Nach einjähriger Gesangspause feierte Rolando Villazon sein Comeback in der Staatsoper. Die Nachktritik von Karl Löbl.
Hochspannung am gestrigen Abend in der Wiener Staatsoper: Der mexikanische Startenor Rolando Villazón wagte in der Rolle des Nemorino in Donizettis Liebestrank nach einjähriger Zwangspause sein Bühnen-Comeback.
Stimme weg
Wie berichtet, hatte sich der Publikumsliebling wegen
einer Zyste einer Stimmbandoperation unterziehen lassen müssen: „Zum Glück
ging alles gut“, so Villazón. „Die Genesung dauerte zwar sehr lange – 15
Tage nicht sprechen, eineinhalb Monate wieder sprechen lernen. Dann beginnst
du zu singen, und es ist ein Desaster! Aber am Ende des Tages ist alles
wunderbar.“
Musical-Hits
Schon seit Wochen wärmt sich der Startenor für
seinen Neustart auf. Zuletzt trat er, sichtlich erholt und mit jugendlichem Lockenkopf,
in der britischen TV-Show Popstar to Operastar auf und sang mit
Jungkollegen Opern- und Musical-Hits wie das berühmte „Trinklied“ aus La
Traviata und The Impossible Dream aus The Man of La Mancha. Sogar in Gestalt
einer kuscheligen Wollpuppe – in der populären Harry Hill Show – hatte sich
Villazón in Erinnerung gerufen.
Dankeschön
Dass er sich nicht New York, London oder Berlin,
sondern die Wiener Staatsoper für sein Comeback ausgesucht hat, ist ein
Dankeschön an Ioan
Holender , der auch in schwierigen Zeiten an ihn geglaubt hat. „Ich
bin davon ausgegangen, dass seine Intelligenz die gesundheitlichen Probleme
lösen wird“, so Holender, der Villazón die letzten Tage über
freundschaftlich betreut hat. „Rolando ist zuversichtlich und vertraut in
seine Fähigkeiten. Er weiß, dass seine Stimme von Gott gegeben ist. Was
damit geschieht, bestimmt aber sein Kopf.“
Die Nachkritik
von Karl Löbl:
Villazón erobert die Staatsoper im Sturm
Schon
zur Halbzeit war sein Sieg sicher: Rolando Villazón ist mager, und seine
Stimme ist schlanker geworden, aber er hat seine Ausstrahlung, seinen Charme
und seine Eleganz bewahrt.
Nach monatelanger Pause wegen einer Stimmbandoperation
hat er in der Wiener Staatsoper gestern Abend seine Glanzrolle im
„Liebestrank“ nicht nur wunderbar und mit viel Witz gespielt, sondern auch
mit großer Melancholie, Wärme und völlig intakter Tenorstimme gesungen.
Das
Publikum, das bereits bei seinem Auftritt die Vorstellung mit einem Applaus-Orkan
fast unterbrochen hätte, schien glücklich, den Tenor unversehrt wiederhören
zu können. Gäbe es eine Steigerung für das Wort ausverkauft, sie wäre an
diesem Abend angebracht gewesen.
Villazón hatte bei seinem Comeback das
Glück, eine junge russische Partnerin (Ekaterina Siurina) zu
haben, die mit Witz, guter Laune und ihrer wunderbaren Stimme ansteckend
wirkte.