Großer Verlust

Musiklegende Ravi Shankar ist tot

12.12.2012

Die Folk-Sängerin Norah Jones trauert um ihren geliebten Vater.

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Das vielleicht größte Kompliment bekam Ravi Shankar einst von Star-Violinist Yehudi Menuhin. "Für mich können sein Genie und seine Menschlichkeit nur mit denen von Mozart verglichen werden", sagte Menuhin über den Maestro aus Indien. George Harrison nannte den Sitar-Virtuosen, der ihm in den 1960er-Jahren das schwierige Instrument beibrachte und die Beatles beeinflusste, "den Vater der Weltmusik". Nun ist die Welt um einen großen Künstler ärmer: Ravi Shankar starb im Alter von 92 Jahren in den USA.

Als Nationalheiligtum verehrt
Nicht nur die Musikwelt, auch ganz Indien trauert. Der indische Premierminister Manmohan Singh beklagte am 12. Dezember den Verlust eines "Nationalheiligtums". Niemand war erfolgreicher als Ravi Shankar dabei, klassische indische Musik im Westen populär zu machen. Mit der Sitar, dem lautenartigen Saiteninstrument aus seiner Heimat, trat er einen Siegeszug um die Welt an. Bereits in den 50er-Jahren tourte er durch Deutschland, Großbritannien und die USA. 1969 spielte Shankar neben Superstars wie Jimi Hendrix und Janis Joplin auf dem legendären Woodstock-Festival. Mehrfach trat er in der New Yorker Carnegie Hall auf. Daneben schrieb Shankar Musik für etliche Filme, darunter für das Epos "Gandhi", was ihm eine Oscar-Nominierung einbrachte.

In heiliger Region geboren
Dabei war eine Karriere als Musiker ursprünglich nicht vorhersehbar. 1920 wurde Shankar im nordindischen Benares (heute Varanasi) geboren, jener mythenumwobenen Stadt am Ganges, die Hindus als heilig gilt. In den 30er-Jahren tourte der junge Ravi mit der Tanzgruppe seines älteren Bruders Uday durch Europa und die USA. Erst mit 18 wandte er sich endgültig der Musik zu. Sechs Jahre lang ging er bei Sitar-Meister Allauddin Khan in die Lehre. Fünf Jahre später gründete Shankar das Indische Nationalorchester, und er wurde Musikdirektor des staatlichen Rundfunks All India Radio.

Karriereleiter gestürmt
Dann nahm Shankars internationale Karriere Fahrt auf. Im Laufe der Jahrzehnte wurde er mit Auszeichnungen überhäuft, er gewann alleine drei Grammy-Awards, die weltweit begehrteste Musikauszeichnung. "Das größte Glück ist es, zu improvisieren, Musik wie aus einem Ozean zu schöpfen, immer wieder Neues zu finden", sagt Shankar vor seinem 80. Geburtstag. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" würdigte Shankar im Jahr 2010 als "größten indischen Musiker aller Zeiten".

Leben mit privaten Turbolenzen
Während es künstlerisch für Shankar steil nach oben ging, verlief sein Privatleben weniger geradlinig. Zunächst heiratete er 1941 die Tochter seines Lehrers, mit der er einen inzwischen verstorbenen Sohn zeugte. Er ließ sich scheiden und hatte verschiedene Beziehungen. Aus einer davon ging 1979 der Jazz- und Soul-Weltstar Norah Jones hervor. Jones hat ihren Vater inzwischen in Sachen Grammys weit überholt: Sie gewann insgesamt neun der begehrten Auszeichnungen. 1989 heiratete Shankar seine zweite Ehefrau Sukanya, die ihn nun überlebt. Lange vor der Hochzeit bekam Sukanya im Jahr 1981 von ihrem damaligen Liebhaber und späteren Ehemann ein Kind: Die heute international bekannte Sitar-Spielerin Anoushka Shankar. Ravi Shankar bekannte sich erst spät zu seiner Tochter, dann aber machte er sie zu seiner Meisterschülerin. Schon mit 15 begleitete Anoushka ihren Vater musikalisch bei einem Konzert in der Carnegie Hall.

Noch für Grammy nominiert

Nach seinem Tod wird Ravi Shankar, der noch im vergangenen Monat in Kalifornien ein Konzert gab, nun sogar mit seiner Tochter Anoushka konkurrieren: Beide sind mit ihren jeweiligen Alben für einen Grammy in der Kategorie Weltmusik nominiert. Eine ganz besondere Auszeichnung wird Ravi Shankar bei der Grammy-Verleihung am 10. Februar 2013 in Los Angeles allerdings niemand streitig machen können: Die "Recording Academy" verkündete, dass Ravi Shankar posthum mit einem Preis für sein Lebenswerk geehrt werden wird. Legendär ist Shankars Freundschaft mit seinem einstigen Schüler Harrison. Der frühere Lead-Gitarrist der Beatles war zwar viel jünger, doch überlebte Shankar ihn um mehr als zehn Jahre. Auch Beatles-Fans trauerten am Mittwoch um den indischen Sitar-Meister. Nun habe sich "Ravi Shankar zu George Harrison gesellt", hieß es in einer Twitter-Meldung. "Wir vermissen Euch beide."


 
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