Mit 90 Jahren
Zilk-Chirurg Hanno Millesi ist tot
28.04.2017
Er operierte den Wiener Altbürgermeister nach dem Briefbombenanschlag.
Der Plastische Chirurg Hanno Millesi ist heute, Freitag, 90-jährig in Wien gestorben. Das teilte seine Frau Dagmar Millesi der APA mit. Der Arzt brachte es in seinem Fach zur Weltgeltung, er galt als Doyen der Handchirurgie. Er entwickelte neue Operationstechniken für Nerventransplantationen, die heute weltweit zum medizinischen Standard gehören.
"Ich habe mir als junger Plastischer Chirurg 'weiße Flecken' gesucht. Das war zunächst die Handchirurgie. Und dann war ich nicht zufrieden mit den Ergebnissen bei der Behandlung von verletzten Nerven", fasste Millesi im Gespräch mit der APA einmal sein Lebenswerk zusammen.
Am Anfang standen für den am 24. März 1927 in Villach in Kärnten geborenen Millesi das Medizinstudium in Innsbruck und die Ausbildung an der 1. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien unter Leopold Schönbauer. Dieser setzte zu einer Zeit, als viele Chirurgen noch Generalisten waren, auf Spezialisten für plastisch-chirurgische Eingriffe. Elisabeth Winkler wurde schließlich zu Millesis Lehrerin in dieser Disziplin ab 1955.
Er habe das Gefühl gehabt, dafür geeignet zu sein, "ich glaube, es ist das räumliche Vorstellungsvermögen, das einen für die Plastische Chirurgie begabt macht", sagte Millesi, der von 1982 bis 1995 Leiter der Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik am Wiener AKH und von 1996 bis 2010 Ärztlicher Direktor der Wiener Privatklinik war.
Die Handchirurgie und die Versorgung von Verbrennungsopfern wurden zu den Spezialgebieten Millesis. Im alten Wiener AKH gelang es dem Chirurgen, mit der Schaffung einer eigenen Abteilung auch die Versorgung von Patienten mit Verbrennungen an eine Spezialstation zu holen.
Seinen Weltruf verdankte der Chirurg der von ihm entwickelten Technik der Behebung großer Nervendefekte durch die Transplantation von Nervenfasern. "Man hatte schon längere Zeit versucht, solche Defekte zu überbrücken. Man nähte die Enden von abgetrennten Nerven auch unter Spannung wieder zusammen. Doch auch die besten Nahttechniken unter dem Mikroskop verbesserten die Ergebnisse nicht wesentlich", erinnerte sich Millesi, der ab 1962 begann, auch viele Zentimeter lange Nervendefekte durch die Transplantation entsprechend langer Nervenstücke zu überbrücken.
Doch dem stand ein Dogma entgegen: Die Plastischen Chirurgen glaubten, dass längere Transplantate schlechter wären. Die Ergebnisse der Operationsserien Millesis widerlegten diese Ansicht. Der Arzt hat tausende Patienten mit der "spannungslosen Nerventransplantation" selbst versorgt, international hat sich die Technik durchgesetzt.
So wurde Millesi zu einem international gesuchten Fachmann. Pionierleistungen erbrachte er speziell bei der Behebung von Plexus-Abrissen - also wenn beispielsweise alle Nervenfasern abreißen, die einen Arm oder ein Bein versorgen. Auch auf diesem Gebiet hat Millesi neue Strategien entwickelt. Ein Paradefall Millesis war Salvatore Ladu, italienischer Reiter, der jedes Jahr an dem weltberühmten Pferderennen auf dem Hauptplatz von Siena - dem "Palio" - teilnahm. Nach einem Unfall mit Plexus brachialis-Schaden schien seine Karriere beendet zu sein. Er konnte einen Arm nicht mehr bewegen. Nachdem ihn Millesi operiert hatte, siegte Ladu 1996 wieder in Siena.
Zahlreiche Prominente zählten zum Patientenkreis Millesis, der den Trend seines Fachs hin zur rein kosmetischen Chirurgie kritisch sah. So operierte er mit seiner Frau die verletzte Hand des Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk nach dem Briefbombenattentat 1993.
Millesi war in seiner langen Karriere u.a. Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Plastische Chirurgie, der Österreichischen Gesellschaft für Handchirurgie und der von ihm gegründeten International Society for Reconstructive Microsurgery. Er wurde u.a. mit dem Großen Ehrenzeichen für die Verdienste für die Republik Österreich ausgezeichnet.