Tokio Hotel: Flaute nach Erfolg?

30.03.2010

Das Konzert von Tokio Hotel in der Wiener Stadthalle war alles andere als ausverkauft. Bill Kaulitz im Österreich-Interview.

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© Universal Music, APA
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Kreisch-Alarm wie zu Beatles-Zeiten, ein Schlagzeug, das aus einem monströsen Überraschungs-Ei schlüpft, und ein Sänger in futuristisch bizarrer Leder-Montur.

Wien-Konzert
So startete Tokio Hotel gestern ihr Wien-Konzert. Vor nicht einmal 4.000 Fans in der halbleeren Stadthalle versuchte sich die Teenie-Band als Electronic-EMO-Truppe von Depeche-Mode-Format und scheiterte trotz Bombast-Auftritt an der eigenen Interpretations-Schwäche. Zu klein das Stimm-Volumen, zu brav die Inszenierung, zu bieder die 90-Minuten-Show, die mit Video-Einspielungen gestreckt wurde. Vom Opener Komm bis zum von Konfetti-Regen begleiteten Finale Für immer jetzt erinnerte das teilweise auf Englisch (In Your Shadow) abgehaltene Programm mehr als gefällige Selbstdarstellung von Mädchenliebling Bill Kaulitz denn als Rock-Konzert.

Panzer
Mit einem bizarren Brustpanzer gockelte er hölzern über die Bühne. Jede Bewegung löste Dauergekreische aus – in der Tonlage imposanter als der Unplugged-Teil mit Geisterfahrer zur Halbzeit. Zu Dogs Unleashed fuhr Bill im Motorrad vor – bei Zoom versagte er als A-capella-Sänger. Durch den Monsun kam erst als Zugabe, aber da waren selbst hartgesottene Fans bereits erschöpft.
Gut, dass man sich selbst mit derart imposanter Bühne nicht über eine so schale Show drüberschummeln kann.


Bill Kaulitz im Interview:

ÖSTERREICH: Ihr Wien-Konzert ist alles andere als ausverkauft...

Bill Kaulitz: Es gibt immer Höhen und Tiefen. Niemand kann einem eine Garantie auf den Erfolg geben. Aber wir werden trotzdem immer weitermachen. Auch weil wir sonst komplett talentfrei sind.

ÖSTERREICH: Leidet man als Teenieband nicht unter Image-Problemen?

Kaulitz: Nein, denn die Teenies sind am schwersten zu beeindrucken. Also spielen wir eigentlich in der Königsklasse.

ÖSTERREICH: Fünf Jahre Tokio Hotel. Die Halbwertszeit einer Teenieband haben Sie längst überschritten…

Kaulitz: Das ist erstaunlich. Viele wollten uns nach Durch den Monsun fallen sehen, doch diesen Gefallen haben wir ihnen nicht gemacht. Denn Qualität setzt sich durch.

ÖSTERREICH: Wird Ihnen der Hype und das Gekreische bei Konzerten nie zu viel?

Kaulitz: Nein, das Gekreische kann nie laut genug sein! Es ist toll, welche Energien unsere Fans haben.

ÖSTERREICH: Was ist der Grund Ihres Erfolges?

Kaulitz: Es gibt kein Rezept. Außer vielleicht der Körpergeruch unseres Schlagzeugers Georg.

ÖSTERREICH: Die Schattenseiten von Tokio Hotel?

Kaulitz: Dieser Job macht weltfremd. Seitdem ich 15 bin, kann ich nicht mehr normal auf die Straße. Nur mit Bodyguards. Lästig!

ÖSTERREICH: Haben Sie bereits finanziell ausgesorgt?

Kaulitz: Noch lange nicht. Es ist ein Irrglaube, dass TV-Shows und Titelblätter reich machen. Das Musikbusiness ist längst das falsche Business, um Millionen zu scheffeln. Da muss man schon Fußballer oder Rennfahrer werden.

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