Mit The Spirit Indestructible" legt der Popstar sein fünftes Album vor.
Drei Jahre nach ihrem spanischsprachigem Album "Mi Plan" ist Popsängerin Nelly Furtado mit neuem Material zurück und präsentiert sich als "unzerstörbarer Geist". Die zwölf Songs von "The Indestructible Spirit" bieten teils minimalistische Beats, viele tanzbare Hymnen und einige melancholische Momente. Alles beim Alten also? Nicht ganz, kommt doch die sozial-politische Komponente der portugiesisch-stämmigen Kanadierin diesmal deutlicher zum Vorschein. "Ich wurde von der Menschheit inspiriert", erklärte die 33-Jährige der APA bei einem Interview in Wien.
Hier eine kleine Hörprobe aus dem Album "Big Hoops (Bigger The Better)"
Hier das Nelly Furtado Interview
APA: Mit dem neuen Album kehren Sie zum klassischen Popsound zurück. Was macht guten Pop heutzutage aus?
Nelly Furtado: Im Studio muss ich spüren, dass etwas entsteht, das aus diesen vier Wänden ausbrechen will. Als ob die Energie der Musik zu groß für den Raum wäre - dann bin ich mir sicher, dass ich die Songs veröffentlichen kann. Man sucht nach Erregung, Adrenalin, einer bestimmten Verbindung. Als Songwriter ist man dann am Besten, wenn man versucht, im Moment zu leben und mutig zu sein. Obwohl ich sehr viel Zeit hatte, diese Platte zu machen, sind alle Songs sehr spontan entstanden, sie fühlen sich sehr lebendig an. Das ist wohl das Wichtigste: Es ist ein sehr menschliches Album.
APA: Sie haben mit verschiedenen Produzenten zusammengearbeitet, etwa Rodney Jerkins, Salaam Remi oder Bob Rock. Besteht da nicht die Gefahr, dass das Album zu zerfahren klingt?
Furtado: Als Kind habe ich Trompete in einem Orchester gespielt, ich war also immer unter Musikern. Meine Idee von Musik dreht sich immer um Gemeinschaft und darum, furchtlos zu sein. Deshalb fühlt es sich für mich ganz natürlich an, mit mehreren Produzenten und anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Das bedeutet alles für mich: Herausforderung, Entdeckung, es spannend zu halten. Und ihnen geht es ähnlich mit mir. Ich gehe sehr offen an die Arbeit im Studio heran und liebe es, zu improvisieren.
APA: Thematisch beschäftigen Sie sich mit Jugendthemen ebenso wie mit sozialen und politischen Geschehnissen der vergangenen Monate. Was wäre dieser "unzerstörbare Geist", der beides verbindet?
Furtado: Alles begann vor zwei Jahren mit einer Kenia-Reise, die meine Weltsicht verändert hat. Im Zuge meiner Arbeit mit der Organisation "Free the Children" traf ich in ärmeren Gebieten so viele Kinder, Jugendliche und Familien, die so lebensfroh waren, dass ich zum ersten Mal seit einer langen Zeit wieder Hoffnung für die Zukunft hatte. Und weil auf der ganzen Welt diese Sachen passierten - vom arabischen Frühling über die Occupy-Bewegung bis zur Finanzkrise -, wurde "The Spirit Indestructrible" zu einer Ode an die Kraft, die in uns allen steckt. Die Welt verändert sich schnell, aber es ist wichtig, weiter hoffnungsvoll zu sein. Ich glaube immer noch an den Rock'n'Roll-Traum, dass Musik den Leuten helfen kann.
APA: Musikalisch bietet die erste Albumhälfte schnellere Stücke, während der zweite Teil eher melodisch gehalten ist. Welche Idee steckt hinter dieser Dynamik?
Furtado: Wir suchten diese Reihenfolge angesichts der Tempi der einzelnen Songs aus. Es sind immer Paare, die zusammenpassen. Auf diese Weise kann ich die Menschen auf eine Reise mitnehmen. Die erste Hälfte soll sehr unnachgiebig sein, wie ein netter Schlag ins Gesicht. (lacht) Und gerade wenn man das Gefühl hat, es geht nicht mehr, wird es ruhiger. Ich will, dass meine Musik eine authentische Erfahrung für den Hörer ist und etwas in ihm bewegt. Wenn es nicht lebt und nicht ein bisschen neben der Spur ist, funktioniert das nicht.
APA: Der Song "High Life" handelt vom Berühmtsein und der Sehnsucht vieler Menschen danach, obwohl sie die Folgen gar nicht abschätzen können. Wie ist es Ihnen selbst nach Ihrem großen Erfolg ergangen?
Furtado: Nach jedem Album nahm ich mir einen Moment Zeit, um über die Bedeutung des Ganzen nachzudenken. Es ist ein Balanceakt. Ich versuchte, mein Leben einfacher zu gestalten und mein Privatleben von meiner Karriere zu trennen. Aber speziell nach dem Erfolg von "Loose" merkte ich, dass ich eine längere Pause brauche. Ich fühlte mich ausgebrannt, besonders was meine Kreativität betraf. Ich hatte auf Englisch nichts mehr zu sagen. Deshalb gründete ich auch mein eigenes Label und veröffentlichte ein spanisches Album. Das war sehr heilsam für mich. Ich war einfach eine Künstlerin und sang nur für die Freude am Gesang. Und in "High Life" geht es um den Unterschied zwischen dem Weg und dem Ziel - wenn man als Kind sich ein großes, perfektes Lebens ausmalt, und dann später realisiert, dass sich erfüllende Träume nicht unbedingt dazu führen müssen, dass man glücklich ist. Man muss hart dafür arbeiten. Jeder muss das tun, an jedem Tag seines Lebens. Es gibt keine Ziellinie oder einen Topf voll Gold.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
Interview von oe24.at/video