Die erneuerte "Cosi" von Claus Guth ist abstrakter und dennoch klarer.
Keine Frage, die "Cosi fan tutte", mit der Regisseur Claus Guth im Jahr 2009 seinen Da Ponte-Zyklus (Figaro, Don Giovanni und Cosi) für Salzburg vervollständigte, war die am wenigsten ausgegorene, vielleicht unreifste Inszenierung dieser Trilogie. Grund genug für die Salzburger Festspiele und ihren "Da Ponte-Regisseur", die "Cosi" nicht einfach wieder aufzunehmen, sondern substanziell zu überarbeiten.
Dabei sind Guth und sein Team einigermaßen konsequent ans Werk gegangen und haben die Inszenierung entrümpelt und entschlackt. Diese Schlankheitskur hat der Oper gut getan - warmherziger Applaus nach der Premiere gestern, Freitag, im Haus für Mozart.
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© Franz Neumayr
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Inszenierung
Als erstes haben Guth und Bühnenbildner Christian Schmidt die Designer-Sofas aus dem Wohnzimmer geräumt und den Raum nach allen Seiten geöffnet. Die Bühne ist bloß noch weißes Treppenhaus, wie in Guths "Figaro", nur modern, architektonisch gegenwärtig, kühl und stylish. Die Videos, die das sexuelle Knistern vor zwei Jahren noch mit dem Zaunpfahl durchgewunken haben, zeigen bloß noch eine schwebend leichte Feder. Die Figuren dieses zynisch-raffinierten Ränkespiels stehen in banal-bunten Alltagsklamotten auf der Bühne (Kostüme: Anna Sofie Tuma). Nur die Fädenzieher sind in engelhaft-teuflisches Schwarz gekleidet. Die tragende Querverbindung zu Guths "Don Giovanni" ist geblieben - der düstere Fichtenwald und ein Haufen gatschiger Erde brechen wie eine Mure ins Zentrum der erfolgsverwöhnten Mittelschicht-Menschen und zerstören die Illusion von Sicherheit. So wie es eben die Art ist von Muren und Trieben.
Die erneuerte "Cosi" ist abstrakter und dennoch klarer. Der Fokus liegt auf dem Spiel der Verführer und Verführten, auf den Treuen und Untreuen, den Spielern und ihren Figuren. Einige wenige klare Symbolhandlungen haben mehr Kraft als all der Fummel von 2009. Guth lässt sich diesmal auf den Versuch, den Verwechslungsblödsinn (Welche Frau würde ihren eigenen Mann nicht erkennen?) aufzulösen und in einen bewussten Partnertausch zu verwandeln, gar nicht mehr ein. Natürlich zieht er sich damit als Da Ponte-Interpret ein Stück weit zurück und lässt es laufen. Aber es läuft.
Vor allem wohl auch wegen des Orchesters aus Frankreich. Musste vor zwei Jahren noch von "konventionellem Mezzo-Forte-Mozart ohne Inspiration" geredet werden (damals im Graben: die Wiener Philharmoniker unter Adam Fischer), so ist diesmal ein Mozart-Dream-Team am Werk. Les Musiciens du Louvre aus Grenoble mit Marc Minkowski am Pult klingen spritzig, federleicht, schlank, tanzend, elegant und fetzig zugleich. Nichts klebt im Akademischen, kein Mief der Tradition, überall ist frische Luft und bläst die paar kleinen Fehlerchen vom Tisch. Die Partitur atmet Spielfreude, Champagner wo man hinhört, und auch wir im Publikum kriegen ein Gläschen.
Die Solisten hielten mit dieser Weltklasse-Interpretation der Grenobler Gäste nur zum Teil mit. Bo Skovhus als "Don Alonso" war der einzige im Team, der schon 2009 in derselben Rollen zu hören war, und die beherrscht der dänische Bariton nach wie vor souverän. Klanglich außergewöhnlich "Fiordiligi" Maria Bengtsson - ihr dunkel-bronzener Glocken-Sopran ist etwas Besonderes, so klingt im Moment kein anderer lyrischer Sopran. Noch dazu begeisterte die Schwedin mit innigem, berührend-musikalischem Piano, das die vielleicht etwas geringe Durchschlagskraft mehr als vergessen machte - ein Erlebnis. Bariton Christopher Maltman als "Guglielmo" punktete mit Kraft und Klarheit, auch der Brite überzeugte mit rundherum gediegener Leistung.
Vergleichsweise mager, angestrengt und fast überfordert die Stimme von "Ferrando" Alek Shrader, da gab's mehr Anlass zur Sorge als zum Genießen. Auch Michele Losier fiel als "Dorabella" eher durch großes Vibrato auf als durch große Stimme, aber Anna Prohaska entzückte durch ihre schauspielerische Quirligkeit, durch Witz und Bühnenpräsenz. Stimmlich ein wenig dünn, aber als "Despina" alles in allem trotzdem gut besetzt. Unterm Strich, ein guter, kurzweiliger Abend mit Mozart und Da Ponte in Salzburg.
Infos & Termine
"Cosi fan tutte" Oper in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart nach einem Libretto von Lorenzo Da Ponte. Überarbeitete Wiederaufnahme einer Inszenierung von Claus Guth aus dem Jahr 2009. Premiere im Haus für Mozart: 5. August 2011, die weiteren Vorstellungen: 7., 15., 19., 21. und 26. August. Bühnenbild: Christian Schmidt, Kostüme: Anna Sofie Tuma, Choreographie: Ramses Sigl, Videos: Andi Müller. Es musizierten Les Musiciens du Louvre aus Grenoble und die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor unter der Leitung von Marc Minkowski. Am Hammerklavier: Francesco Corti. Fiordiligi: Maria Bengtsson, Dorabella: Michele Losier, Ferrando: Alek Shrader, Guglielmo: Christopher Maltman, Don Alfonso: Bo Skovhus und Despia: Anna Prohaska.