum Violinkonzert von Peter Iljitsch Tschaikowski konzipiert. Glänzen darf hier ausschließlich einer: Kirill Kourlaev, Erster Solotänzer an der Staatsoper, erntet für seinen einzigen Auftritt an diesem Abend mit seinen einnehmenden, ausdrucksstarken Soli begeisterten Applaus. Sein Tanz mutet wie ein Kampf gegen seinen eigenen Körper an, die Bewegungen sind dabei exakt abgestimmt auf die Musik, mit der nach zwei Choreographien zum Tonband wieder das Orchester unter Dirigent Markus Lehtinen zum Einsatz kommt. Am Ende eines abwechslungsreichen, kurzweiligen Abends sind nicht nur die spannenden Ausprägungen des zeitgenössischen Balletts, sondern vor allem das Potenzial des Wiener Staatsballetts unter Beweis gestellt. "Ich bin so stolz auf euch", sagte ein überwältigter Legris nach der Premiere. "Lasst uns genau in diese Richtung weitergehen."

Info
"Tanzperspektiven": "A million kisses to my skin" von David Dawson, "Eventide" von Helen Pickett, "Vers un pays sage" von Jean-Christophe Maillot und "Windspiele" von Patrick de Bana wird mit dem  Wiener Staatsballett und Orchester der Wiener Staatsoper noch am Hasu am Ring am 23. Februar sowie 3., 21. und 26. März aufgeführt. Alle Informationen sowie Tickets erhalten Sie unter www.staatsoper.at.

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