Erstes Hollywood-Engagement des russischen Erfolgs-Regisseurs Timur Bekmambetov insgesamt durchwachsen - Ab 5. September im Kino.
Rasantes Action-Spektakel
Die ersten zwanzig Minuten sind furios:
Hohes Tempo, adrenalinische Action, visuelle Gustostückerl, wenig Zeit zum
Verschnaufen. Der russische Regisseur Timur Bekmambetow ("Wächter der Nacht"
und "Wächter des Tages") zieht bei seinem ersten Hollywood-Engagement gleich
alle Register und inszeniert "Wanted" so rasant und spektakulär wie ein
Computerspiel. Doch bald wird die Comic-Verfilmung zu einer Karikatur ihrer
selbst, und James McAvoy und Angelina Jolie agieren leider nur noch als
klassische Action-Klischees. Ab 5. September im Kino.
Sexy Jolie
McAvoy spielt den jungen neurotischen Angestellten
Wesley Gibson, der sich in einer an "The Matrix" erinnernden Bürosituation
sichtlich nicht wohl fühlt, seinen Ärger und seine Ambitionen jedoch mit
Beruhigungstabletten zu unterdrücken versteht. Eines Tages jedoch - seine
Freundin betrügt ihn gerade wieder einmal mit seinem besten Freund - wird
Gibson im Drugstore von einer Frau angequatscht, die ihm eine Sekunde später
auch schon das Leben rettet. Mit durchaus überzeugenden Mitteln entführt Fox
- so der Name der Frau, die von Jolie actionreich, cool und erotisch
verkörpert wird - den überrumpelten Gibson in eine stillgelegte Textilfabrik
und in ein völlig neues Leben.
"Schieß der Fliege die Flügel weg!"
In der
Fabrik wartet bereits Morgan Freeman alias Sloan, der Wesley nicht nur vom
kürzlichen Tod seines Vaters erzählt, sondern ihn auch von seinen besonderen
Fähigkeiten überzeugen will. "Schieß der Fliege die Flügel weg!", fordert er
den verdutzten Neuankömmling auf, was dieser mit einer Handfeuerwaffe
schließlich auch erledigt - nicht die einzige Szene, bei der das Drehbuch
trotz dem Genre angemessener Übertreibung doch ein bisschen über das Ziel
hinausschießt. Wesley lernt schlussendlich zu kämpfen und mit Waffen um eine
Ecke zu schießen, und er tritt der "Bruderschaft" bei, deren Anführer Sloan
ist und deren Mitglied sein Vater bereits war.
Zerstörung pur
Die Bruderschaft vertraut dem "Webstuhl des
Schicksals" (sic!) und entpuppt sich als geheime und ziemlich faschistische
Terrorgruppe: Wen der Webstuhl als "fällig" ausspuckt, der wird von
Mitgliedern der Bruderschaft eliminiert - ohne den Auftrag überhaupt nur zu
hinterfragen. Auch Wesley wird zum gnadenlosen Killer (wie sein Vater),
beginnt jedoch bald (wie sein Vater) am Auswahlverfahren zu zweifeln: als
dann auch noch sein eigener Name auftaucht und ausgerechnet Fox ihn töten
soll, trägt das naturgemäß nicht zur Beruhigung der Situation bei. Also
macht sich Wesley schließlich auf, die Organisation von Grund auf zu
zerstören.
Comic-Verfilmung
Der auf den revolutionären Graphic Novels von
Mark Millar beruhende Film wurde von Bekmambetov durchaus einfallsreich und
als großes Action-Spektakel inszeniert. Der Comic-Charakter der Story bleibt
aber auf der Strecke, weswegen man irgendwann nur noch als unbeteiligter
Zuschauer einer immer absurder und trashiger werdenden Handlung zu folgen
hat. Die Drehbuchautoren Michael Brandt und Derek Haas ("2 Fast 2 Furious")
dürften zudem ein bisschen zu viele alte Bond- oder Hitchcock-Filme geschaut
haben: Die Action-Szenen im Zug sind im Vergleich zu den wahnsinnigen
Autoverfolgungsjagden nämlich doch ziemlich altbacken.
Trotz Star-Besetzung kein Hammer
James McAvoy und Angelina Jolie
bleiben in "Wanted" weitestgehend blass, in einer eher unfreiwillig lustigen
Nebenrolle taucht noch der Deutsche Thomas Kretschmann auf. Positiv darf
wahrgenommen werden, dass Morgan Freeman ("The Dark Knight") endlich einmal
in die Rolle eines Bösen schlüpfen durfte. Er, der sich kürzlich bei einem
Unfall mit seinem Auto überschlagen hatte und anschließend operiert werden
musste, dürfte sich vielleicht zu viel von Bekmambetow abgeschaut haben:
Denn hier überschlagen sich die Autos nicht nur, sie fliegen zu "Time To Say
Goodbye" sogar verkehrt über andere Autos drüber.
Regisseur erobert USA
Bekmambetov hatte 2004 und 2006 mit
"Wächter der Nacht" und "Wächter des Tages" zwei Blockbuster geschaffen und
damit Hollywood auf sich aufmerksam gemacht. Für 2009 ist nun der Abschluss
der Vampir-Trilogie "Wächter des Zwielichts" geplant. In "Wanted" hat
Bekmambetov sein visuelles Können schon einmal angedeutet - von ihm wird man
in der Traumfabrik mit Sicherheit noch einiges hören.