Der „Bulle von Tölz“ Ottfried Fischer (55) spricht erstmals über seine Parkinson-Krankheit und welche Auswirkungen sie auf das Leben hat.
Im Februar 2008 der große Schock: Der beliebte Schauspieler Ottfried Fischer macht die Diagnose der heimtückischen Krankheit „Parkinson“ öffentlich. Heilung gibt es nicht, nur Medikamente können dem „Bullen von Tölz“ das Leben erträglicher machen.
Jetzt gab Fischer der Bild am Sonntag das erste, bewegende Interview über seine Krankheit und über sein neues Leben:
Frage: Sie drehen gerade zwei Folgen der Serie „Pfarrer Braun“. Stress?
Ottfried
Fischer: Oft stehe ich um sieben Uhr auf und werde abgeholt. Es geht dann ab
acht Uhr los, bis 17 Uhr, also etwa zehn Stunden. Nicht jeden Tag, aber es
ist eher die Regel als die Ausnahme.
Frage: Fällt Ihnen die Ausübung Ihres Berufes schwerer als vor Ausbruch
der Parkinson-Krankheit?
Fischer: Man ist in gewisser Weise
gehandicapt, aber nicht so, dass ich die Arbeit nicht schaffen würde. Hinzu
kommt, dass meine Vertragspartner wissen, was mit mir los ist und dem in
gewisser Weise Rechnung tragen. Es ist keine große Einschränkung.
Frage: Nicht mehr, als die altersbedingten Defizite …
Fischer:
Wer keine Krankheit hat, hat das Leben. Und das führt auch zum Tod.
Frage: Wie gehen Sie im Alltag mit Ihrer Krankheit um? „Ich schalte jetzt
mal mein Parkinson aus“ ist angeblich eine Antwort, mit der Sie gelegentlich
eine Regieanweisung parieren.
Fischer: Als mein Regisseur mich
aufgefordert hat, in einer Szene langsamer zu gehen, habe ich ihm genau das
gesagt. Ich will den Leuten, die mit mir zu tun haben, die Befangenheit
nehmen. Mein erster Satz bei einem Auftritt nach dem Outing beim
Aschermittwoch der Kabarettisten war: „Keine Angst, ich mache keine
Schüttelreime.“ Da hatte ich auch gleich den ersten Lacher und die Leute
haben sich dann getraut, über die anderen Gags zu lachen. Also, ich geh
locker damit um.
"Das Einzige was man schnell kann, ist schnell müde werden"
Frage: Hat sich Ihr Verhältnis zur Krankheit von der Diagnose bis heute
verändert?
Fischer: Ich versuche meine Krankheit zu
ignorieren, wo es geht. Ich nehme meine Pillen und werde auch dauernd daran
erinnert, weil das Leben ein Entschleunigungsprozess ist: Es läuft
langsamer. Was nicht nur schlecht ist, was aber ohne Parkinson schöner wäre.
Mein Verhältnis zu mir hat sich ein wenig verändert. Ich freue mich wieder
mehr über Zuspruch und über Menschen, die auf mich zukommen. Zuvor war ich
öfter und schneller genervt. Seit meiner Diagnose schätze ich das Leben
mehr. Und das, was ich mache.
Frage: Welche Auswirkungen hat die Krankheit? Sie zittern nicht.
Fischer:
Das Zittern tritt nicht bei jedem Parkinsonkranken auf. Ich habe zum
Beispiel fast keinen Tremor. Ich merke die Krankheit eher beim Gehen und
beim längeren Stehen, ich muss mich ständig neu koordinieren.
Frage: Bei der Arbeit stärker als beim Relaxen zu Hause?
Fischer:
Wenn ich nichts tue, habe ich das Gefühl, dass sich der Parkinson ein
bisschen mehr bemerkbar macht. Bei der Arbeit zieht er sich komischerweise
zurück. Meine Kabarettauftritte sind fast ein Elixier. Das baut mich unter
dem Strich mehr auf, als es mich anstrengt.
Frage: Können Medikamente die Krankheit aufhalten?
Fischer:
Höchstens verlangsamen. Eine Parkinson-Erkrankung konnte noch nie geheilt
werden. Geschweige denn, dass sich die Krankheit zurückgebildet hätte. Es
geht ganz einfach nur um Entschleunigen. Ich gewinne dem etwas Positives
ab: Ich darf entschleunigt sein, denn die Leute wissen, dass ich krank bin.
Dadurch habe ich die Freiheit, langsamer zu sein. Unterm Strich ist es so,
dass ich früher immer Zeitpläne gemacht habe – vom ersten Wort bis zur
Premiere. Jetzt stelle ich fest, dass ich meine Vorgaben trotz
Verlangsamung schneller erfülle als damals.
Frage: Gibt es elementare Einschränkungen?
Fischer: Ich
kann halt nicht mehr schnell aus dem Auto aussteigen. Der Liedermacher Fredl
Fesl, der auch Parkinson hat, hat mal einen schönen Satz gesagt: „Das
Einzige, was man noch schnell kann, ist schnell müde werden.“
Frage: Was macht Sie glücklich?
Fischer: Die Zufriedenheit.
Wenn ich das Gefühl habe, es ist okay, es läuft gut. Weil Glücklichsein eine
Frage von punktuellen Momenten ist. Das höhere Gut anzustreben, das ist die
Zufriedenheit.