"Sissi"-Legende stirbt mit 86 Jahren
Abschied von unserem letzten Kaiser
30.05.2014Mit Karlheinz Böhm tritt ein grandioser Künstler ab – und ein großartiger Mensch.
Es müssen fürchterliche Tage für die Familie sein. Am Donnerstag schloss der große Karlheinz Böhm für immer seine Augen, zwei Tage davor wurde Florian Böhm, Schauspieler und einer seiner Enkel, wegen Betrugs in der Nähe von Innsbruck verhaftet (siehe rechts).
Drei Leben. Mit Karlheinz Böhm verliert Österreich einen charismatischen und charakterlichen Giganten. Einen Menschen, der drei Leben führen konnte, ein jedes davon erfüllt:
- Das des gefeierten Nachkriegsfilmstars: 1928 als Sohn der österreichischen Dirigentenlegende Karl Böhm geboren, stieg er rasch in die erste Reihe der Schauspieler auf. Seine vier größten Erfolge – als Kaiser Franz Joseph in den drei Sissi-Filmen und als „Förster vom Silberwald“ – sahen damals schon über 100 Millionen Menschen.
- Als Böhm der Kitsch zu viel wurde, sattelte er um. In Peeping Tom spielte er einen voyeuristischen Psychopathen – damals wurde der britische Film verrissen, heute gilt er als Kult. Später wurde er zu einem der wichtigsten Schauspieler von Rainer Werner Fassbinder.
- In den 1980er-Jahren erfand sich Karlheinz Böhm noch einmal neu – und übernahm seine großartigste Rolle. Nach einer Afrikareise bot er 1981 Frank Elstner bei Wetten dass ..? die „sinnvollste Wette aller Zeiten“ an: Nicht jeder Zuseher werde eine Mark, einen Franken oder 7 Schilling gegen den Hunger in Afrika spenden. Er gewann die Wette zwar, doch es kam doch eine Million (mehr als 500.000 Euro) zusammen.
In Äthiopien wird Böhm
wie ein Heiliger verehrt
„Abu Karl“. Böhm gab die Schauspielerei endgültig auf und gründete die Äthiopienhilfe Menschen für Menschen – ein gewaltiger humanitärer Erfolg. Bis heute hat die Organisation an die 300 Schulen, Hunderte Wasserstellen und Dutzende Krankenstationen aufgebaut.
In Äthiopien ist Karl Heinz Böhm ein Heiliger. „Abu Karl“, wie sie Böhm dort nennen, wurde 2001 äthiopischer Ehrenbürger und bekam auf dem Karl Place in Addis Abeba sogar ein Denkmal.
Sieben Kinder. Seit 1991 ist er mit der Äthiopierin Almaz verheiratet, die dem bereits fünffachen Vater zwei weitere Kinder – Nicolas (21) und Aida (19) – schenkte.
Seine geliebte Frau Almaz übernahm sein Erbe
Alzheimer-Krankheit. Vor acht Jahren übergab Böhm die Leitung von Menschen für Menschen an Almaz. Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten bei der Stiftung konnten entkräftet werden. Im vergangenen Jahr gab die Familie bekannt, dass Böhm an Alzheimer leide.
Moderator und Freund über Böhm:
Frank Elstner: »War von Einfachheit beeindruckt«
ÖSTERREICH: Wie haben Sie den Moment erlebt, als Karlheinz Böhm in Ihrer Sendung den Grundstein für sein Hilfsprojekt gelegt hat?
Frank Elstner: Ich erinnere mich sehr gut daran. Karlheinz fing in der Sendung an zu predigen – im besten Sinne des Wortes. Ich habe zuerst einen Schreck gekriegt und mir gedacht: Mein Gott, hoffentlich redet er jetzt nicht zu lange. Aber als ich dann gesehen habe, wie seine Augen flackerten und mit welcher Leidenschaft er zu seinen Worten stand, da wurde mir klar: Das wird eine große Geschichte.
ÖSTERREICH: Haben Sie das Projekt dann mitverfolgt?
Frank Elstner: Ja, ich hatte das große Glück, Karlheinz in Äthiopien zwei Mal zu besuchen und darüber einen Film zu drehen. Ich war beeindruckt, in welcher Einfachheit er in Äthiopien gelebt hat. Man hätte so einem großen Filmstar doch nie zugetraut, dass er mit diesem ganz einfachen Leben zurechtkommt. Aber er hat es geschafft und vorbildlich gelebt. Dafür habe ich ihn immer bewundert.
ÖSTERREICH: Wie sind Sie als Freund mit der Welle an Vorwürfen um die Finanzen seines Projekts umgegangen?
Frank Elstner: Es tut mir sehr leid, dass Karlheinz in den letzten Jahren nicht mehr die Kraft hatte, darauf zu reagieren. Ich bin felsenfest überzeugt, dass, was ihn und seine Frau betrifft, nichts mit falscher Absicht gemacht wurde. Seiner Witwe und seinen Kindern wünsche ich, dass sie nun in den schweren Tagen genügend Freunde haben, die sie ein bisschen trösten.