Spanien

Letizia: Rettet sie die Monarchie?

07.06.2014


Nach dem plötzlichen Rücktritt des Königs steht Spaniens Monarchie auf sandigem Grund.

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© UK Press
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Die Nachricht kam für Spanien und den Rest der Welt völlig überraschen: Juan Carlos I., König von Francos Gnaden, kündigte dieser Tage seinen Rücktritt und die Übergabe des Throns an seinen Sohn Felipe an. Der Termin der Krönung steht bereits fest: Die Zeremonie soll schon am 19. Juni über die Bühne gehen. Damit bekommt Europa eine weitere bürgerlich geborene Königin – Felipes Frau Letizia. Im Interview mit ÖSTERREICH am SONNTAG erklärt Camilla Habsburg-Lothringen, die Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkelin von Kaiserin Maria Theresia und Kennerin des spanischen Königshauses, die Stärke von Letizia, der zukünftigen Königin: „In meinen Augen sind es genau jene Faktoren, die ihr zu Beginn von vielen vorgeworfen wurden. Dass Sie eine ‚Bürgerliche‘ sei und einen normalen Beruf ausgeübt hat, eine Scheidung hinter sich hat.“ (Siehe Interview unten.)

Kronprinzessin
Die ehemalige Fernsehsprecherin Letizia gilt als „Geheimwaffe“ der spanischen Bourbonen. Denn die Spanier haben, wie sie recht eindrucksvoll in Anti-Monarchie-Demos der letzten Tage kundgetan haben, genug von ihren in letzter Zeit arg skandalgebeutelten Royals. Letizia, Tochter eines Taxifahrers, gilt als willensstark und soll im Kronprinzen-Haushalt die Hosen anhaben. Die Spanier führen es auf diesen Umstand zurück, dass die Familie des Prinzen von Asturien, so der offizielle Titel Felipes, ein recht beschaulich-biederes Leben führt und sich von den Skandalen der restlichen Familienmitglieder fernhält. Im Gegenteil – man lebt äußerst volksnah.

Die Wahrscheinlichkeit, dass man im Kino plötzlich neben der Prinzessin, dem Kronprinzen und den beiden Infantinnen zu sitzen kam, galt bislang als gar nicht so gering. Felipe bringt seine Töchter morgens selbst in die öffentliche Schule, die schon er selbst besucht hat. Und mit seinem Schwager, Prinzessin Cristinas Mann, dem ehemaligen Handballspieler Iñaki Urdangarin, zeigt sich das Kronprinzenpaar nicht mehr in der Öffentlichkeit, seit dieser in eine Korruptionsaffäre verwickelt ist.

Kritik
Letizia ist neben ihrem Mann das populärste Mitglied der spanischen Royals. Doch auch die Prinzessin scheint in den Augen ihrer künftigen Untertanen nicht gänzlich ohne Makel. Mehrere Schönheits-OPs zwangen den Hof bereits zu einem Statement: Die Nase der Kronprinzessin sei aus Gesundheitsgründen korrigiert worden. Auch die Tatsache, dass sie immer dünner wird – ein Umstand, den informierte Kreise auf den Selbstmord ihrer Schwester Erica zurückführen – ließ in der Vergangenheit den Verdacht aufkommen, dass sie an Magersucht leidet und in Stresssituationen zu Rückfällen neigt. Und so beschaulich, wie sie bislang ihr Leben führen konnte, wird es ab dem 19. Juni für Königin Letizia wohl nicht mehr zugehen.

 

ÖSTERREICH: Wie gut kennen Sie das spanische Königshaus und Spanien?
Camilla Habsburg-Lothringen: Ich kenne das spanische Königshaus von meinen Kindheitstagen an. Ich bin zwar in Wimbledon geboren, habe aber den Großteil meiner Jugend in Spanien verbracht. Ich bin dreisprachig erzogen worden. Spanisch, englisch und deutsch. Wenn ich daran denke, dass ich schon als Kind auf dem Schoß von Juan Carlos gesessen bin, muss ich heute noch schmunzeln.

ÖSTERREICH: Wie groß war der Druck auf König Juan Carlos, dass er abgedankt hat?
Habsburg: Ich glaube nicht, dass es der Druck war, der ihn schlussendlich zur Abdankung motiviert hat, sondern eher das Gefühl, dass die Zeit gekommen ist, um die nächste Generation schalten und walten zu lassen. Plakativ gesagt, ist das nicht anders als in einem Familienunternehmen, wo sich der Firmengründer entschließt, das Unternehmen in die Hände der nächsten Generation zu legen. Ein weiser Lenker erkennt diesen Zeitpunkt und entscheidet danach.

ÖSTERREICH: Können Letizia und Felipe den Ruf der Monarchie in Spanien retten?
Habsburg: Ich weiß gar nicht, ob der Ruf der Monarchie so schlecht ist, wie er medial oft dargestellt wird. Spanien befindet sich schon seit Längerem in einer sehr angespannten Situation. Die enorme Jugendarbeitslosigkeit, die verarmende Mittelklasse – all diese Faktoren rufen die Unzufriedenen auf den Plan. Sie machen die Krise an einer Person oder an einer Familie fest. Und da bietet sich das Königshaus scheinbar sehr gut an. Ich persönlich habe nicht viel Verständnis für diesen Populismus.

ÖSTERREICH: Die zukünftige Königin Letizia stammt aus bürgerlichen Kreisen. Wie schwierig war es wohl für sie, sich ins spanische Hofzeremoniell einzuleben?
Habsburg: Das ist – wie man auch von anderen Königshäusern weiß – noch immer nicht ganz leicht. Dennoch muss man anmerken, dass sich diesbezüglich in den letzten Jahren sehr viel verändert hat. Als jüngste Beispiele seien hier das britische, schwedische und holländische Königshaus genannt. Aber Letizia ist ja bereits seit zehn Jahren mit Felipe verheiratet. Sie kennt das Hofzeremoniell also sehr gut.

ÖSTERREICH: Viele meinen, dass Letizia unter der Last des Amtes endgültig zerbrechen wird. Wie schätzen Sie das ein?
Habsburg: Das glaube ich nicht. Außerdem hat sie mit Felipe einen starken Mann zur Seite. Das hat man auch daran gesehen, dass er sich schlussendlich gegen seine Eltern durchgesetzt hat, um Letizia zu ehelichen.

ÖSTERREICH: Was zeichnet Letizia besonders aus?
Habsburg: In meinen Augen sind es genau jene Faktoren, die ihr zu Beginn von vielen vorgeworfen wurden. Dass Sie eine „Bürgerliche“ sei und einen normalen Beruf ausgeübt hat, eine Scheidung hinter sich hat und dergleichen. Doch genau dies sind auch ihre – um es neudeutsch zu formulieren – „Assets“. Damit ist sie in den Augen vieler eine „ganz normale Frau“, die nicht abgehoben ist, weil sie mit Themen konfrontiert war, wie jedermann bzw. jedefrau.

ÖSTERREICH: Wie modern ist die Monarchie in Europa mittlerweile – nach den Niederlanden tritt nun auch in Spanien die neue Generation auf den Thron?
Habsburg: Persönlich bin ich der Meinung, dass die Monarchie wieder eine Renaissance erlebt. Gerade in wirtschaftlich und sozial angespannten Zeiten sehnt sich die Bevölkerung nach Persönlichkeiten, die Standhaftigkeit symbolisieren und sich nicht politischen Strömungen und Populismen jeglicher Art zu unterwerfen haben.

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