Keine Swift-Konzerte

Experte: Absagen sind "quasi der Super-GAU"

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Die Absage der Wien-Konzertreihe von US-Superstar Taylor Swift ist für den Großevent-Standort Wien "der größte anzunehmende Unfall".  

Das erklärte Peter Tschmuck, Musikwirtschaftsforscher von der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien (mdw), am Donnerstag gegenüber der APA. Der Reputationsschaden lasse sich selbstverständlich noch nicht abschätzen, sei aber unbestritten. Rund um die Absage könnte auch Swift selbst eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Selbstverständlich sei der Großteil dessen, was man zurzeit zu den Abläufen um das Aus für den Auftrittsreigen im Wiener Ernst-Happel-Stadion sagen kann, tief im Bereich der Spekulation zu verorten, betonte der Musikwirtschaftsexperte am Institut für Popularmusik der mdw. Sehe man sich aber das Statement seitens des Veranstalters - der Wiener Firma Barracuda Music - vom Mittwochabend an, wonach man bei der finalen Absage keine andere Wahl gehabt habe, könnte es durchaus sein, dass Taylor Swift selbst am gestrigen Abend die Reißleine gezogen hat: "Es könnte sein, dass sie gesagt hat, dass sie unter den Bedingungen schlichtweg nicht spielt." Dass die Künstlerin selbst bisher noch kein Statement abgab, könnte auch ein Hinweis auf eine größere Rolle ihres Umfelds in dem Zusammenhang sein.

Wirtschaftliche Probleme

Seitens der Sicherheitsbehörden hieß es am früheren Mittwochabend nämlich noch, dass die Konzerte mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden könnten. Allerdings scheinen die Informationen von ausländischen Geheimdiensten dann doch so viel Substanz gehabt zu haben, dass es zum Aus kam.

"Als Musikwirtschaftsexperte war meine erste Reaktion, dass das Barracuda gewaltige wirtschaftliche Probleme bringen kann", sagte Tschmuck: "Das ist quasi der Super-GAU. Wien war in der Vergangenheit immer ein wichtiger Hub für internationale Konzert-Acts - Coldplay sollen ja noch spielen (vier Konzerte im Wiener Stadion ab 21. August, Anm.). Wenn dann Sorge wegen Terrorgefahr und Anschlagsplänen besteht, hat das natürlich Auswirkungen auf die internationalen Veranstalter."

Besondere Konstellation  

Rund um die Wiener Swift-Konzerte hat sich hier eine besondere Konstellation gebildet. Die "Eras"-Tour wird vom US-amerikanischen Marktführer Live Nation abgewickelt, die in Wien allerdings auf die langjährige Expertise von Barracuda im Bereich Großevents zurückgegriffen hat. Die Wiener Firma, deren Haupteigner wiederum die deutsche CTS Eventim ist, veranstaltet seit langem u.a. das Nova Rock- und das Frequency-Festival und viele andere große Konzerte in Österreich. Natürlich kann niemand der Abwickler etwas für die Umstände, ein gewisser finanzieller Schaden sei aber klarerweise vorhanden. Es liege nun an den Vertragsdetails, wer diesen zu welchen Teilen tragen müsse, so Tschmuck. Klar sei: "Die Betroffenen sind natürlich alle Vollprofis. Die wissen, was wirklich problematisch ist und was nicht." Einblick in die Details der Abmachungen gibt es für Außenstehende in der Regel nicht.

Die nun gecancelten Konzerte lockten Zehntausende Fans aus der ganzen Welt in die Bundeshauptstadt, die nun mit einer herben Enttäuschung konfrontiert sind und mitunter viel Geld in die Hand genommen hatten. Seitens der Stadt- und der Tourismusverantwortlichen brauche es jetzt gutes Krisenmanagement, so der Wissenschafter, der hier aber nicht belehrend auftreten möchte, wie er betonte: "Aus Marketingperspektive wäre es wichtig, doch darauf aufmerksam zu machen, dass Wien an sich schon eine sichere Stadt ist." Dem etwas angekratzten Image sollte man entgegentreten - auch mit dem ohnehin schon vorgebrachten Hinweis, dass man durch die Festnahmen "Schlimmeres verhindert hat".

Sehe man sich an, welche Logistik hinter der "Eras"-Tournee steckt, dann sei eine Verschiebung keine Option gewesen. Die riesigen Bühnen werden zwischen den Konzertstandorten überlappend ab- und aufgebaut. "Damit sind auch riesige Kosten verbunden", so Tschmuck: "Da stellt sich auch die Frage, wer diese jetzt trägt. Denn für Naturkatastrophen oder Terrorgefahr eine Versicherung abzuschließen ist ein Riesenproblem." Es gehe ja nicht nur um den Einnahmenentgang, sondern auch um die Kosten für diverse Lieferanten oder Catering-Firmen, die ja alle bereits in Wien vor Ort waren.

Insgesamt müsse man leider festhalten: "Für den Konzertstandort Wien ist das logischerweise keine Empfehlung." Die durch die Events selbst generierte Wertschöpfung, die nun wegfalle, sei das eine, über Mittelfristwirkungen lasse sich andererseits noch wenig sagen. Klar sei: "Langfristig ist Wien nicht von solchen Konzerten abhängig."

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