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Premiere: Wastwater im Akademietheater

30.04.2012

Stephan Kimmig reduzierte drei Einakter von Simon Stephens auf ihren Kern.

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© APA/HANS KLAUS TECHT
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Wastwater heißt der im Lake District gelegene tiefste See Englands. Auf seinem Grund soll so manche Leiche ruhen, heißt es. "Wastwater" ist ebenso ein Stück des auch hierzulande gefeierten britischen Dramatikers Simon Stephens. Dass die am  29. April stattgefundene österreichische Erstaufführung im Akademietheater für manche nicht die erste Konfrontation mit der von "Theater heute" als "ausländisches Stück des Jahres" ausgezeichneten dreiteiligen Szenenfolge darstellte, liegt daran, dass die Londoner Uraufführung im Vorjahr bei den Wiener Festwochen gastierte.



Großes Theater ohne viel Glamour
Während Katie Mitchell damals auf Hyperrealismus setzte und die drei an der Peripherie des Londoner Flughafens Heathrow gelegenen Schauplätze - der Schuppen eines kleinen Hofes, ein Hotelzimmer und eine Lagerhalle - penibel nachbauen ließ, vermeiden Stephan Kimmig und seine Bühnenbildnerin Anne Ehrlich für ihre Version jede äußere Ablenkung. Vor die Feuermauer der Akademietheaterbühne wurden zwei nackte, viereckige, hohe Säulen gestellt. Ein abweisender, devastierter Raum für reduzierteste Handlung. Zwei Schauspieler, die stehen; zwei Schauspieler, die sitzen; zwei Schauspieler, die an einem klapprigen Campingtisch ein Verhör abwickeln.

Zeitlich und örtliche Nähe

Es sind durch zeitliche und örtliche Nähe sowie durch sich überschneidende Personen subtil miteinander verbundene Szenen, die Menschen in Ausnahmesituationen zeigen. Elisabeth Orth verabschiedet sich als Pflegemutter von ihrem auswandernden Ziehsohn (Daniel Sträßer) - eine herzzerreißende Abschiedsszene voll trockenem Humor und unterdrückter Gefühle, Miniaturporträts zweier Menschen, die es nicht leicht haben im Leben. Peter Knaack hat sich als Kunstprofessor mit einer quirligen Polizistin (Andrea Clausen) zum Seitensprung verabredet und entdeckt binnen kurzem ungeahnte, irritierende Seiten an ihr. Ein von Ängsten geschüttelter Biedermann (Tilo Nest) findet sich bei der Übergabe eines von einer Menschenhändler-Bande aus Afrika eingeflogenen kleinen Mädchens in einer völlig absurden Situation wieder, bei der er von einer jungen Frau (Mavie Hörbiger) unter Druck gesetzt wird.

Letzter Einakter ist Höhepunkt
Dieser letzte der drei Einakter ist der Höhepunkt des 105-minütigen pausenlosen Abends: Ein echter Psychothriller, der dank Mavie Hörbiger zum Ereignis wird. Wie sehr die zarte, schwangere Frau den körperlich ihr weit überlegenen, doch von Hemmungen und Ängsten starr gemachten Mann dominiert und mit radikalen Tempo- und Stimmungswechseln die Lage beherrscht, ist absolut sehenswert. Das Geheimnis der beiden Menschen wird dabei nicht gelöst. Und das ist gut so.

Vo Sonnen- und Schattenseiten
"Wastwater ist ein wundervoller See, er liegt unter einer Bergkette, was gleichzeitig bedeutet, dass er nie wirklich in der Sonne liegt", sagt Simon Stephens. "Von irgendeiner Seite liegt immer ein Schatten auf Wastwater." Beim kräftigen Schlussapplaus verbeugte sich auch der Autor. Bereits am 12. Juni hat er dazu erneut Gelegenheit: Bei den Wiener Festwochen wird sein Krimi "Three Kingdoms" im Theater an der Wien gastieren.

Info
"Wastwater" von Simon Stephens wird noch am6., 12. und 20. Mai im Akademietheater gespielt. Alle Informationen rund um das Stück und Tickets erhalten Sie unter www.burgtheater.at.


 
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