"Lazy Bastard"
Leonard Cohen betörte Stadthalle
29.07.2013
Mit bald 79 Jahren bezirzte der Prediger und unerbittliche Poet sein Publikum.
Zum Abschied betont er mehrmals, man möge vorsichtig sein beim Heimfahren. Mit fast 79 Jahren weiß man eben, worauf es ankommt. Auf die Liebe zunächst und zuvorderst, dann auf das Tanzen und auf das Beten - und schließlich darauf, dass man gut nach Hause kommt. Leonard Cohen hat am 27. Juli die Wiener Stadthalle beehrt und sein Publikum im Sturm genommen. Der sanfte Sturm seiner Jahrhundert-Stimme, seines Songhandwerks mit Meisterbrief und des unwiderstehlichen Charmes von einem, der nur noch gewinnen und genießen kann.
Cohen spricht durch seine Lieder
Andere brauchen kleine Ansprachen, um mit ihrem Publikum ins persönliche Zwiegespräch zu kommen. Leonard Cohen sagt alles in seinen Songtexten. Schaut, wenn er von sich als "Gypsy Boy" und als "Lazy Bastard Living In A Suit" singt, von seinem "Gift Of The Golden Voice" berichtet und bekräftigt: "I'm Your Man", besonders treuselig unter seiner Hutkrempe hervor. Es ist der Blick eines alten Mannes, der schon in jungen Jahren weise war. "Goodnight, My Darling - I Hope You're Satisfied" heißt es irgendwann im langen Zugabenteil. Und schließlich, wirklich am Ende, ein Dank an seine Fans, die über all die Jahre "meine Songs am Leben gehalten haben".
Musik für Generationen
Seine Songs haben sich nicht nur in das Gedächtnis von Generationen eingraviert - wie die gut gefüllte, bunt gemischte Stadthalle bewies -, sondern haben dabei auch die Kraft ihrer Echtheit bewahrt. Leonard Cohen, dieser schelmische Prediger und unerbittliche Poet, bezirzt an so einem Konzertabend nicht nur sein Publikum: die Kraft seiner Lieder reicht auch für ihn selbst noch aus. Für fast drei Stunden Konzert, für Niederknien auf seinem Perserteppich und für kleine Luftsprünge beim Abgehen. Für das eine oder andere breite Grinsen. Für virtuose Solos seiner oftmals auch nicht mehr ganz jungen Bandkollegen, für die er respektvoll seinen Hut abnimmt.
Große Europa-Tournee
Seit Mitte Juni ist Cohen auf Europa-Tour, mit Songs von seinem jüngsten Album "Old Ideas", aber auch mit dem reichen Fundus seines Lebenswerks. Von "Suzanne" bis "Hallelujah", von "So Long, Marianne" bis "First We Take Manhattan". Er lässt sich feiern als schlichter Troubadour, ewiger Gentleman und als unantastbar cooler Halunke, bei dem Altersweisheit und jugendliche Rebellion ebenso zusammengehören wie die Liebe und die Lebenslust, Glaube und Ironie, Innehalten und Tanzen. Nicht nur weil Wien in den Lyrics vorkommt, wird bei "Take This Waltz" das Steh- und Schunkelparkett eröffnet und aus dem ganzen Saal strömen die Menschen nach vorn. Man könne nie wissen, wann man sich wiedersehen werde, hatte Cohen eingangs gesagt. Doch klar ist: "See You Down The Road".