Ball-Finale
Holender probt den Abschied
11.02.2010
Hausherr Ioan Holender singt zum Abschied und will den Ball in die Hofburg übersiedeln. Das Österreich-Interview.
Wenn sich heute die Pforten zum 54. Wiener Opernball öffnen, werden sich viele über die Feststiege drängeln, die im Krisenjahr 2009 ferngeblieben sind: Raiffeisen-Generaldirektor Christian Konrad, der vergangenes Jahr fehlte, feiert ebenso wie Magna-Boss Siegfried Wolf und alle wichtigen politischen Vertreter des Landes. Lugner-Gast und Skandalnudel Lindsay Lohan wird den Wiener Opernball nun endgültig nicht besuchen, dafür schüttelt der Baumeister den Ersatzkanditaten Dieter Bohlen aus dem Ärmel. Durch Abwesenheit glänzen weiters Oscar-Hoffnungsträger Christoph Waltz, Fiona Swarovski und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
„Zweckentfremdende Nutzung der Oper“
Sein großes Finale zelebriert Hausherr Ioan Holender . Der am längsten dienende Staatsoperndirektor feiert den 11. und letzten Opernball unter seiner Verantwortung. Im Juni endet Holenders 19-jährige Amtszeit. Deshalb hat er sich für alle Opernball-Veranstalter nach ihm einen brisanten Vorschlag überlegt: Der Opernball soll künftig nicht mehr in der Staatsoper stattfinden – O-Ton Holender: „Wozu jedes Jahr zwei Millionen Euro investieren, um ein Gebäude zweckentfremdend zu benützen?“ Als wesentlich adäquateres Quartier bringt er im Österreich-Interview die Wiener Hofburg ins Spiel: „Sie können sicher sein, dass man sich nach kurzer Zeit daran gewöhnen würde, wenn der Ball der Oper in der Hofburg stattfände.“
Nichtsdestoweniger wird Holender heute gemeinsam mit dem Publikum sein Glas
erheben und das „Champagnerlied“ aus der „Fledermaus“ singen.
Morgen wird er in bewährter Weise den „Baum“ in der „Zauberflöte für Kinder“
verkörpern. Die ultimative Abschiedsgala soll dann im Juni über die
Staatsopern-Bühne gehen, wenn auch Holenders Autobiografie herauskommt.
Programmatischer Titel: „Ich bin noch nicht fertig“.
Das
Interview:
Die Ansage des Staatsoperndirektors
ÖSTERREICH:
Wird der Opernball der große Holender-Abschied?
Ioan Holender: Als großen Holender-Abschied betrachte ich gar nichts. Ich erinnere mich nur, beim ersten Opernball, als ich 1992 mit Waechter die Direktion übernommen hatte, war ich gar nicht anwesend! Denn in der Nacht ist mein Sohn Livio geboren. Und ich erinnere mich auch, dass ich im Rudolfinerhaus war und der Arzt, der meine Frau entbunden hat, es eilig hatte, weil er noch zum Opernball wollte. Der ging, und ich ging nicht … Heuer erlebe ich den 11. Opernball in meiner Verantwortung, und ich werde mich mit drei, vier Worten vom Publikum verabschieden. Ohne Wehmut, ohne Schmerz.
ÖSTERREICH: Werden Sie auch singen?
Holender: Zum Abschluss trinken wir mit dem Publikum ein Glas Champagner und zitieren dass „Champagnerlied“ aus der „Fledermaus“.
ÖSTERREICH: Sie hatten immer ein gespaltenes – sogar ablehnendes – Verhältnis zum Opernball.
Holender: Ich habe mich immer gefragt, und ich frage mich auch heute, weshalb man so einen Saal wie die Staatsoper, der für alles gebaut ist, nur nicht für einen Ball, mit einer enormen Investition zum Opernballsaal umbaut.
ÖSTERREICH: Sind Sie für die Abschaffung des Opernballes?
Holender: Ich stelle nach wie vor die Sinnhaftigkeit dessen zur Diskussion, dass man rund zwei Millionen Euro investiert, um ein Gebäude zweckentfremdend zu benützen.
ÖSTERREICH: Wo sollte der Opernball stattfinden?
Holender: Sie können sicher sein, dass man sich nach kurzer Zeit daran gewöhnen würde, wenn der Ball der Oper z.B. in der Hofburg stattfinde ...
ÖSTERREICH: Stört Sie die „Lugnerei“ auf dem Ball?
Holender: Der ganze Zirkus wäre nicht so enorm, wenn man diesen Ball nicht stundenlang im ORF übertragen würde. Wenn ich etwas zu sagen hätte, wobei ich nichts zu sagen habe, dann würde ich mir wünschen, dass man die Fernsehzeit für den Opernball für Opernübertragungen verwenden würde.
ÖSTERREICH: Können Sie sich einen Opernball ohne Lugner vorstellen?
Holender: Ich habe mir den Opernball noch nie mit Lugner vorgestellt! Ich glaube, der Herr ist eine Randerscheinung, aber wir alle tragen dazu bei, dass ein gewerbetreibender Baumeister eine Werbung bekommt, die er, wenn er sie bezahlen müsste, gar nicht bezahlen könnte.
ÖSTERREICH: Sie haben sich immer bemüht, den Opernball zum Ball der Künstler zu machen.
Holender: Ich habe versucht, die Menschen daran zu erinnern, dass wir in diesem Gebäude an 299 Abenden, an denen kein Ball stattfindet, auch etwas tun. Ich habe junge Sänger präsentiert: die Garanca, die Netrebko, den Cura – die waren noch nicht so berühmt, als sie zum ersten Mal beim Opernball auftraten. Und ich habe auch immer wieder versucht, einen Zusammenhang mit der jeweils bevorstehenden Premiere herzustellen – Netrebko sang „Manon“, Iveri und Vargas „Eugen sangen Onegin“ …
ÖSTERREICH: Morgen gibt es in der leergeräumten Oper wieder die „Zauberflöte“ für 7.000 Kinder.
Holender: Das ist die tiefere Berechtigung des Opernballs.
ÖSTERREICH: Herrenspende ist heute das 7 Kilo schwere Buch „Ioan Holender Close up“. Und Ende Juni kommt Ihre neue Autobiografie…
Holender: Ganz richtig, das Buch hat den Titel „Ich bin noch nicht fertig – Erinnerungen“.
ÖSTERREICH: Man darf vermuten, dass es für Gesprächsstoff sorgen wird.
Holender singt zu seinem "Ball-Finale"
Punkt 22
Uhr erklingt heute zur Eröffnung des 54. Opernballs die Fanfare – und dann
wird es ernst für die 144 Debütanten-Paare. Die Jungdamen und Jungherren
kommen heuer aus zehn verschiedenen Ländern: Außer Österreichern sind
ebütierendebütieren unter anderem auch Italiener, Russen, zwei Chinesen und
erstmals eine Tibeterin dabei..
Prominenteste Vertreter des Eröffungs-Komiteées: Livio Holender debütiert beimam letzten Opernball seines Vaters, Direktor Ioan Holender. Magna-Direktor Sigi Wolf darf seine Tochter Julia beobachten, die in der ersten Reihe einziehen wird.
Ebenfalls dabei: Zwei Ururgroßneffen des Komponisten Johann Strauß, zwei Neffen von Topmodel Cordula Reyer sowie Georg Fischler, der Sohn des ehemaligen EU-Kommissars Franz Fischler. Damit nicht nur Kinder reicher Eltern zum Zug kommen, dürfen heuer erstmals drei Jugendliche aus einem SOS-Kinderdorf Teil der Eröffnung sein.
Unterhaltsam
Holender singt. Für die Choreografie der Eröffnung
ist heuer die Wiener Tanzschule Svabek zuständig. Zum 200. Geburtstag
des polnischen Komponisten Frédéric Chopin führen Tänzer
der Warschauer und der Wiener Oper unter anderem seinsein Scherzo No.1 vor.
Eröffnung
Besonderes Zuckerl der Eröffnung: Der scheidende
Direktor Ioan Holender wird selbst auftreten. Zu Holendersseinem Abschied
singen 13 Solisten einen Querschnitt Medley aus von Opern-Arien. Die
Opern, aus denen sie stammen, wurden allesamt in seiner der Ära Holender
aufgeführt: „Ich glaube“, so Holender, „dass das repräsentativ, lustig und
unterhaltsam sein wird.“ Garantierter Höhepunkt: Holender selbst singt das
berühmte „Champagnerlied“ aus der „Fledermaus“. l. Der 14.
Solist ist Holender selbst: Er wird einige Worte an das Publikum richten,
mit Champagner anstoßen und das berühmte „Champagnerlied“ aus der Fledermaus
anstimmen.