Versöhnung nach 38 Jahren: Der intime Talk.
Vor 38 Jahren schob ein 17-jähriges Mädchen namens Gabi ihren neugeborenen Sohn Gerry zu den Großeltern ab. Mittlerweile wurde dieser Gerry als DJ Ötzi zum Weltstar (18 Millionen verkaufte CDs) und traf nun – wie via ÖSTERREICH bereits im Dezember angekündigt – erstmals seine Mutter wieder. Ein 90-minütiges Gespräch in einem abgeschiedenen Restaurant in Salzburg, dem nun die Familien-Reunion folgen soll. Im ÖSTERREICH-Interview zieht der Erfolgssänger seine persönliche Bilanz über den „wichtigsten Abend“ seines Lebens:
ÖSTERREICH: Nach 38 Jahren haben Sie erstmals Ihre Mutter getroffen...
DJ
Ötzi: Es war unerwartet und es ist dadurch eine große Last von uns
beiden gefallen. Es war ein sehr angenehmes Treffen, weil meine Mutter total
in sich ruht. Sie ist ein extrem sympathischer und überhaupt nicht
aufdringlicher Mensch. Und für mich stellt sich dadurch nun die Frage, warum
wir eigentlich so lange keinen Kontakt hatten.
ÖSTERREICH: Mit welchem Gefühl sind Sie in dieses Treffen gegangen?
Ötzi:
Ich wollte in keinster Weise Druck ausüben, sondern vielmehr die
Botschaft vermitteln, dass mir das Verzeihen viel mehr bringt als
verbissener Zorn. Ich wollte nicht mehr mit diesem gefährlichen Halbwissen
leben, sondern mich ganz klar informieren. Und wer kann denn über meine
Geburt besser reden als meine Mutter.
ÖSTERREICH: Erinnern Sie sich noch an den ersten Satz, den Ihre Mutter
nach 38 Jahren zu Ihnen gesagt hat?
Ötzi: Natürlich!
Ihr erster Satz war: „Du hast aber auch ganz schön zugenommen.“ Aber eine
Mama darf das sagen (lacht).
ÖSTERREICH: War es tränenreich?
Ötzi: Nein,
komischerweise nicht. Ich dachte, dass es sicher emotionell wahnsinnig
aufreibend wird, doch es war nur wunderschön entspannt. Weil wir uns endlich
all unsere Gedanken erklären konnten.
ÖSTERREICH: Was konnte Ihnen Ihre Mutter dabei erklären?
Ötzi:
Dass es anders nicht gegangen wäre. Ich hatte, was ich nicht wusste, als
Baby einen Klumpfuß und sie musste neben ihrem Job als Zimmermädchen täglich
mit mir mit dem Postautobus ins Krankenhaus fahren und irgendwann ist es
sich dann halt nicht mehr ausgegangen.
ÖSTERREICH: Hatte der Star Ötzi keine Angst ausgenützt zu werden?
Ötzi:
Nein, denn sie ist ganz anders als mein Vater! Wie sich meine Mutter die
letzten Jahre verhalten hat, war extrem vorbildhaft. Weil sie sich niemals
in den Vordergrund gedrängt hat und nicht, so wie viele andere, an mir
mitnaschen wollte. Natürlich hat sie meine Karriere auch im Fernsehen
mitverfolgt und ist irrsinnig stolz auf mich.
ÖSTERREICH: Gab es seither Kontakt mit Ihrer Mutter? Anrufe? SMS?
Ötzi:
Nein, absichtlich nicht. Denn die Eile könnte alles nur zerstören. Das
nächste Treffen wird dann auch mit der Familie passieren. Ich möchte ihr
gern ihr Enkelkind, meine Tochter Lisa-Marie, vorstellen. Die Sache ist mir
zu persönlich – deshalb werde ich es auch langsam angehen und vorerst auch
nicht mit allzu vielen Umarmungen.
ÖSTERREICH: Haben Sie die verloren gelaubte Mama wiedergewonnen?
Ötzi:
Ja, in der Ruhe liegt die Kraft. Zu viel Liebe, zu viel Verständnis oder
zu viel auf sie zugehen, wäre nun auch falsch. Man muss 38 Jahre erst einmal
verarbeiten und verkraften. Denn Liebe kann man nicht erzwingen.