"All Is Fever"
Naked Lunch sind mit neuer Platte zurück
28.01.2013
Nach sechs Jahren Pause legt die Band langersehntes neues Album vor.
Sechs Jahre sind seit dem letzten regulären Album der Kärntner Band Naked Lunch ins Land gezogen. Sechs Jahre, die mit Soloalben von Herwig "Fuzzman" Zamernik, der Filmarbeit "Universalove" oder Musik zur Kafka-Bearbeitung "Amerika" am Klagenfurter Stadttheater reichlich neues Material für Fans brachten. Jetzt heißt es aber hinfiebern auf die neue Platte des Hauptprojekts. Für "All Is Fever" stand wieder "das unerbittliche Arbeiten am eigenen Ding" an der Tagesordnung, wie es Sänger Oliver Welter im APA-Interview beschreibt.
Naked Lunch - "The Sun"
Großes Tüffteln an neuem Werk
Damit sei aber nicht gemeint, "dass wir bei den anderen Sachen nicht akribisch sind", wie der Frontmann zu bedenken gibt. "Aber bei einem regulären Album geht es noch einmal um mehr. Eigentlich um Alles. Das hat eben eine andere Qualität, indem es so offen ist. Es gibt keine ideologische oder zeitliche Begrenzung." Einen konkreten Einfluss auf die neuen Songs hätten die vielfältigen Verpflichtungen und Projekte allerdings nicht gehabt. "Der große Trick ist vielmehr, dass die Dinge sich nicht vermischen, nachdem es ja aus den gleichen Händen kommt", erklärt Zamernik.
Kein Nebenbei-Album
"All Is Fever" macht entsprechend von Anfang an klar, dass hier nichts nebenbei passiert oder gar dem Zufall überlassen wird. Bereits der Einstieg "Keep It Hardcore" öffnet den für Naked Lunch typischen Klangraum, ohne dabei auf der Stelle zu treten: Ein stoischer, sich sukzessive entfaltender Beat gibt das Grundgerüst, bevor sich Welters Stimme nach zwei Minuten hinzugesellt und sich der Song zum Ende hin übermächtig aufbäumt. "Wir hatten das auch auf den letzten beiden Platten, dass vermeintlich sperrige Sachen zu Beginn stehen. Das ist auch ein bisschen ein Kokettieren damit, ob man sich nun auf diese Reise einlässt oder nicht. Und das macht uns halt Spass", meint Welter.
Platte entstand im Fuzzroom
Bei der Entstehung dieser musikalischen Reise setzten die Musiker ganz auf das eigene Know-how, wurde doch erneut im Klagenfurter Fuzzroom aufgenommen. Zwar sei darüber diskutiert worden, ein anderes Studio zu nutzen, "letztendlich hat Herwig aber im positiven Sinne Überzeugungsarbeit geleistet", erinnert sich Welter. "Wir haben uns musikalisch ja auch ein eigenes Universum aufgebaut. Das klingt vielleicht arrogant, aber es bedarf einfach irrsinnig viel Arbeit und Zeit, um Leute reinzuholen, damit die mitkönnen und die gleiche Sprache sprechen."
Musik sehr nahe am Leben gebaut
Auf einer Wellenlänge befindet sich jedenfalls Gustav, die Welter beim minimalistischen Duett "Dreaming Hiroshima" unterstützt. Wie auch das enorm eingängige Doppel "My Lonely Boy" und "41" entfaltet der Song schon beim ersten Hördurchlauf einen ganz eigenen Charme. Ob die von vielen dem Vorgänger "This Atom Heart Of Ours" zugeschriebene Hinwendung zu einer positiveren Grundstimmung fortgesetzt wird, erscheint dabei nebensächlich, was auch Keyboarder Stefan Deisenberger unterstreicht: "Im Grunde ist solche Musik immer sehr nah am Leben gebaut." Und Welter ergänzt: "Es hat sich die Welt für uns ja nicht um 180 Grad gedreht."
Offener Titel
Das titelgebende Fieber lasse sich wiederum an vielem festmachen und "ist nichts, das dich einschränkt, sondern öffnet. Wir befinden uns ja in einer Welt, die im Umbruch ist und fiebert. Wo in den nächsten Jahren kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Und das ist auch gut so", sinniert der Sänger. Entsprechend lasse der Titel auch "viel offen an möglichen Interpretationen". Mit Erwartungshaltungen an das fertige Werk tut sich Zamernik schwer: "Ich persönlich habe da überhaupt keine Visionen, weil man dem eh ein Stück weit ausgeliefert ist." Welter wiederum verweist auf den kreativen Prozess, der sich anfühlt, als "ob man selbst einen leeren Raum hat und sich dort über die Jahre Ideen, Stücke und alles Mögliche ansammelt, bis der Raum zum Bersten voll ist." Nach der Fertigstellung "ist dann das, was sich im Körper, Kopf und im Herzen angefüllt hat, draußen. Dieser Zustand wirkt vielleicht befreiend, ist es aber gar nicht." Im Zuge der Vorbereitungen auf die Konzerte beginne dieser Kreislauf aber wieder aufs Neue.
Lampenfieber seit 20 Jahren
Und dabei begegnet die Gruppe auch nach 20 Jahren des Bestehens einer anderen Art von Fieber: Lampenfieber. "Ich habe das immer und finde das auch super. Das sagt dir wahrscheinlich Udo Jürgens genauso wie Lemmy Kilmister, das macht keinen Unterschied", erläutert der Sänger. "Dieser Kick, dieses Adrenalin, wenn der Herzschlag rauf geht. Ganz unabhängig davon, ob dir drei oder 3.000 Leute zuhören." Somit können Musiker wie Fans ab sofort gleichermaßen den bevorstehenden Auftritten der Band auf heimischen Boden entgegenfiebern, der passende Soundtrack dazu steht ab Freitag in den realen wie digitalen Regalen.