Soberl wieder fit
Wiener Wahnsinn: Comeback nach Panikattacken und Reha
02.09.2023Im Juni schockte Martin „Soberl“ Sobotka die Fans von Wiener Wahnsinn: Auftrittsstopp wegen Unruhezustand und Panikattacken. Jetzt, nach 6-wöchiger-Reha, meldet er sich wieder zurück. Mit dem ersten Konzert und dem ÖSTERREICH-Interview.
„I hab mit dem Joschi Täubler a Fitnesscenter in Amerika aufgemacht!“ Mit witziger Anlehnung an die Knast-Rolle von Roland Düringer im „Kaisermühlen Blues“ kehrte Martin „Soberl“ Sobotka von der Kultband Wiener Wahnsinn am Freitag beim Reinprechtsdorfer Straßenfest nach 12-wöchiger Auszeit auf die Bühne zurück. Am 18. Juni hatte er sich ja mit den via Facebook verbreiteten Worten „Ich leide an einem permanenten Unruhezustand und Panikattacken“ zurück gezogen. „Diesem Schritt muss man sich sich sowohl trauen, als auch setzen“ erklärt er im ÖSTERREICH-Interview.
Sechs Wochen war Soberl auf Reha in Ottenschlag („Da habe ich Bäume umarmt. Den Wald kennen gelernt und viel von mir selbst kennen gelernt.“) und wurde deshalb bei der Sommertour von Fredi Kargl, Sänger der steirischen Band Deppat und Goschat, ersetzt. Jetzt rockte Soberl am Siebenbrunnen Platz sichtlich erschlankt wieder los. Zwischen Hüpfburg und Gauklern begeisterte er mit Wiener Wahnsinn ein paar Hundert Besucher mit den Austropop-Klassikern von Ambros („Gezeichnet fürs Leben“), Fendrich („Weus’d a Herz hast wie a Bergwerk“), Cornelius („Du entschuldige i kenn di“) oder Kurt Ostbahn („Feia“) und Bandeigenen Hymen wie „Deppert sein“ oder „Café Hummel“, der musikalischen Hommage an das Stammlokal in Wien Aspern.
Dazu holte für den Georg-Danzer-Klassiker „Lass mi amoi no d'Sun aufgehn segn“ auch Aushilfe-Sänger Fredi Kargl auf die Bühne und nach zwei Stunden Vollgas-Party ÖSTERREICH backstage. Das Interview zum Comeback:
Wie war das Comeback?
Ein superleiwandes Gefühl. Aber ich hab es gebraucht. Die Abstinenz. Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt. Und einem alles zu viel wird.
Zu diesem Schritt muss man sich aber auch trauen…
Ja diesem Schritt muss man sich trauen und auch setzen aber ich habe eine Wahnsinnspartie, meine Burschen, die auch dieses Schritt mit mir gegangen sind. Dazu natürlich Partnerin, Frau, Familie. Die alle mitgeholfen haben. Es waren jetzt 12 Wochen Auszeit. Davon war ich 6 Wochen auf Reha. Im tiefsten Waldviertel. In Ottenschlag. Da habe ich Bäume umarmt. Den Wald kennen gelernt und viel von mir selbst kennen gelernt. Ich bin in der Zeit aber auch drauf gekommen, dass ich bald wieder zurück will.
Hat Ihnen die Bühne gefehlt?
Ja sehr.
Wie haben Sie sich zu diesem Schritt durchgerungen? Sie haben das ja via Facebook auch sehr öffentlich gespielt. Panikattacken hängt man ja nicht so gerne an die große Glocke.
Ich spiele gerne mit offenen Karten. Und was es hat das hat es. Ich habe so viele positive Reaktionen bekommen von Leuten denen es genauso geht. Die auch jetzt noch sagen: „Schau, dass du nicht zu schnell zu viel machst.“ Aber ich habe das Gefühl, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Und ich habe wieder eine riesige Freude endlich wieder unser normales Rock ‚N‘ Roll Darsein führen zu dürfen?
Haben sie während ihrer Auszeit verfolgt was ihre Wiener Wahnsinn Kollegen so ohne Ihnen machen?
Ich habe mich Anfangs komplett zurückgezogen, aber dann war ich schon eine neugierige Nase. Da habe ich dann wieder reingeschaut. Und habe auch gesehen wie toll der liebe Fredi ausgeholfen hat.
Hatten Sie Angst, dass er ihnen den Job wegnimmt?
Nein, nicht wirklich. Um das es ist es ja auch nie gegangen. Es ist eigentlich darum gegangen, dass die Burschen weiterspielen können, dass man keine Veranstalter verärgert und dass die Fans sich sehr darauf gefreut haben. Es ist auch jeder Veranstalter gefragt worden, ob das so spielbar ist. Und das war auch gut so. Ich habe mich gefreut. und da hege ich auch keinen Neid. Und ich habe viele positive Reaktionen bekommen: Wir freuen uns wenn du wieder zurück kommst.
Was haben Sie in der Auszeit und der Reha über sich gelernt?
Was habe ich gelernt? Viel in mich horchen. Und das ist überhaupt nicht einfach. Es war sehr still. Es war viel mit mir beschäftigen. Nach drei Wochen habe ich aber meine Frau gesagt sie muss mir eine Gitarre bringen. Da habe ich dann zum ersten Mal wieder eine Gitarre in der Hand gehabt und habe dann dort in Ottenschlag im Teichstüberl kleine „Teichkonzerte“ gegeben. Da ging dann der Hut rum und das hat sich gut angefühlt.
Wurden Sie bei der Reha erkannt?
Ja man hat mich erkannt. Da waren total liebe Leute. Lebensbekanntschaften.
Beim Comeback-Auftritt haben Sie jetzt über Joschi Täubler gescherzt. Da dachten wohl manche gleich an einen Gefängnis-Aufenthalt ..
12 Wochen ist ja nicht lange. Da müsste ich höchstens ein paar Parkstrafen gehabt haben (lacht). Es wurde ja oft gefragt: Wo ist er ? Was war mit ihm? Ist er krank? Wir haben das zwar offen kommuniziert, aber das muss ja nicht jeder gelesen haben. Also waren wir halt in Amerika oder wo auch immer.
Sind Sie jetzt mental wieder so fit, dass Sie weiter machen können?
Ja. Was ich gelernt hab: Ich will dort nicht mehr hinkommen. Und damit meine ich nicht Ottenschlag. Damit meine ich in die Situation. Ich habe genug Instrumente mitbekommen, damit ich auch Nein“ sagen kann. Das habe ich gelernt. Nein. Stopp. Und das war mir auch wichtig. Weil ich oft nicht Nein sagen kann. Und niemand enttäuschen will. Aber wenn mir heute etwas zu viel ist, dann sage ich: Nein! Das kann ich nicht. Das mag ich nicht. Das ist mir zu blöd. Und dann funktioniert das auch.
Sie werden also etwas leiser treten?
Ich werde jetzt nicht jede Aftershowparty krachen! Trinken tue ich sowieso nichts mehr seit geraumer Zeit. Das tut mir auch gut. Das ist auch eine neue Erfahrung. Aber wir werden ja auch älter. Gefeiert wird aber trotzdem. Aber nicht jeden Tag und nicht bis die Puppen tanzen.
Haben Sie die Auszeit vielleicht auch für neue Songs genützt?
Nein. Das war nur für mich! Da wollte ich von nichts wissen. Aber jetzt kommt vielleicht der Zeitpunkt wo ich das alles verarbeiten könnten. Wir haben ein neues Tonstudio im 22. Bezirk. Die Aspern Road Studios. Dort werden wir uns sicher einsperren und das eine oder andere aufnehmen.
Wiener Wahnsinn spielen extrem viele Konzerte. Wird es bei dieser Menge bleiben? Oder werden Sie das reduzieren um mehr auf sich zu achten?
Ich bin froh, dass wir wieder spielen dürfen (lacht). Das ist mir ziemlich abgegangen. Wir werden wieder den Winter nutzen, wo alle ein bisschen fortfahren, damit wir uns auf die Sommer- und Open-Air-Saison vorbereiten.
Hatten Sie jetzt eigentlich Lampenfieber vor diesem Comeback-Auftritt?
Ich habe schon am Sonntag heimlich gespielt um zu schauen ob es geht, aber ich habe jetzt schon mehr Lampenfieber als früher. Das ist jedoch ein positives Gefühl.