ÖSTERREICH-Interview

Schiffer: "Ich hab immer ein schlechtes Gewissen"

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Supermodel Claudia Schiffer (36) über Karriere und Kinder, Gutenacht-Rituale, Erziehungsmethoden und das Geheimnis glamouröser Auftritte.

ÖSTERREICH: Frau Schiffer, Sie haben zwei Kinder, Caspar und Clementine, er ist drei Jahre alt, sie erst eins. Hat sich mit dem zweiten Kind viel verändert?
Schiffer: Das ist halt viel mehr Arbeit, plötzlich hat man zwei Kinder in der Badewanne, die nicht ertrinken dürfen. Und zwei Kinder, die man die Treppe hochschleppen muss. Alles wird ein wenig anstrengender.

ÖSTERREICH: Wie funktioniert das bei Ihnen - Kinder und Karriere?
Schiffer: Ein Kindermädchen zu haben erleichtert das Ganze natürlich. Trotzdem versuche ich, meinen Sohn Caspar morgens in den Kindergarten zu bringen. Und wenn ich nicht bei einem Foto-Shooting bin, sondern im Büro, dann hole ich ihn auch wieder ab. Bei allen wichtigen Terminen sei das ein Spielnachmittag mit meinen Freundinnen und deren Kindern oder ein Sporttag im Kindergarten oder eine Probe für ein Konzert bin ich dabei.

ÖSTERREICH: Wie viel Zeit verbringen Sie mit Ihren Kindern?
Schiffer: Ich bin meist diejenige, die morgens mit ihnen aufsteht und Frühstück macht. Wenn ich Termine in London habe, versuche ich, beim Abendessen dabei zu sein und die Kinder dann in die Badewanne und ins Bett zu bringen. Wenn ich reise, versuche ich das auf ein oder zwei Tage zu beschränken und immer mit dem letzten Flieger noch nach Hause zu kommen. Und ich vermeide, am Wochenende zu arbeiten. Ich mache jede Woche einen Zeitplan, in dem ich unsere playdates eintrage. Dann weiß ich, an dem Tag verbringe ich drei Stunden gute, konzentrierte Zeit mit meinen Kindern. Selbst wenn ich sehr viel zu tun habe, ist das eine heilige Zeit. Da klingelt kein Telefon und kommt keine Assistentin ins Zimmer. Auch wenn Clementine zur Malgruppe geht oder Caspar Fußball- oder Ballettunterricht hat, teile ich mir meine Arbeit so ein, dass ich mitkommen kann.

ÖSTERREICH: Ihr Sohn hat Ballettunterricht?
Schiffer: Es ist nicht Ballett im klassischen Sinn. Die lernen da eher Körperkoordination und mit beiden Füßen zusammen hochspringen. Das macht er mit seinem deutschen Freund, und das gefällt ihm ganz toll.

ÖSTERREICH: Ist es ein Problem für Sie, die Kinder einem Kindermädchen zu überlassen?
Schiffer: Doch, da hab ich immer ein schlechtes Gewissen. Selbst wenn ich sehr viel Zeit mit den Kindern verbringe, fühle ich mich immer schlecht, wenn ich zur Arbeit gehe. Innerlich hab ich das Gefühl, dass ich den ganzen Tag bei ihnen sein sollte, das gehört zum Muttersein.

ÖSTERREICH: Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihr Kindermädchen aus?
Schiffer: Sie muss eine pädagogische Ausbildung oder Erfahrung als Kindergärtnerin haben. Ich mag es nicht, wenn sie schon einen anderen Beruf davor ausgeübt hat, denn ich möchte jemanden, der diesen Beruf liebt und sich keinen anderen vorstellen kann. Gute Manieren sind wichtig. Es geht nicht, dass ich den Kindern eine Benimmregel erkläre und das Kindermädchen am nächsten Tag etwas anderes sagt. Da sprechen wir uns ab. Es besteht auch Einigkeit, dass die Kinder nur Bioprodukte zu essen bekommen. Zucker gibt es nur bei besonderen Gelegenheiten oder wenn sich eins der Kinder wehgetan hat. Ich kann auch schlecht mit jemandem arbeiten, der sehr jung, also unter 25 ist. Und natürlich muss mein Kindermädchen perfekt Deutsch können.

Bei Ihnen gibt es nur Bioessen und wenig Zucker?
Schiffer: Ja. Ich habe mir gerade bei Ikea so eine Plastikform für Eis-Lollis gekauft, da können wir jetzt zuckerfreies Eis aus Fruchtsaft selber machen.

ÖSTERREICH: Spielen Ihre Kinder zusammen?
Schiffer: Sie malen gemeinsam oder spielen mit Knete. Ich kann ihnen auch gemeinsam ein Buch vorlesen. Nur wenn Caspar Besuch von anderen Jungs bekommt, dann ist Clemmie allein

ÖSTERREICH: Was lesen Sie Ihren Kindern vor?
Schiffer: Nur deutsche Bücher. Was sie beide sehr mögen, sind diese großen, detaillierten Ravensburger Bilderbücher wie Das Dorf. Caspar liebt momentan alle Geschichten, die mit Wölfen und Füchsen zu tun haben. Also Rotkäppchen und Der Wolf und die Sieben Geißlein.

ÖSTERREICH: Wie gut sprechen Ihre Kinder Deutsch?
Schiffer: Caspar versteht es zwar, aber er wirft nur ab und zu ein paar Wörter ein. Er spricht Englisch mit mir und ich mit ihm Deutsch, ebenso das Kindermädchen. Ich wiederhole allerdings alles, was er auf Englisch sagt, noch einmal in meiner Muttersprache, damit er wenigstens weiß, wie sein Satz auf Deutsch lautet. Wenn mein Mann da ist, sprechen wir alle Englisch. Das Problem ist der Kindergarten, denn dort sprechen alle seine Freunde Englisch.

ÖSTERREICH: Haben Sie Rituale?
Schiffer: Wenn ich meine Kinder abends ins Bett bringe, läuft das immer gleich ab: Sie dürfen sich aussuchen, welche Bücher sie gerne hören möchten, und ich setze mich zu ihnen aufs Bett und lese vor. Manchmal erfinde ich auch eine Geschichte über irgendeinen Wolf oder Fuchs für Caspar. Und dann schlafen sie meistens sofort ein. Die Kinder dürfen, bevor sie ins Bett gehen, kurz noch eine deutsche DVD schauen. Am liebsten gucken sie die „Augsburger Puppenkiste“, und zwar die Geschichten von Jim Knopf und Urmel aus dem Eis.

ÖSTERREICH: Dürfen sie auch englische DVDs schauen?
Schiffer: Na ja, wenn mein Mann dabei ist, schon. Da kommt dann sofort „Shrek“ in den DVD-Recorder, das ist Caspars Lieblingsfilm.

ÖSTERREICH: Welche Werte sind Ihnen bei der Kindererziehung wichtig?
Schiffer: Respekt gegenüber seinen Mitmenschen finde ich sehr wichtig, ebenso Ehrlichkeit, ein gewisses Maß an Disziplin und gute Manieren. Ich lege viel Wert darauf, dass sie sich und ihre Talente frei entfalten können. Da bin ich nicht so streng. Wenn meine Kinder Klavier spielen möchten, dann ist das toll, wenn nicht – auch kein Drama.

ÖSTERREICH: Wie ziehen Sie Ihre Kinder an?
Schiffer: Ich bin leider so erzogen worden, die schönen Kleidungsstücke immer zu schonen. Neulich habe ich Caspar ein paar schöne Sachen gekauft und sofort gedacht: ‚Bloß nicht jeden Tag anziehen, damit sie nicht so schnell kaputt gehen', und bevor ich mich’s versah, waren sie ihm zu klein. Ich kaufe viel von „Petit Bateau“ – das sind sehr süße Kleidungsstücke, die sich leicht waschen lassen.

ÖSTERREICH: Hat sich Ihre Einstellung zur Mode verändert, seit Sie Mutter sind?
Schiffer: Am liebsten würde ich nur noch Kindersachen kaufen. Manchmal kaufe ich sogar Schuhe passend zu einem Outfit, obwohl das Schwachsinn ist, weil die Kinder in sechs Monaten schon wieder herausgewachsen sind. Es macht mir halt solchen Spaß.

ÖSTERREICH: Mode ist Ihnen immer noch wichtig?
Schiffer: Wenn ich auf eine Veranstaltung gehe, muss ich gut aussehen. In letzter Zeit trage ich immer mehr Vintage, alte Designerware. Hier in London, vor allem in der Portobello Road, sind viele Vintage-Läden, in denen es zwar viel Schrott gibt, aber dazwischen immer wieder echte Perlen, Kleider von „Chanel“ oder „Valentino“.

ÖSTERREICH: Hat sich Ihr Geschmack verändert, seit Sie Mutter sind?
Schiffer: Nicht wirklich, mir ist nur wichtig, dass die Sachen praktisch sein müssen, wenn ich mit den Kindern zusammen bin. Armbänder ziehe ich immer sofort aus, denn die könnten den Kindern wehtun.

ÖSTERREICH: Wie läuft das ab, wenn Sie sich für einen offiziellen Anlass anziehen?
Schiffer: Das dauert ziemlich lange. Zum Beispiel habe ich zwei Wochen vor der WM-Eröffnung angefangen, mir Sachen zusammenzusuchen. Ich wusste nicht, dass der Boden im Stadion rot sein würde. Erst wollte ich ein rotes „Givenchy“-Kleid tragen, aber dann wäre ich rot auf rot gewesen und gewissermaßen im Boden versunken. Aber ich hatte noch ein weißes Kleid von „Dolce&Gabbana“ und das schwarze von „Chanel“ als Alternative dabei. So eine Auswahl zusammenzustellen dauert. Ich brauche ja auch passende Schuhe, Handtasche und Schmuck. Die Leute von „Chopard“ und „Bulgari“ kommen bei mir vorbei, und ich schaue, welcher Schmuck zu welchem Kleid passt. Das alles ist ein enormer Aufwand.

ÖSTERREICH: Entscheiden Sie alles allein?
Schiffer: Ich habe eine Freundin, sie ist Stylistin. Wenn ich unsicher bin, frage ich sie. Oder ich mache ein Polaroid des Kleids und schaue, wie es im Blitzlicht wirkt. Manche Kleider sehen ganz anders aus, wenn man sie fotografiert.

ÖSTERREICH: Was sollte man bei wichtigen Anlässen vermeiden?
Schiffer: Das Etikett muss man herausschneiden. Ich hatte einmal bei den Filmfestspielen in Venedig ein ganz tolles „Versace“-Kleid an. Aber hinten war eine riesige Waschanleitung eingenäht, die ich übersehen hatte. Auf den Fotos hätte man fast lesen können, was da drauf stand. Schrecklich! Hautfarbene Schlüpfer sind essenziell, ebenso BHs, die nicht auftragen, am besten mit durchsichtigen Trägern.

ÖSTERREICH: Hat sich Ihr Leben durch das Muttersein verändert?
Schiffer: Vorher hat sich bei mir alles nur um die Arbeit und meinen Mann gedreht. Wenn ich jetzt eine Fotogeschichte mache, die nicht so gut geworden ist, dann hätte ich mich früher den ganzen Abend geärgert. Heute mit den Kindern ist das alles nicht mehr so wichtig. Da kommt man nach Hause, und sofort ist alles vergessen.

ÖSTERREICH: Hatten Sie vor Ihrem ersten Kind Angst um Ihre Figur?
Schiffer: Beim ersten Mal schon, denn ich wusste nicht, wie mein Körper auf die Schwangerschaft reagieren würde. Man weiß ja, dass einige Frauen sehr an Gewicht zunehmen und es dann nicht mehr schaffen abzunehmen. Aber dann habe ich nach dem Stillen so viel abgenommen, dass ich plötzlich viel zu dünn war. Ich muss aufpassen, dass ich genug esse.

ÖSTERREICH: Welche Sportart bevorzugen Sie?
Schiffer: Powerplay – das ist eine Maschine, die für russische Astronauten entwickelt wurde, die entkräftet aus dem Weltall zurückkamen und wieder schnell Muskelmasse aufbauen mussten. Diese Maschine vibriert, und alle Übungen wie Liegestütze oder Gewichtheben sind viel effektiver, weil die Muskeln mehr arbeiten müssen.

ÖSTERREICH: Mit Caspar haben Sie sich bald nach der Geburt für die „Vogue“ fotografieren lassen, er war auch in einem Werbefilm zu sehen. Von Clementine hat man bisher kaum etwas gesehen. Hat sich Ihre Einstellung geändert?
Schiffer: Wenn sich die richtige Geschichte mit dem richtigen Fotografen oder der richtigen Zeitschrift anböte, würde ich das wieder machen. Wenn man sagen kann, das ist schön, um sich später daran zu erinnern, ist es okay.

ÖSTERREICH: Wie schützen Sie Ihre Kinder vor dem Rummel um Ihre Person?
Schiffer: Ich versuche ihn herunterzuspielen. Wenn lauter Paparazzi vor der Tür stehen, fragt der Caspar natürlich, warum die Fotos von uns schießen. Dann sag ich ihm: Der findet dich eben hübsch und will ein paar Fotos von dir machen.

ÖSTERREICH: Würde es Sie ärgern, wenn Clementine als Teenager einen Modegeschmack entwickelte, der Ihnen widerstrebt?
Schiffer: Hoffentlich passiert das nicht! (lacht) Dann würde ich wahrscheinlich versuchen, sie auf eine andere Linie zu bringen. Vielleicht würde ich Alternativvorschläge machen, aber ihr nie vorschreiben, was sie anzuziehen hat. Ich bin keine Mutter, die sich Sorgen darüber macht, was die anderen Leute denken.

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