Kinofilm
Wien-Märchen - "Herrn Kukas Empfehlungen"
02.09.2008
Dariusz Gajewski drehte österreichisch-polnische Koproduktion nach dem Buch von Radek Knapp.
Der 1999 erschienene Roman "Herrn Kukas Empfehlungen" verfestigte den Ruhm, den der als Kind nach Wien gekommene gebürtige Pole Radek Knapp seit seinem Erzählband "Franio" in der Literaturszene genoss: Die skurrilen, bisweilen märchenhaft wirkenden Abenteuer des jungen Polen Waldemar in seiner Wahlheimat Wien stellten Wunschträume und harte Emigrations-Realität nebeneinander. Knapps wohl zum Teil eigenem Erleben geschuldete Geschichte ist ab Freitag (5.9.) als österreichisch-polnische Koproduktion in der Regie von Dariusz Gajewski auf der Kinoleinwand zu erleben.
Wunsch-Verfilmung
Gajewski, 1964 im gleichen Jahr wie Knapp in
Warschau geboren und Absolvent der Filmakademie Lodz, wusste sogleich nach
der Lektüre des Romans, dass er das Buch verfilmen wollte: "Einen Roman zu
finden, der meine eigenen Erfahrungen beschreibt, bedeutete für mich einen
großen Glücksfall", meint er. Er habe das Gefühl, "dass diese Geschichte von
mir erzählt hätte werden können, wenn ich nur so interessant schreiben
könnte wie Radek".
Turbulent
Der Kinobesucher findet alle Schlüsselszenen wieder,
die er aus dem Buch in Erinnerung hat: Das "Hotel Vier Jahreszeiten" (im
Film: "Hotel Venus"), das nichts anderes ist als eine versteckte Parkbank im
Belvedere, auf der Ich-Erzähler Waldemar seine ersten Nächte in dem mit
vielen Träumen und Hoffnungen verbundenen Westen unter freiem Himmel
verbringt; das "Geburtstagsgeschenk" eines Schäferstündchens mit einer
ebenfalls aus dem Osten kommenden Prostituierten; vor allem aber die Stunden
auf dem "Arbeitsstrich" und der anschließende bittere, doppelte Betrug an
einer ganzen polnischen Arbeiterbrigade, die im Grünen einen Swimmingpool
ausheben soll und vom vermeintlichen Arbeitgeber nicht nur um die "Kaution"
für die neuen Schaufeln betrogen, sondern auch gleich bei der Fremdenpolizei
angezeigt wird.
Charismatische Besetzung
Mit dem jungen Polen Lukasz Garlicki hat
der Regisseur einen Hauptdarsteller gefunden, der die grenzenlose Naivität
Waldemars sympathisch verkörpert, ohne die Figur als völligen Dummkopf zu
denunzieren. Rund um ihn tauchen einige bekannte deutsche und
österreichische Schauspieler auf, die Nebenrollen deutliches Profil geben:
Lukas Resetarits hat eine prägnante Szene als Grenzbeamter, Branko
Samarowski gestaltet den Puppendoktor Bernstein, bei dem Waldemar Arbeit
findet, als schicksalsgläubigen, rätselhaften Einzelgänger, Krista Stadler
lässt als Zimmerwirtin, die von ihrem in Stalingrad "von den Russen
aufgegessenen" Mann berichtet, in Abgründe blicken, August Diehl gestaltet
die vielschichtige Figur eines verwöhnten deutschen Pianisten, der seine
Spielhemmung mit immer gewagteren Diebestouren zu bekämpfen sucht.
Internationaler Film
Der von der Wiener Prisma Film und Opus Film
aus Lodz produzierte Streifen betont zwar mitunter das Märchenhafte der
Geschichte allzu sehr und zeigt nur selten die volle Härte des
Emigranten-Alltags im Umgang mit den lieben Wienern - dennoch können "Herrn
Kukas Empfehlungen" bedenkenlos empfohlen werden. Dass ein zeitgenössischer
österreichischer Roman verfilmt wird, gibt es schließlich ebenso wenig alle
Tage wie Wien als Schauplatz eines internationalen Films. Ausgerechnet die
Szenen im touristischen Aushängeschild Kunsthistorisches Museum zählen
allerdings zu den schwächsten des Films.