Ein Großspender greift Almaz Böhm (48) und das Hilfswerk „Menschen für Menschen“ massiv an.
Der große Karlheinz Böhm (85) ist krank. 2007 krachte der Chauffeur des ehemaligen Schauspielers und Hilfsinitiators in Äthiopien frontal gegen ein anderes Auto. Von den schweren Verletzungen hat er sich bis heute nicht erholt, im Gegenteil: „Seine Krankheit wird verschwiegen“, behauptet der deutsche Unternehmer Jürgen Wagentrotz (68): „Karl leidet an Demenz, vielleicht ist es auch Alzheimer. Seine Frau schirmt ihn ab, kümmert sich schlecht um ihn.“
Wagentrotz kennt Böhm seit 2004. Damals verkaufte der Unternehmer seine Firmen und Beteiligungen an Online-Casinos. Acht Millionen seines Vermögens stellte er Karlheinz Böhm und dessen Äthiopienhilfe zur Verfügung: „Weil ich Böhm bewundere und seine Stiftung hoch schätzte“, argumentiert er.
310 Schulen baute Böhm seit 1981 in Äthiopien, Krankenhäuser wurden ausgestattet, 750 Menschen arbeiten inzwischen für die Organisation. Nie gab es Kritik in den 30 Jahren, alle Kontroll-Instanzen stellten höchste Spendengütesiegel aus.
Streit tobt.
Und jetzt der schmutzige Streit, ausgelöst von Jürgen Wagentrotz: „Unter Almaz Böhm (sie leitet die Stiftung seit 2008) ist MfM nicht mehr die Hilfsorganisation, der ich seinerzeit mein Vertrauen geschenkt habe“, klagt er: „Die Entwicklung geht in eine nahezu kriminelle Richtung, dem will ich nicht folgen.“ Es gilt die Unschuldsvermutung.
Sie schützt ihn.
Wagentrotz wirft Böhms Ehefrau Almaz (48) massive Verschwendung vor: „Außerdem sind viele der von uns errichteten Schulen inzwischen völlig verlottert.“
Almaz Böhm treffen die Vorwürfe, verletzen sie: „Weil die Angriffe völlig falsch sind“, ist ihr Konter: „Alle Schulen sind von uns an die Regierung und die lokalen Behörden übergeben worden, das ist die Philosophie meines Mannes – wir wollen die Menschen doch nicht abhängig von unserer Hilfe machen.“ Am schlimmsten nagt in ihr aber der Vorwurf, sie kümmere sich kaum um ihren kranken Mann: „Das sind Lügen“, empört sie sich, „aber die Wahrheit wird an Tageslicht kommen.“
Karlheinz Böhm wird sich in diesen Streit nicht einmischen. Es ist sogar fraglich, ob er jemals wieder in der Öffentlichkeit zu sehen sein wird: „Ich musste ihm vor Jahren versprechen, dass ich ihn schütze, wenn er alt, krank und gebrechlich wird. Daran halte ich mich.“
© Inge Prader
Auf der Hochebene von Midda, einer der wasserärmsten Regionen der Welt, wurde eine Infrastruktur für die 93.000 in den Bergen lebenden Menschen geschaffen. „Leben mit genügend Wasser, das ist hier das Ziel“, sagt Böhm.
© Inge Prader
Der Mann auf dem Foto kennt sein Alter nicht. Er schätzt sich auf 40 Jahre. Äthiopier haben eine Lebenserwartung von 50 Jahren.
© Inge Prader
Sina arbeitet täglich auf dem Feld. Eigentlich sollte sie in der Schule sein. „Heute habe ich frei“, sagt sie. Die Kinder lügen, weil sie zum Arbeiten gebraucht werden...
© Uschi Fellner
Die Kinder erkennen sich auf den Fotos nicht, weil keiner einen Spiegel besitzt.
© Inge Prader
800 Mitarbeiter in Äthiopien und 500 in Europa machen sich mit Almaz Böhm für 4 Millionen Menschen stark.
© Inge Prader
836 Stufen ließ Almaz Böhm in den steilen Fels schlagen, damit die Kinder Middas täglich zur Schule gehen können.
© Inge Prader
KH-Böhm-Denkmal in Midda.
© Inge Prader
Kochstelle. Almaz Böhm zeigt einen „modernen Lehm-Herd“, der offenes Feuer ersetzt.
© Inge Prader
Almaz Böhm, 46, leitet die von KH Böhm gegründete Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“.
© Uschi Fellner
Leben in der Hütte. So sieht Luxus aus. 10 Quadratmeter für eine Acht-Personen-Family.
© Inge Prader
Karis schleppt. Entweder Wasser, oder ihre Geschwister.
© Inge Prader
Schwere Arbeit. Beim Brunnen werden die Kanister gefüllt.
© Inge Prader
Die kleine Betulit schleppt täglich 15 Liter nach Hause...
© Inge Prader
Die kleine Betulit schleppt täglich 15 Liter nach Hause...
© Inge Prader
Azeb ist eine junge Mutter und hat AIDS.
© Inge Prader
Ihr Mann und ihr Kind sind gestorben. „Ich werde leben“, sagt sie und bereitet für uns in ihrer Hütte ein Mahl.
© Inge Prader
Wasser holen vom nächstgelegenen Brunnen ist der Tages-Schwerpunkt bei den Frauen.
© Inge Prader
Genitalbeschneidungen haben in Äthiopien Tradition. Mädchen wird die Klitoris weggeschnitten, die Scheide zugenäht. Viele werden verrückt.
© Uschi Fellner
Praders Wassertest. Alleine das Umbinden des Kanisters war schon eine Prozedur... aber tapfer!
© Inge Prader
25 Kilo Wasserlast am Rücken. Äthiopierinnen gehen damit täglich fünf bis zehn Kilometer. Ich schaffte einen halben Kilometer...
ÖSTERREICH: Kuratoriumsmitglieder der deutschen Stiftung von Menschen für Menschen haben ihre Mitgliedschaft ruhend gestellt, werfen Ihnen Geldverschwendung vor …
Almaz Böhm: Ich bin über diese völlig haltlosen Behauptungen sehr enttäuscht, es wird eine schlechte Stimmung gegen mich erzeugt, ebenso gegen die Stiftung. Erklären kann ich mir das nicht, ich kann aber die Vorwürfe entkräften.
ÖSTERREICH: Großspender wie Jürgen Wagentrotz, der acht Millionen Euro in den vergangenen Jahren gespendet hat, wirft Ihnen in einem Brief sogar vor, sich zu wenig um Ihren kranken Mann zu kümmern …
BÖHM: Die Vorwürfe sind sehr persönlich und sehr privat und haben mich enorm gekränkt und verletzt. Mehrmals habe ich versucht, mit ihm direkt in Kontakt zu treten, um die Vorwürfe zu entkräften, aber das ging leider nicht. Ob ich mich genug um meinen Mann kümmere oder nicht, das ist doch unsere private Familienangelegenheit. So etwas zu behaupten, ist unmenschlich und verletzend.
ÖSTERREICH: Wie geht es Ihrem Mann wirklich?
BÖHM: Er hatte 2007 einen schweren Autounfall in Äthiopien, danach eine Operation am Knie. Unter den Folgen leidet er noch immer. Es geht ihm manchmal gut, manchmal schlecht. Er ist natürlich auch älter und zerbrechlicher geworden.
ÖSTERREICH: Ist er in Salzburg oder in Äthiopien?
BÖHM: Er ist in Salzburg, zu Hause in Grödig.
ÖSTERREICH: Sie können ihn somit zu Hause pflegen?
BÖHM: Wenn er Pflege braucht, ja.
ÖSTERREICH: Konkret wird Ihnen vorgeworfen, das Bürogebäude in Addis Abeba zu groß dimensioniert zu haben und dass jene 310 Schulen, die Sie der Regierung übergeben haben, teilweise verlottert sind.
BÖHM: Beides ist unwahr. Dass die Schulen, die wir bauten, nach der Fertigstellung an die lokalen Behörden übergeben wurden, ist ein offenes Geheimnis. Seit 1983, als wir die erste Schule gebaut haben, war das unser Prinzip. Wir wollen die Menschen durch unsere Hilfe nicht abhängig machen, sie sollen selbstständig handeln. Das ist unsere Philosophie. Außerdem sind unsere Schulen nicht vollkommen vernachlässigt und verlottert, das kränkt mich und mein Volk.
ÖSTERREICH: Ein klärendes Wort von Ihrem Mann hätte sicher große Wirkung?
BÖHM: Dafür bin ich da, mein Mann hat den operativen Teil 2008 an mich gegeben. Er hat 30 Jahre diese Organisation geführt, jetzt ist die Zeit gekommen, wo er sich zurückzieht und ein privates Leben lebt. Das gönnen wir ihm, deswegen wird er auch nicht öffentlich Stellung nehmen oder Interviews geben.
ÖSTERREICH: Sie sollen Ihrem Mann versprochen haben, ihn vor der Öffentlichkeit zu schützen, sollte er „alt, krank oder gebrechlich“ werden.
BÖHM: Wir haben schon vor einiger Zeit darüber gesprochen und er hat mich gebeten, wenn er nicht mehr so sein sollte, wie wir ihn in Erinnerung haben, dann solle ich ihn vor der Öffentlichkeit schützen. Das habe ich ihm versprochen und daran halte ich mich.
ÖSTERREICH: Wann war Ihr Mann zuletzt in Äthiopien?
BÖHM: Vergangenen August. Er ist 85, dazu kommt die Intensität, die er die letzten 30 Jahre gearbeitet hat, das hat seine Spuren hinterlassen.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie Ihren Spendern jetzt?
BÖHM: Dass sie uns weiter vertrauen sollen, die Wahrheit wird ans Licht kommen – früher oder später.