'Fälscher'-Regisseur Ruzowitzky inszeniert 'Freischütz' im Theater
Der Freischütz von Carl Maria von Weber, 1821 in Berlin uraufgeführt, ist die berühmteste deutsche romantische Oper. Mit von dämonischen Kräften gestörten volksliedhaften Elementen wird die Geschichte des Jägerburschen Max erzählt, der durch einen Probeschuss Agathe, die reine Tochter des Erbförsters, zur Frau gewinnen soll und sich aus Versagensangst mit Samiel, dem schwarzen Jäger, verbündet. Mit dem finsteren Kaspar gießt er um Mitternacht in der gespenstischen Wolfsschlucht Freikugeln, mit denen er jedes Ziel treffen kann. Im Theater an der Wien hat am 19. April eine Neuproduktion des Freischütz Premiere – das Operndebüt des Oscar-dekorierten Filmregisseurs Stefan Ruzowitzky (Die Fälscher). Die Sprechrolle des Teufels Samiel spielt Fälscher-Star Karl Markovics.
ÖSTERREICH: Warum wechseln Sie vom Film zur Oper?
Stefan
Ruzowitzky: Ich wechsle nicht, weil Film immer meine Passion und
mein Kerngeschäft bleiben wird. Aber ich habe an der Oper Blut geleckt und
werde das sicher wieder machen. Ich empfinde die Oper als neue
Herausforderung, und ich bewege mich ja auch beim Film immer auf einem
anderen Terrain. Ich habe Horrorfilme, Kinderfilme, Mainstream und
Arthausfilme gemacht.
ÖSTERREICH: Welche Musik mögen Sie?
Ruzowitzky:
Ich bin ein musikalischer Allesfresser und benütze Musik im täglichen Leben
ganz pragmatisch. Je nach Stimmung und Laune höre ich Stücke, die mich
beruhigen oder anregen. Wenn ich mich erheben will, höre ich eine Passion
von Bach, wenn ich mich anturnen will, höre ich Rave.
ÖSTERREICH: Welche Relevanz hat „Der Freischütz“ für uns heute?
Ruzowitzky:
Ich interpretiere ihn als klassische Drogengeschichte. Max steht unter Druck
und hat Angst zu versagen. Sein Freund Kaspar führt ihn an einen düsteren
Ort, wo es Hilfe gibt: Die Freikugeln entsprechen dem Heroin. Kaspar und
Samiel haben eine richtige Junkie-Szene: „Ich kann nicht bezahlen“, sagt
Kaspar, „aber ich bringe dir einen neuen Kunden.“
ÖSTERREICH: Karl Markovics spielt den Samiel …
Ruzowitzky:
Er passt perfekt ins Anforderungsprofil, und es gibt eine große
Vertrauensbasis zwischen uns. Er fügt sich intuitiv in die Szenerie ein,
lauert beständig im Hintergrund, das Böse steht immer zur Verfügung. Samiel
ist die Droge, der Dealer, das attraktive Böse. Er ist keine Schiachperchte,
er muss sexy und verführerisch sein.
ÖSTERREICH: Sehen Sie Ähnlichkeiten zwischen Oper und Film?
Ruzowitzky:
Ich kann im Freischütz eine filmische Dramaturgie erkennen. Weber gibt in
seiner Komposition die Bewegungen und Aktionen der Figuren vor. Beim Film
ist die Arbeit umgekehrt, ich drehe die Aktionen und wähle dann die
Filmmusik aus. In der Oper habe ich die Musik, den Score, und inszeniere die
Bewegungen.