Das Interview
AUT of ORDA: "Die Leute sollen sich einfach weniger anschei**en!"
06.04.2024Mit "Das Empörium schlägt zurück “ stürmen AUT Of ORDA an die Spitze der iTunes-Charts. Auf oe24.TV sprechen Paul Pizzera, Christopher Seiler und Daniel Fellner über den Korruptions-Hit "Life's A Party", die Kratky-Gage und die Pläne mit der Signa-Türmatte von René Benko
Sie haben jetzt das neue Album „Das Empörium schlägt zurück“ am Start.
Paul Pizzera: Es ist an musikalischer wie inhaltlicher Diversität nicht zu übertreffen. Eine geile Spielwiese.
Was wollen Sie uns mit dem Titel „Das Empörium schlägt zurück“ sagen?
Pizzera: Es ist evident, dass momentan jede und jeder versucht sich zu beschweren. Das ist für die Kunst wahnsinnig lähmend. Deshalb haben wir uns gedacht, dann stopfen wir ihnen die Mäuler. Mit etwas zum Aufregen. Mit Songs über Korruption wie „Life's A Party“, die Scheinheiligkeit der Radio-Landschaft wie „Mi Amor“ oder mit „Fix net normal“ gleich über die österreichische Seele per se. Die Leute sollen sich einfach weniger anschei**en!“
Der Album-Titel erinnert natürlich an Star Wars. Keine Angst vor einer Klage von George Lucas?
Pizzera: Ich bin kein großer Star-Wars-Fan. Für mich stellt sich immer nur die Frage: Darf Vader oder darf er nicht?
Christopher Seiler: Ich bezweifle, dass da George Lucas draufkommt.
Daniel Fellner: Aber verschreien wir es nicht.
Das ist ja fast ein Greatest-Hits-Album, da Sie ja vorab gleich 6 Singles veröffentlicht haben.
Seiler: Greatest Hits ist ja nicht immer positiv. Lou Begas Greatest-Hits-Album ist die Single „Mambo No. 5“. Aber ja, bei uns sind wirklich viele Hits drauf. Aber mehr sind‘s dann eh nicht mehr (lacht)
Pizzera: Die Idee Album ist ja durch die ganzen Streaming-Dienste heute nur mehr ein Gimmick für die Fans. Und da ist es normal, dass man schon einiges kennt.
Fellner: Es ist dennoch ein guter Querschnitt dessen, was wir gemacht haben im letzten Jahr: lustige Nummern und ernste.
Mit „Life’s A Party“ rollen Sie die vielen Missstände dieses Landes auf.
Seiler: In Relation zu dem, was in diesem Land alles passiert ist, erscheint der Text ja eher harmlos. Denn das kann man alles gar nicht auf einem Album unterbringen. Wichtige Dinge, die passiert sind, haben wir in dieser Nummer verarbeitet. Und die wird immer aktueller.
Fellner: Das Lustige an der Nummer und das Lustige an Österreich ist ja Folgendes: Als wir die Nummer aufnahmen, dachten wir, interessiert das noch wen, wenn das rauskommt? Aber es kommt immer was nach. Der Song wird immer aktuell bleiben.
Pizzera: Wir sind einerseits dankbar, dass das nichts an Aktualität verliert, andererseits natürlich auch traurig, dass es weiterhin so ist. Da schlagen zwei Herzen in unserer Brust.
Sie singen da „Die (Er-)Volkspartei hat Koks dabei“. Keine Angst vor Klagen?
Pizzera: Das wäre das geringste Problem.
Für das Video haben Sie auch eine Türmatte ersteigert. Nämlich die von Signa.
Pizzera: Es wäre sehr schade, wenn diese Türmatte nicht vorkommt. Diese Aurena-Auktion war unglaublich. Da war eine Stimmung wie am Jahrmarkt. Da wurde Prosecco getrunken und gefeiert. Wie auf einem Volksfest.
Seiler: Dadurch, dass ich weiß, was Pauli für den Teppich gezahlt hat, müssen wir das Video drehen. Alleine aus budgetären Gründen. Normal reicht das für fünf Musikvideos.
Sie wollten diese Fußmatte unbedingt oder haben Sie auch auf anderes Signa-Gut geschielt?
Pizzera: Der Empfangstresen hätte mich auch gereizt, aber da habe ich beim Stand von 35.000 Euro einen Rückzieher gemacht.
Seiler: Es ist arg zu sehen, wie Wirtschaft funktioniert. Man muss anscheinend seine Marke in den Sand setzen, damit die Marke einen Wert kriegt.
Pizzera: Da das die größte Pleite der Geschichte der Republik Österreich ist, wollte ich mir schon ein Stück Korruptions-Geschichte kaufen.
Nach dem Video passiert was mit der Signa-Fußmatte?
Pizzera: Die werden wir auf Tour mitnehmen
Seiler: Oder wir werden sie weiter versteigern. Dann steigen wir mit einem Plus aus. Im Gegensatz zu dem Herrn, dem die Matte mal gehört hat.
Unser Teamchef Ralf Rangnick ist Ihr größter Fürsprecher. Was erwarten Sie von der EURO?
Pizzera: Losglück kam man per se jetzt nicht sagen. Verletzungsbedingt auch nicht, aber wir haben mit Ralf einen der smartesten und herzlichsten Typen in der Position ever. Das ist nicht nur ein hochintelligenter Mensch, sondern ein wahnsinnig toller. Gregerl is on fire momentan. Wir haben eine super junge Truppe. Ich mag nichts prognostizieren, aber ich glaube schon, dass da sehr, sehr viel möglich ist. Wir sind so scharf gerade. Vielleicht geht sich Alaba ja auch noch aus. Ich bin auf jeden Fall bei zwei Spielen dabei und freu mich schon irrsinnig. Das wird auf jeden Fall cool.
Seiler: Viertelfinale. Hunderpro!
Welche Trennung verarbeiten Sie mit dem Song „4 Tag“?
Pizzera: Eine Allerweltstrennung. Da geht es mehr um das Gefühl der Hilflosigkeit des Alleinseins und dass alles mit dem Faktor Alkohol schlimmer wird. Dieses: Ich will dich zurück, aber ich bin gerade so unherzeigbar grauslich in meiner Trauer und meiner Wut. Man will sich jemand annähern, doch durch sein Verhalten distanziert man sich. Probleme in Alk ertränken hat noch nie was gebracht.
Beim Video „Nebel“ ist der Gagenkaiser des ORF dabei: Robert Kratky. Was haben Sie ihm dafür zahlen müssen?
Seiler: Gar nichts. Im Gegenteil. Er hat das, was er bekommen hätte, sogar gespendet. An die Gruft. Ich finde diese Diskussion absolut lächerlich. Das ist so eine offensichtliche Nebelgranate, die da geschmissen wird, denn es ist einfach nur eine Neiddebatte. Der Typ hat einen Marktwert. Und den muss man zahlen. Wenn man jetzt sagt: Ok, wir zahlen im ORF jetzt nicht mehr so viel, dann werden dort auch keine guten Leute mehr sitzen. Es bringt auch nichts, wenn ich auf den jetzt neidig bin: meine Miete wird dadurch nicht bezahlt werden.
Pizzera: Klar ist das viel Geld, da brauchen wir gar nicht reden. Völlig logisch, Aber was hat man denn geglaubt, dass dort gezahlt wird? Das ist eine Riesen-Firma. Und er ist seit, glaube ich, 25 Jahren dabei. Markus Lanz verdient beim ZDF 2,5 Millionen. Was hat man da bislang gedacht? Ich glaube auch, dass viele Leute in Österreich nicht wissen, was brutto heißt. Der Mensch hat nichts veruntreut. Er hat wirklich gehackelt. Das war nicht: „Wo war meine Leistung“. Ich finde diese Diskussion sehr unnötig.
Fellner: Das Durchschnittsgehalt im ORF ist höher als das Durchschnittsgehalt des Österreichers. Aber die Schraube oben anzusetzen und zu sagen „Na dann müssen die weiniger verdienen“ ist die völlig falsche Richtung.
Seiler: Vielleicht fangen wir mal unten an. Dass wir da weiter raufgehen
Pizzera: Aber dadurch, dass wir zwangsfinanzierte Staatskünstler sind, ist es eh klar, dass wir so reden.
Der Gegenwind hat auch Pizzera & Jaus getroffen, als die Zahlen der Corona-Hilfen publik wurden.
Pizzera: Ja, ja. Ich habe eine GesmbH. Mit Leuten, die angestellt sind. Ich habe einen Eingangsverlust. Ich denke mir immer: Wenn das eine Firma ist, die Fliesen legt, dann ist das normal. Aber das Problem ist: Die Trotteln werden nicht müde, aber ich schon.
Am 26. April steigt der Amadeus Award. Wo Sie aber Wichtigeres zu tun haben: ein Konzert in Innsbruck.
Seiler: Wir sind tatsächlich Musiker, die auftreten. Eigentlich eine Frechheit. Ich schäme mich (lacht). Ich gratuliere jedem, der nominiert ist, denn ich kann mir schon vorstellen, dass das für junge Künstler etwas bedeutet. Ich möchte nicht sagen, dass es uns nichts bedeutet, aber wie gesagt: Wir müssen in Innsbruck spielen.
Sie sind mit Ihren anderen Projekten in der Kategorie Live Konkurrenten.
Seiler: Wirklich? Jetzt reicht es aber bald! Da wird unsere Freundschaft aber stark geprüft! Pauli, wenn du mir den wegschnappst!
Pizzera: Danke. Ich hab schon.
Seiler: Weil du ein links-linker Staatskünstler bist.
Pizzera: Genau: Aber ich hoffe, dass auch die rechten Staatskünstler diesmal gewinnen.
Seiler: Ich bin kein Staatskünstler. Ich habe keine Förderung und nichts bekommen.
Pizzera: Wir freuen uns über die beiden Nominierungen für AUT of ORDA. Das ist natürlich leiwand und eine große Wertschätzung. Die Leute sollen wählen, was ihnen gefällt. Es ist cool, dass wir Teil einer großen und bunten Musiklandschaft in Österreich sein dürfen.
Sie gehen ab 18. April auf Tour. Nur mit den 10 Songs vom Album?
Seiler: Schauen Sie sich mal Spotify an. Da dauert ein Song 2 Minuten. Da werden wir ja auch eine Stunde spielen können. Was ist los? (lacht) Da hat man mehr Zeit für andere Sachen. Ist doch schön. Dafür kostet die Karte dann halt 200. Life’s A Party.
Pizzera: Muss man halt etwas länger am Merchandising-Stand stehen. Ist auch schön.
Seiler: Nein! Wir haben uns was überlegt. Eine großartige Show. Visuell sind wir wirklich ganz vorne dabei. Wir haben 2 Drummer. Wer hat das schon!
Feller: Genau: Wir haben mehr Schlagzeuger als Songs. Es wird eine vollständige Show werden und es wird keiner angefressen nach Hause gehen.
Pizzera: Wir liefern das volle Brett und haben auch einige Sachen dabei, die nicht am Album sind. Jetzt gehört es einfach gespielt. Und es wird fett sein.
Lässt man da auch Songs von Seiler & Speer bzw. Pizzera & Jaus einfließen?
Seiler: Wir haben tatsächlich eine Version, wo wir Songs unserer anderen Projekte in einem Medley-Smash-up liefern. Und das ist sehr schön und macht sehr viel Spaß. Und vor allem es ist nicht zwangsfinanziert.
Pizzera: Dadurch dass wir das selbst geschrieben haben, haben wir die Rechte an den eigenen Songs. Dadurch dass man die Fusion der Songs auch musikalisch thematisiert, ist es geil. Wenn man zu Pizzera-&-Jaus-Musik Seiler-und-Speer-Texte hat und umgekehrt. Ein bisschen Muskeln zeigen.
Fellner: Es wird aber in unserer Karriere nicht passieren, dass man einfach straight up die Nummern der anderen Projekte spielt.
Pizzera: Auch weil dann die berechtige Frage kommen würde. Warum?
Manche Fans rechnen aber vielleicht damit?
Fellner: Dann wissen sie es das nächste Mal besser (lacht)
Seiler: Es ist tatsächlich schon passiert, dass Leute bei einem Seiler-&-Speer-Konzert waren und sich beschwert haben, dass dort der Horvath nicht aufgetreten ist.
Pizzera. Es wird ein richtig, richtig bunter Abend mit einer geilen Welle, die da anschlägt.
Wie schafft man es bei den vielen Projekten, den Kopf immer für die richtige Sache frei zu haben?
Pizzera: Jedem Projekt Freude abzugewinnen und jedem Projekt fokussiert entgegenzutreten. Wie soll ich dich vermissen, wenn du immer bei mir bist? Es ist ja voll schön, dass ich mich wieder auf etwas freue, das ich länger nicht gehabt habe. Klar ist das unser Baby. Uns gibt es jetzt ein Jahr. Andere Sachen funktionieren schon. Die sind im Rad. Das funktioniert. Und wir freuen uns, dass wir dem jetzt mehr Aufmerksamkeit schenken dürfen und auch müssen.
Ihre Chart-Erwartungen?
Seiler: Ich habe überhaupt keine Erwartungen. Es kann passieren, was will.
Pizzera: Wir freuen uns natürlich, wenn wir von 0 auf die 1 kommen. Das ist geil. Alles andere ist eine Lüge. Genauso wie wenn Leute fragen: Googelst du dich selbst. Ja, Fix Hawi! Sonst bist du ein Voll-Dolm. Wenn du es nicht machst, weißt du ja nicht, was über dich selbst im Internet steht. Es ist ein schönes Posting: wenn es von 0 auf 1 geht. Und würde uns auch freuen. Wenn nicht, ist es auch egal. Aber wichtig ist eigentlich, was ab Woche 5 passiert. Hören es die Leute? Interessiert es wirklich wen? Es ist ja alles eigentlich viel kurzsichtiger gedacht. Wir haben etwas abgeliefert, was wirklich gut ist und jetzt hoffen wir, dass es viele Leute ähnlich sehen.
Der Ticketverkauf läuft ja schon mal recht gut.
Pizzera: Auf jeden Fall. Aber was man nicht vergessen darf: Wir haben zwar sehr große Namen, dabei es ist aber ein neues Projekt. Das ist einfach was anderes. Österreich denkt oft: Ja, des kenn ich, und so wie es ist, soll es immer weitergehen. Und das bedarf sehr viel Arbeit und die sind wir bereit einzugehen.
Hat mach sich das bei der ersten Single gedacht, dass draus doch Ernst und Arbeit wird?
Seiler: Wir haben schon sehr früh gemerkt, dass da mehr daraus wird. Aber das macht ja alles sehr viel Spaß, deshalb denkt man dabei nicht an Arbeit.
Wie hoch liegt jetzt die Latte für ein nächste Album?
Seiler: Wir haben schon akribisch daran gearbeitet, dass die Latte möglichst niedrig liegt. Und darauf bin ich auch stolz. Dass man mit wenig Arbeit viel rausholt.
oe24-Reporter Thomas Zeidler-Künz mit AUT of ORDA