Die Frauen des Clans
Swarovski: Wer wird neue Kristall-Königin?
11.10.2011Konkurrenz für Fiona: Nadja Swarovski am Sprung in die Geschäftsführung.
Fiona Pacifico Griffini-Grasser ist eine sehr fantasievolle Frau. Ruft man sie am Handy an, kann es schon mal vorkommen, dass sie sich als ihre eigene Angestellte ausgibt und in ihrem unverkennbaren Timbre in perfektem Französisch raunt: „Ich bin nur die Assistentin. Fiona ist zurzeit in Amerika.“ So weit, so glaubwürdig. Schließlich ist die 46-Jährige eine Jetsetterin – heute hier, morgen da. Dummerweise ist Fiona derzeit aber definitiv da, denn nur wenige Stunden nach dem Telefonat wird sie leibhaftig am Wiener Naschmarkt erspäht. Samt ihrer vierjährigen Tochter Tara Gertrud, einem Kindermädchen und einem ihrer vielen Golden Retriever gönnt sie sich im beliebten Fischrestaurant Umar eine kleine Pause. Trotz einer Entspannungszigarette wirkt Fiona aber ein wenig genervt. Schließlich muss sie sich ständig kleine Notlügen einfallen lassen, weil rund um die Uhr lästige Journalisten anrufen. Die einen wollen sie über ihren Ehemann Karl-Heinz Grasser ausfragen, der für ihre Mutter Marina Giori gerne den Geldboten gespielt haben will und deswegen von der Justiz verfolgt wird. Andere wollen wiederum abchecken, was Fiona von ihrer neuen, großen Konkurrentin im Familienunternehmen hält.
Mit Disziplin an die Spitze
Das ist nämlich keine Geringere als Nadja Swarovski, die im Jänner zu einer der mächtigsten Frauen im Glitzer-&-Glamour-Clan wird. Da folgt die 40-Jährige nämlich ihrem Vater Helmut Swarovski in die Geschäftsführung nach. Natürlich war Nadjas Weg an die Unternehmensspitze kein Spaziergang, wie sie nicht müde wird zu betonen: „Die Narkosespritze war schon aufgezogen, doch ich war immer noch am Telefon mit meiner Sekretärin: ‚OK, noch schnell ein Brief an Tom Ford‘“, erinnert sich die toughe Businessfrau an jene turbulenten Stunden, kurz bevor sie ihren Sohn Rigby zur Welt brachte.
Nein, Nadjas Berufung ins Executive Board des Konzerns ist keine große Überraschung, sondern die Krönung einer eindrucksvollen Karriere. Bis dato glänzte die studierte Kunsthistorikerin, die mit ihrer Familie – Investmentbanker Rupert Adams und ihren drei Kindern – in London lebt, nämlich als Kreativ- sowie Kommunikationschefin. Als solche machte sie den Designern der Stunde Appetit auf die funkelnden Steinchen. So arbeitete Nadja beispielsweise mit Alexander McQueen zusammen und darf Diane von Fürstenberg zu ihren Freundinnen zählen. Dank ihres unermüdlichen Engagements, das Familienunternehmen vom Kitsch zu befreien und hip zu machen, zierten Swarovski-Steine beispielsweise schon den Vorhang der Oscarverleihung und die Kostüme der Hollywoodfilme „Moulin Rouge“ und „Black Swan“.
Karrieremäßig ist Nadja eindeutig auf der Überholspur. Das weiß natürlich auch Fiona, deren eigene Designprojekte zurzeit leider auf Eis liegen. Zumindest offiziell ist sie mit ihrer Cousine aber gut befreundet, denn in puncto Kindererziehung versorgt Fiona Nadja gern mit guten Tipps. „Ich schätze Fionas mütterliche Ratschläge sehr“, streut Nadja ihrer Verwandten Rosen, „denn ihre Kinder sind sympathisch und gut erzogen.“
Ich bin dann mal weg
In der Öffentlichkeit macht sich Frau Grasser zurzeit hingegen etwas rar, was auch die heimischen Veranstalter schon mit Schrecken feststellen mussten, die neuerdings ganz ohne Fiona feiern müssen. „Nach der Hausdurchsuchung, wo sogar ihre Privathandys konfisziert worden sind, will sie Ruhe haben“, weiß eine Bekannte.
Nur im Ausland wagt sich Frau Grasser noch auf das glatte Societyparkett. Eben dort, wo man den Namen Swarovski, der in Wahrheit ja so etwas wie ihr Künstlername ist, noch richtig zu schätzen weiß. Etwa in Venedig, wo Fiona auf so mancher Biennale-Party kürzlich die Nacht zum Tag machte. Oder in Flavio Briatores Billionaire Club auf Sardinien, der im Sommer so etwas wie ihr zweites Wohnzimmer ist. Hier ist sie jederzeit willkommen. Im Unterschied zum Familienunternehmen in Wattens, wo die Türen für Fiona leider immer noch geschlossen sind.
Konservativ vs. impulsiv
Und das, obwohl Fionas Mutter Marina Giori – die Frau mit dem höchsten Stimmanteil im Konzern (Jahresumsatz: 2,2 Mrd. Euro) – seit Jahren versucht, ihre Tochter im Unternehmen unterzubringen. „Die übrigen Familienmitglieder aber sind gegen Fiona, weil sie Angst vor ihrer impulsiven Art und ihrer kreativ-chaotischen Arbeitsweise haben“, formuliert es ein Freund der Familie. Trotzdem taucht Marina Giori, die in dritter Ehe mit dem Konsul Adalbert Lhota verheiratet ist, bei Familienfeiern in Tirol stets in Begleitung ihrer Töchter auf: der lebenslustigen Fiona und deren ruhiger Schwester Anouschka, die mit einem griechischen Reeder verheiratet ist und zurückgezogen in Griechenland lebt. Sie ist die Einzige, die nicht ins Familienunternehmen drängt und sich auch sonst nicht gern in den Vordergrund stellt.
„Wir halten zusammen.“
Abseits der Firma halten die Swarovskis, die sich zweimal im Jahr zu Familientreffen einfinden, nämlich durchaus zusammen. Zumindest, wenn es hart auf hart kommt. „Wir stehen füreinander ein“, formuliert es Fionas Nichte Victoria, die im letzten Jahr als Sängerin durchstartete. Der 18-Jährigen selbst stehen übrigens stressige Monate bevor. Derzeit büffelt Vicky nämlich für die Matura, die sie im Mai an einer bayrischen Privatschule ablegen wird. Gleich danach beginnen die Aufnahmen für ihr zweites Album. Für einen Freund hat die hübsche Blondine jedenfalls null Zeit: „Bei Familientreffen kommen alle meine Cousins und Cousinen stets mit ihren Partnern“, erzählt Victoria. „Und dann hänseln sie mich, dass mein Lover die Musik ist.“ Eine einträgliche Beziehung, immerhin, denn von ihren Tantiemen kauft sich Victoria demnächst ihr erstes Auto.
Wie weit es Julia Ronacher im Swarovski-Clan bringt, wird sich erst zeigen, doch die erste Hürde hat die 28-Jährige jedenfalls schon einmal erfolgreich genommen. Das Model aus Tirol eroberte nämlich Konzernsprecher Markus Langes-Swarovski, 37, der als einer der gefragtesten wie gejagtesten Junggesellen des Landes gilt. Seinen beiden Kindern, die aus seiner Ehe mit Exfrau Caroline stammen, ist Ronacher, bezeugen Freunde, eine liebevolle Stiefmama. Auf den Red Carpets dieser Welt macht sie Fiona & Co. jedenfalls schon einmal Konkurrenz. Doch die belebt ja bekanntlich das Geschäft...
"Out of Wattens, in die Welt hinein!"
Nadja Swarovski folgt ihrem Vater Helmut in die Geschäftsführung des Weltkonzerns. Im Welt-Interview beschreibt sie, was sie antreibt und wie sie aufwuchs.
Frage: Ihr Weg war vorgezeichnet. Im Familienunternehmen war Ihr Platz an der Spitze quasi reserviert. Sind Sie ein Fan der Frauenquote, die derzeit überall diskutiert wird?
Nadja Swarovski: Schwer zu sagen, das kann man nicht vergleichen. Ich bin ja wirklich praktisch aufgewachsen in der Fabrik. Mein Vater hat mich von klein auf mitgeschleppt, in die riesigen Schleifsäle mit den Schmelzwannen. Die Firma war mein Spielplatz, auf dem Gelände bin ich als Kind mit meinem Rad rumgerast. Was gab’s schon in Wattens, einer Felsspalte im Schatten? Morgens fuhr ich eineinhalb Stunden mit dem Bus in die Schule nach Innsbruck, mittags die gleiche Tour zurück. Nachmittags habe ich allein mit meinen Steinen gespielt oder, wenn das Wetter schön war, den Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel nachgeträumt und überlegt, wo die wohl hinfliegen, was hinter den Bergen steckt...
Frage: War der Name der Swarovksis ein Vorteil oder ein Nachteil?
Swarovski: In der Schule wurde ich oft gehänselt: „Ah, schon wieder die Swarovski...“ Dabei war ich eher so ein Tomboy und trug strenge Zöpfe und Hosen zum Auf-die-Bäume-Kraxeln. Viele Freunde hatte ich damals jedenfalls nicht...
Frage: Hand aufs Herz: Wie oft hatten Sie aufgeschlagene Knie?
Swarovski: Nie, denn da kennen Sie Ingenieure nicht. Mein Vater, haha – das sind die Pingeligsten von allen. Dreckige Finger und Verletzungen gibt’s da nicht. Sauberkeit und Sicherheit steht an erster Stelle. Und dazu Midwest! Meine rothaarige Mutter stammt ja aus Illinois, wo sogar Jeans Bügelfalten haben. Sie wollte immer Jazzsängerin werden. Stattdessen lernte sie meinen Vater kennen und landete in Wattens – voilà. Mit 13 kam ich dann endlich nach Salem ins Internat, danach ging ich nach Texas zum Studieren. An der Uni nannten mich alle Nadja S. Ich mochte das, anonym zu sein. Den Namen kannte eh keiner in Amerika, die konnten ihn nicht mal aussprechen.
Frage: Ihre Familie ist riesengroß. Wissen Sie überhaupt, wie viele Mitglieder sie hat?
Swarovski: Sicher. Derzeit sind wir insgesamt 150 Familienmitglieder.
Frage: Es heißt, es wird viel gestritten...
Swarovski: Ach was, klar. Meinungsverschiedenheiten gehören doch dazu. Es gibt unterschiedliche Visionen und Expansionsstrategien. Wir müssen uns halt immer wieder zusammenraufen. Aber wir sind auf einem guten Weg. Die fünfte Generation, also meine, rückt vor. Out ouf Wattens sozusagen, in die Welt hinein.