Regisseur wollte "moralisches Dilemma" in den Fokus rücken.
Die "Gier" treibt die Menschen an: So auch im gleichnamigen "Tatort"-Fall, der die Kommissare Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) am Sonntag (20.15 Uhr, ORF 2) mit einer emotionalen wie wirtschaftlich geprägten Dreiecksbeziehung konfrontiert. Regie führte dabei erstmals Robert Dornhelm: "Ich war mit dem Genre nicht vertraut, und mit dem 'Tatort' erst recht nicht."
Eingefühlt hat er sich nun in eine recht klassische, von Verena Kurth verfasste Kriminalgeschichte: Nach dem scheinbaren Unfalltod einer jungen Frau in einer Chemiefabrik kommen Eisner und Fellner auf die Spur des Familienunternehmens Wendler. Maria Köstlinger gibt dabei die durchtriebene Geschäftsfrau Sabrina Wendler, während Anian Zollner als ihr Ehemann Peter nach einer Attacke auf seine Frau in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sitzt. Das Geflecht komplettiert Michael Masula, der als sein Geschäftspartner nicht nur aufgrund einer Affäre mit Frau Wendler zwischen die Fronten gerät.
Zeitgemäß
"Es gibt ein Thema, und das ist die Gier", erläuterte Dornhelm die Grundidee des Films. Im Zentrum stehe dabei die "Gleichgültigkeit deinen Mitmenschen gegenüber, um deinen Reichtum zu vergrößern. Das ist das moralische Dilemma, um das es hier geht", so der Regisseur gegenüber der APA. Angesichts von Aktienspekulationen und der wirtschaftlichen Situation sei das Motiv auch "sehr zeitgemäß. Es trifft im Prinzip auf die gesamte Weltwirtschaft, auf uns alle zu. Hier kannst du es exemplarisch anhand von einem Fall darstellen. Das sind eigentlich alle sympathische, traurige Figuren. Es ist ja nicht so, dass es besonders böse Karikaturen sind."
Während sich dieses bewusste Abgrenzen von einer Schwarz-Weiß-Zeichnung durch den ganzen "Tatort" zieht, greift Dornhelm inszenatorisch zu recht konventionellen Mitteln des Kriminalfilms. Sein erster "Tatort" habe ihn auch deshalb gereizt, "weil ich gerne meinen Horizont erweitere. Das Einzige, was jetzt noch fehlt: Ich habe keine Tierfilme und keine wirklichen Sportfilme gemacht. Das würde mich sehr interessieren. Je mehr ich mich in allen Branchen meiner Industrie bewegen kann, desto glücklicher bin ich - weil ich dabei immer lerne."
Herantasten
Bei den Dreharbeiten zu "Gier" im Vorjahr musste man unter anderem mit Verzögerungen umgehen lernen, wiewohl das im Filmgeschäft zum täglichen Brot gehören dürfte. Anlass war die ursprüngliche Drehbuchversion. "Es ist ja kein Geheimnis, dass wir den Drehstart um eine Woche verschoben haben", erinnerte sich Dornhelm. "Gewisse Dinge im Drehbuch waren vom Realismus her schwer nachzuvollziehen, und das haben wir dann repariert." Grundsätzlich sei die Arbeit aber sehr lustvoll gewesen. "Es war ein spielerisches Herantasten an Figuren, an Charaktere, ein Versuch, das Leben nicht zu vernachlässigen."
Immerhin sei der "Tatort" ja mit einem eigenen, kleinen Kosmos zu vergleichen. Nachdem er eine Folge gesehen habe, sei Dornhelm überrascht gewesen angesichts der "Inside Jokes". "Von außen betrachtet sind das natürlich Figuren, die eine Vorgeschichte miteinander haben. Es gibt also Gags, die für viele lustig und verständlich sind, aber nicht für mich. Ich habe es als Kuriosum gesehen." Entsprechende Zweifel hatte er ursprünglich, ob er der Richtige für den Job sei. "Das Letzte was ich wollte, war einen 'Tatort' zu machen, der irgendwie daneben geht."
Die Zusammenarbeit mit dem Team habe er wiederum sehr genossen. "Es war äußerst professionell und liebenswürdig. Manchmal sagt man ja, dass Schwierigkeiten beim Dreh einen besseren Film machen. Oder wie Dostojewski meinte: Nur im Gefängnis kann man inspiriert werden. Die schöne Aussicht: eine Wand. Und Brot und Wasser, das ist die Inspiration für den Künstler", schmunzelte Dornhelm. "Aber das Gegenteil muss ja nicht schlecht sein, wenn man also Freude an der Arbeit hat."