Unter rauschendem Beifall fand in Hamburg die Weltpremiere des Udo-Jürgens-Musicals „Ich war noch niemals in New York“ statt.
Wenn begeisterte Zustimmung und mediales Großaufgebot ein Indikator für Erfolg sind, dann hat die Musikkomödie von Udo Jürgens, Ich war noch niemals in New York, einen Platz im Musicalhimmel sicher.
An Hamburgs sündigster Meile, der Reeperbahn, wurde der musikalische Lady-Kracher mit Kuscheleffekt, dem sich auch die Herren sichtbar nicht entziehen wollten, am Wochenende im Operettenhaus uraufgeführt. Rund zwei Dutzend großer Udo-Songs waren zu einer Art Titelschnitzeljagd verbunden worden, die beim Publikum die dramaturgisch unumgängliche Frage aufwarf: „Was kommt als Nächstes?“
Handlung
Jürgens-Fans wussten es bereits bei den ersten Tönen,
perfekt intoniert vom Orchester unter Bernhard Volk. Andere mussten sich
erst durch eine auf die Songs hinkonstruierte Handlung durcharbeiten, um ans
Ziel zu gelangen. Denn nicht die Geschichte verlangt den Einsatz von
erstaunlich zeitlosen und kraftvollen Gassenhauern wie Aber bitte mit Sahne,
Merci Chérie, Griechischer Wein oder Siebzehn Jahr, blondes Haar. Es sind
die Songs, die sozusagen als erratische Blöcke den Erfindungsgeist eines
Librettisten fordern, um sie in ein einigermaßen plausibles
Handlungsgeflecht einzufügen.
Klischees
Gabriel Barylli, seit Langem als routinierter
Konfliktsachverständiger im dramatischen Einsatz, wurde auserkoren. Er geht
keinem Klischee und keiner – hier allerdings belachten – Plattitüde aus dem
Weg, um zwei im Heim entsorgte Alte (Ingeborg Krabbe und Horst Schultheis)
in der Hitze des dritten Frühlings auf einem Luxusdampfer nach New York
entkommen zu lassen.
Sie wollen dort heiraten. Unseren Segen haben sie. Sie können zwar nicht singen, aber sie sind durchaus anrührend. Im Gegensatz zu dem jungen Paar, den Kindern der Alten, die sich anfangs grausig finden, am Ende aber lieben. Ein Seufzer der Erleichterung ging nach geschlagenen drei Stunden Aufführungsdauer durch das Publikum.
Gespielt werden die beiden von Kerstin M. Mäkelburg und Jerry Marwig, die zwar exzellent bei Stimme sind, aber in stereotype Musicalgestik und -mimik verfallen. Am meisten Spaß machen Veit Schäfermeier und Ronny Rindler als schrilles Tuntenpärchen.
Fazit
Neben einem opulenten, weltstadtmäßigen Bühnenbild und
etlichen gewitzten Regieeinfällen von Glenn Casale, spielen sich Turbulenzen
auf „Musik ist Trumpf“-Ebene ab mit technisch präzisen, aber choreografisch
dürftigen Einlagen. Ob dieses Musical eine lange Lebensdauer hat, wird die
Zukunft weisen. Udo Jürgens aber kann sich gemächlich zurücklehnen, sein
Platz im Schlagerolymp ist bereits reserviert.