Himmlische Ausstelung

"Wolken" ziehen im Leopold Museum auf

21.03.2013


Nach "nackten männern" widmet man sich nun  Flüchtigkeit der Wolken.

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© VBK Wien 2013
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Unmittelbar nach Ende der Ausstellung "nackte männer" beweist das Leopold Museum mit der neuen Schau "Wolken. Welt des Flüchtigen" erneut Mut, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen: Musste das Haus in ersterem Fall inhaltlich den Beweis antreten, dass es ihm nicht nur um zu erwartende Publikumsmassen ging, muss es ebendiese nun (bis 1. Juli) überzeugen, dass das Wetter drinnen besser ist als draußen. Sobald man die Reise jedoch einmal angetreten hat (beispielsweise beginnend an Claude Monets eindrucksvollem "Bahnhof Saint-Lazare"), kommt man aus dem Staunen schwer wieder heraus. 200 Jahre Wolken, und keine gleicht der anderen.

Große Eröffnung
Wie beliebt Wolken sind, hat das Leopold Museum bereits mit dem angekündigten Besuch einer britischen Delegation am morgigen ersten Ausstellungstag erfahren: So werden Mitglieder der "Cloud Appreciation Society", die laut Direktor Tobias G. Natter über 30.000 Mitglieder zählt, dieam 21. März  eröffnende Schau begutachten. Und diese bietet weit mehr, als man sich bei einer ersten innerlichen Vergegenwärtigung von Wolken-Sujets in der Kunstgeschichte ausgemalt hat: Der Bogen reicht von Impressionisten wie William Turner, Claude Monet und Paul Cezanne über Ferdinand Hodler und Gustav Klimt bis hin zu Gerhard Richter und Andy Warhol, dessen "Silver Clouds" in einem eigenen Raum als begehbare Mitmach-Installation vertreten sind.

Zwölf Kapiteln
Doch die Kuratoren Natter und Franz Smola gehen mitnichten chronologisch vor: Insgesamt zwölf Kapitel geben Einblicke in so unterschiedliche Themenfelder wie "Wolken als Ornament", "Aufsteigendes Gewitter", "Über den Wolken" oder "Industriewolken". Und so kommt es, dass Olafur Eliassons Foto einer von Nebel umhüllten Industrielandschaft (1997) in Nachbarschaft von Franz Senkinc' knallbunter "Nocturne (Vorstadtszene)" aus dem Jahr 1926 zu finden ist oder der von George R. Caron fotografierte Atomblitz über Hiroshima sich zu Josef Rebells Gemälde "Vesuvausbruch" von 1822 gesellt. Das Kapitel "Fiktive Wolken" schlägt schließlich die Brücke zu Anselm Kiefers Sternenkonstellation (2004), Dietrich Wegners Installation "Playhouse" (ein Atomblitz mit Strickleiter in den vermeintlichen Himmel) oder einer subtilen Videoarbeit von Lisa Weber. Letztere zeigt das Gesicht einer jungen Frau, die je nach Sonneneinstrahlung oder Bewölkung unterschiedlich oft blinzelt.

Fotographie spielt zentrale Rolle
Nicht zu übersehen ist durch die gesamte Ausstellung hindurch die deutliche Präsenz der Fotografie, wie es sie bisher in der Geschichte des Hauses noch nicht gab, wie Tobias Natter bei der Pressekonferenz ausführte. Schließlich ermöglichte die frühe Fotografie im 19. Jahrhundert erstmals, die Flüchtigkeit der Wolken tatsächlich einzufangen. Aber auch ein weiteres Medium ist in der Ausstellung ungewohnt stark vertreten: Nämlich die Musik in Form ihrer Schallplattencover. Ebenso überraschend wie die mannigfache Thematisierung der Wolken in der bildenden Kunst abseits barocker Deckenmalerei ist jene in der grafischen Gestaltung: Ein Vitrinenband, "das die Erscheinung eines Wolkenbandes mit der Idee einer Klangwolke verschränkt", bietet hunderte Plattenhüllen von Richard Wagner über John Lennon bis hin zu Pink Floyd und zieht sich gleichsam als kontraststarker Leitfaden durch die gesamte Ausstellung, Hörbeispiele inbegriffen.

Literatur mit eingebunden

Auch die Literatur wurde im Wolken-Kontext nicht vergessen: Einen ersten Vorgeschmack auf das Rahmenprogramm zur Ausstellung gab Elisabeth Leopold bei der Pressekonferenz, in dem sie Bert Brechts Gedicht "Erinnerung an die Marie A." verlas, in dem der Anblick einer Wolke größeren Eindruck hinterlässt als der Kuss der Geliebten. "Luftige Texte" soll es denn auch bei der Lesung von Franzobel geben (2.5., 19 Uhr), "Wolken im Film - Filmische Wolken" stellt Filmarchiv-Direktor Thomas Ballhausen, der auch das Kino in der Ausstellung kuratorisch bespielt, am 6. Juni (19 Uhr) vor. Das Leopold Museum bietet mit "Wolken. Welt des Flüchtigen" einen erhellenden Blick auf ein im urbanen Alltag wenig beachtetes Naturphänomen. Die wilden Ausfransungen in verschiedenste Stilrichtungen sowie die teils dissonante Hängung der Werke unterschiedlichster Epochen und Medien beweisen den Mut des Leopold Museums, auch jenseits plakativer Aufmachung neue Wege zu gehen.

Info
Ausstellung "Wolken. Welt des Flüchtigen" im Leopold Museum. 22. März bis 1. Juli. (www.leopoldmuseum.org)

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