Open-Air-Lesung

Wolf Haas: Jubel von 3.000 Fans

29.08.2014

Österreichs populärster Krimi-Autor las im Wiener MuseumsQuartier.

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© TZ Oe/Roman Fuhrich
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Wenn der aberwitzige Popliterat Wolf Haas aus einem neuen Roman liest, ist was los im Haupthof des MuseumsQuartiers. Als Höhepunkt des Literaturfestivals O-Töne trat der Salzburger Bestsellerautor am Donnerstag vor 3.000 jubelnde Fans und präsentierte seinen achten Brenner-Krimi Bren­nerova, der heute von Hoffmann und Campe ausgeliefert wird. „Ich werde nicht volle fünf Stunden lesen, damit Sie sich nicht verkühlen und morgen den einzigen Sommertag des Jahres verpassen“, sagte er grinsend. „Ich hab ein Zimmerthermometer mit, und wenn es zu kalt wird, hör ich auf. Das letzte Wort ist ,Netzhautablösung‘. Wenn Sie das hören, können Sie gehen.“

Sound. Mit dem typischen Brenner-Sprachsound („Ob du es glaubst oder nicht“, „Jetzt ist schon wieder was passiert“) rezitierte Haas, in rhythmischer Sprache und irrsinnigem Tempo wie ein Popstar ins Mikrofon rappend, die ersten drei Kapitel der jüngsten Abenteuer des Privatdetektivs Simon Brenner, der sich auf einem Russinnen-Portal anmeldet und als Passwort „Brennerova“ wählt. So könnte eine hübsche Russin heißen, wenn sie einen Brenner heiratet.

„Früher hat man gesagt, die Russinnen“, begann Haas seine kurzweilige Performance. „Die sind groß und muskulös wie Hammerwerfer, die arbeiten beim Straßenbau, und unter den Achseln haben sie so viele Haare, dass sich noch ein Toupet für ihren Mann ausgehen würde und ein zweites für den ersten Parteisekretär. Da hat man gesagt, Russinnen sind Mannweiber, und wenn sie ihren Diskus werfen, musst du in Deckung gehen, weil Kraft wie ein Traktor aus Minsk oder einer aus Krasnodar oder sogar ein Kirovets aus Leningrad. Dann hat es auf einmal geheißen, die Russinnen, das sind die dünnsten Fotomodelle, die teuersten Nutten, da musst du als Mann schon ein Hochhaus haben, damit sich so eine überhaupt von dir scheiden lässt, am besten mit einem Privatzoo, weil Beine wie eine Giraffe, Taille wie eine Wespe, Augen wie die Biene Maja.“

Bande. Der Brenner, der sich mit der im Wechsel befindlichen Herta langweilt, reist zur Nadeshda nach Nischni Nowgorod und wird in Moskau von einer Kinderbande zusammengeschlagen und ausgeraubt. Das Einzige, was ihm bleibt, ist die Poli­zeisonnenbrille. „Auf dem Bahnsteig hat die Nadeshda mit der Morgensonne um die Wette gestrahlt, und ohne Polizeisonnenbrille Netzhautablösung Minimum.“

Wolf Haas: »Pass auf, 
was ich dir sage«
Immer wieder unterbrach Haas die literarische Kunstsprache seines allwissenden Erzählers, der die Leser direkt und grantelnd anredet („Pass auf, was ich dir sage“) und die Erlebnisse des Brenners so schildert, als säße er am Wirtshaustisch: schwa­dronierend, lamentierend, herrlich umständlich und oft ohne Verb. Er erzählte von der Vorturnerin der Nation, Ilse Buck („Die war schon 80 und hat im Hörfunkstudio tatsächlich geturnt“), und rezitierte als „Mitternachtseinlage“ auswendig, mit einem Mikrofon in der Hand über die Bühne tigernd, sein geniales Kinderbuch Die Gans im Gegenteil. In wunderbar wüsten Reimen kombinierte Haas „Schämfrisur“ und „Problemfigur“, „kann“ und „arschvoran“, „böse“ und „Friseuse“. Als der Dichter nach der Lesung Bereitschaft signalisierte, die gerade erstandenen Krimis zu signieren, bildete sich links und rechts vor der Bühne eine endlose Menschenschlange.

E. Hirschmann-Altzinger

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