Zum Abschied
Holender: "Opernball muss raus aus Oper"
10.02.2010
Staatsoperndirektor: Ball soll künftig in Hofburg stattfinden. Plus Interview.
Wenn sich heute die Pforten zum 54. Wiener Opernball öffnen, werden sich viele über die Feststiege drängen, die im Krisenjahr 2009 fern geblieben sind: Raiffeisen-Generaldirektor Christian Konrad, der vergangenes Jahr fehlte, feiert wieder. Ebenso Magna-Boss Siegfried Wolf, dessen Tocher debütiert. Auch die höchste Politiker-Riege tritt wieder beim Ball der Bälle an. Kanzler Werner Faymann bringt EU-Außenministerin Catherine Ashton, die ÖVP-Minister kommen geschlossen.
Debütanten bitten um Spenden für Haiti
Ob Lugner-Gast
und Skandalnudel Lindsay Lohan den Flug nach Wien schafft, blieb bis zuletzt
ungewiss. Der Baumeister rechnete trotz Lindsays Bewährungsauflagen fest mit
ihrem Erscheinen: „Sie ist vertraglich gebunden“, so Lugner.
Eine karitative Aktion hat sich Opernball-Lady Desirée Treichl-Stürgkh für die Haiti-Opfer einfallen lassen: Debütanten werden durch die Logen gehen und um Spenden ersuchen.
Grande Finale für
Ioan Holender
Sein großes Finale
wird Hausherr Ioan Holender zelebrieren – auch sein Sohn debütiert heuer.
Der längstdienende Staatsoperndirektor feiert den 11. und letzten Opernball
unter seiner Verantwortung. Im Juni endet Holenders 19-jährige Amtszeit. Aus
diesem Anlass wird er "gemeinsam mit dem Publikum ein Glas Champagner
trinken" und passenderweise "das Champagnerlied aus der
'Fledermaus' singen". Für alle Opernball-Veranstalter nach ihm hat er
eine brisante Idee: Der Opernball soll künftig nicht in der Staatsoper,
sondern in der Hofburg stattfinden...
Die Ansage des Staatsoperndirektors:
ÖSTERREICH: Wird der Opernball der große Holender-Abschied?
Ioan Holender: Als großen Holender-Abschied betrachte ich gar nichts. Ich erinnere mich nur, beim ersten Opernball, als ich 1992 mit Waechter die Direktion übernommen hatte, war ich gar nicht anwesend! Denn in der Nacht ist mein Sohn Livio geboren. Und ich erinnere mich auch, dass ich im Rudolfinerhaus war und der Arzt, der meine Frau entbunden hat, es eilig hatte, weil er noch zum Opernball wollte. Der ging, und ich ging nicht… Heuer erlebe ich den 11. Opernball in meiner Verantwortung, und ich werde mich mit drei, vier Worten vom Publikum verabschieden. Ohne Wehmut, ohne Schmerz.
ÖSTERREICH: Werden Sie auch singen?
Holender: Zum Abschluss trinken wir mit dem Publikum ein Glas Champagner und zitieren das "Champagnerlied" aus der "Fledermaus".
ÖSTERREICH: Sie hatten immer ein gespaltenes – sogar ablehnendes – Verhältnis zum Opernball.
Holender: Ich habe mich immer gefragt, und ich frage mich auch heute, weshalb man so einen Saal wie die Staatsoper, der für alles gebaut ist, nur nicht für einen Ball, mit einer enormen Investition zum Opernballsaal umbaut.
ÖSTERREICH: Sind Sie für die Abschaffung des Opernballes?
Holender: Ich stelle nach wie vor die Sinnhaftigkeit dessen zur Diskussion, dass man rund zwei Millionen Euro investiert, um ein Gebäude zweckentfremdend zu benützen.
ÖSTERREICH: Wo sollte der Opernball stattfinden?
Holender: Sie können sicher sein, dass man sich nach kurzer Zeit daran gewöhnen würde, wenn der Ball der Oper z.B. in der Hofburg stattfände…
ÖSTERREICH: Stört Sie die "Lugnerei" auf dem Ball?
Holender: Der ganze Zirkus wäre nicht so enorm, wenn man diesen Ball nicht stundenlang im ORF übertragen würde. Wenn ich etwas zu sagen hätte, wobei ich nichts zu sagen habe, dann würde ich mir wünschen, dass man die Fernsehzeit für den Opernball für Opernübertragungen verwenden würde.
ÖSTERREICH: Können Sie sich einen Opernball ohne Lugner vorstellen?
Holender: Ich habe mir den Opernball noch nie mit Lugner vorgestellt! Ich glaube, der Herr ist eine Randerscheinung, aber wir alle tragen dazu bei, dass ein gewerbetreibender Baumeister eine Werbung bekommt, die er, wenn er sie bezahlen müsste, gar nicht bezahlen könnte.
ÖSTERREICH: Sie haben sich immer bemüht, den Opernball zum Ball der Künstler zu machen.
Holender: Ich habe versucht, die Menschen daran zu erinnern, dass wir in diesem Gebäude an 299 Abenden, an denen kein Ball stattfindet, auch etwas tun. Ich habe junge Sänger präsentiert: die Garanca, die Netrebko, den Cura – die waren noch nicht so berühmt, als sie zum ersten Mal beim Opernball auftraten. Und ich habe auch immer wieder versucht, einen Zusammenhang mit der jeweils bevorstehenden Premiere herzustellen – Netrebko sang "Manon", Iveri und Vargas sangen "Eugen Onegin" …
ÖSTERREICH: Morgen gibt es in der leergeräumten Oper wieder die "Zauberflöte" für 7.000 Kinder.
Holender: Das ist die tiefere Berechtigung des Opernballs.
ÖSTERREICH: Herrenspende ist das 7 Kilo schwere Buch "Ioan Holender Close up". Und Ende Juni kommt Ihre neue Autobiografie…
Holender: Ganz richtig, das Buch hat den Titel „Ich bin noch nicht fertig – Erinnerungen“.
ÖSTERREICH: Man darf vermuten, dass es für Gesprächsstoff sorgen wird.
Holender: Ich hoffe, dass man es lesen wird. Christoph Hirschmann