Große Chance-Siegerin

Hödl: "Wir sind eine glückliche Familie"

18.11.2011

Sängerin Christine Hödl im Talk über ihre Familie, Liebe und künstliche Befruchtung.

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© TZ ÖSTERREICH/Bruna
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Sie hatte kaum jemand auf der Rechnung: Als der Scheinwerfer beim Die große Chance-Finale Christine Hödl (35) als Siegerin anstrahlte, war nicht nur die Sängerin selbst sprachlos. Während Glamour-Girl Conchita Wurst als Favoritin gehandelt wurde, konnte sich Sidos Liebling in die Herzen der Fernsehzuschauer singen.

Die Mutter eines acht Monate alten Mädchens ließ ihre Konkurrenten weit hinter sich: Unglaubliche 27,9 Prozent aller, die angerufen oder via SMS abgestimmt haben, taten das für die sympathische Sängerin. Und das, obwohl sie als bekennende Lesbe nicht ins idyllische Familienbild klassischer TV-Fans fällt.

Konkurrentin Conchita Wurst bekam trotz Omnipräsenz in den Medien nur magere acht Prozent. „Ich war überrascht, dass Conchita es nicht einmal unter die Top Drei schaffte. Das hätte ich ihr vergönnt“, sagt Christine Hödl.

Vom Fernsehstudio ging es gleich ab ins Tonstudio. Mit Falco-Produzent Thomas Rabitsch nimmt die burschikose Sängerin derzeit ihre erste CD auf. „Alle Songs stammen von mir.“ Noch im Dezember soll das erste Album auf den Markt kommen.

Seit vier Jahren im Glück
Zwischen den Aufnahmen kommt Töchterchen Luzia mit Christines Frau Jacqueline zu Besuch. Denn die große Chance im Privatleben nutzte Hödl schon vor vier Jahren. Damals startete die mutige Lovestory der beiden Kindergartenpädagoginnen. „Wir lernten uns bei der Arbeit kennen“, erzählt Hödl.

Dann ging alles Schlag auf Schlag. Trotz eines Altersunterschiedes von 13 Jahren war beiden Frauen schnell klar: Auch wenn ihre Partnerschaft viele Konventionen sprengt, wollte das Paar unbedingt eine Familie.

Kind durch Samenspender
Sie suchten nach einer Lösung. In Österreich ist es gleichgeschlechtlichen Paaren verboten, ein Kind mittels künstlicher Befruchtung zu bekommen. Den Ausweg fanden sie in einer dänischen Samenbank. Dort legte man den beiden Ladys eine Liste von 15 Samenspendern vor, aus der sie den biologischen Vater von Luzia aussuchen konnten.

Alle Spender waren maximal 25 Jahre alt und dänische Studenten. „Das Aussehen war uns nicht wichtig, aber wir achteten auf die Blutgruppe und auf die Größe. Damit mir Luzia nicht zu schnell über den Kopf wächst“, erzählt Hödl lachend.

Im August 2010 ließ sich das homosexuelle Paar die Partnerschaft in Wien eintragen. Vier Monate später kam Luzia zur Welt. Nun lebt die Familie in einer Wohnung in Wien-Hietzing. Und keiner findet was dabei.
 

"Meine Tochter hat zwei Mütter"

ÖSTERREICH: Frau Hödl, seit einer Woche leben Sie das Leben eines Shooting-Stars. Ist damit Ihr Traum in Erfüllung gegangen?
Christine Hödl: Der ganze Medienrummel ist für mich mehr Albtraum als Traum. Ich bin keine große Rednerin. Aber mit Thomas Rabitsch im Studio ein Album aufzunehmen, war immer schon ein Traum von mir.

ÖSTERREICH: Haben Sie sich schon entschieden, ob Sie jetzt Popstar oder weiterhin Kindergärtnerin sein wollen?
Hödl: Diese Frage beschäftigt mich derzeit am meisten. Ich wachse erst in das Business hinein. Bis Ende Dezember bin ich karenziert. Sollte das Album bis Jahresende fertig werden, muss ich schauen, ob ich die Stunden im Kindergarten reduzieren kann.

ÖSTERREICH: Wovon ist es abhängig, ob Sie die Musikkarriere wollen oder nicht?
Hödl: Natürlich auch davon, ob sich das Album gut verkauft oder nicht. Aber mein fixes Gehalt als Kindergartenpädagogin ist mir sehr wichtig, das möchte ich nicht aufgeben. Ein weiterer Punkt wäre, wenn ich meine Familie kaum sehen würde. Eine längere Trennung möchte ich nicht – selbst wenn mir die Musik sehr am Herzen liegt.

ÖSTERREICH: Was beim Finale auffiel, ist, dass Sie kein Wort auf der Bühne herausbrachten. Wurden Sie von den Emotionen überrollt?
Hödl: Ich habe mich auf der Bühne allein gelassen gefühlt und wurde den Reportern zum Fraß vorgeworfen. Dabei war mir nur danach, meine Familie zu umarmen.

ÖSTERREICH: Wer war von der Familie beim Sieg dabei?
Hödl: Meine Geschwister, meine Schwiegereltern und einige Freunde. Sie waren alle wahnsinnig stolz auf mich.

ÖSTERREICH: Und wo waren Ihre Eltern?
Hödl: Die waren nicht da, aber darüber möchte ich nicht sprechen.

ÖSTERREICH: Ist Ihre Frau Ihr Karrieremotor?
Hödl: Sie glaubt an mich mehr als ich an mich selber. Das hat mir in den letzten 14 Tagen auch viel Kraft und Stärke gegeben.

ÖSTERREICH: Die Überraschung des Abends war, dass Conchita Wurst trotz medialer Dauerpräsenz nur knapp 8 Prozent bekam. Was war Ihr Erfolgsgeheimnis?
Hödl: Beneidet habe ich Conchita nicht, denn während sie von einem Interview zum nächsten geschleppt wurde, konnten sich die übrigen Kandidaten in Ruhe auf das Finale vorbereiten. Aber ich war schockiert, dass Conchita nicht einmal unter die ersten drei kam.

ÖSTERREICH: Wie alt waren Sie, als Sie Ihre Familie damit konfrontierten, dass Sie Frauen lieben?
Hödl: Es war vor etwa zehn Jahren. Damals war ich 25 Jahre alt.

ÖSTERREICH: Und wie hat die Familie reagiert?
Hödl: Meine Eltern haben es akzeptiert, respektiert und toleriert. Und meinen drei Geschwistern war das ohnehin egal.

ÖSTERREICH: War es für Sie immer klar, dass Sie einmal eine Familie haben wollen?
Hödl: Der Wunsch nach einer eigenen Familie war bei mir immer da. Aber ich hatte von klein auf Angst vor der Geburt.

ÖSTERREICH: Wie teilen Sie sich die Arbeit für Ihre acht Monate alte Tochter Luzia?
Hödl: Es hat bei uns keiner den weiblichen oder den männlichen Part. Wer zuerst kommt, mahlt auch zuerst. Kochen kann ich nicht. Das macht ausschließlich die Jacqueline. Nachdem ich vor der Großen Chance noch 40 Stunden gearbeitet habe, hat die Jacqueline den Hauptpart übernommen.

ÖSTERREICH: Irgendwann wird Luzia realisieren, dass sie zwei Mütter hat. Was werden Sie antworten, wenn Luzia fragt: Warum haben andere Kinder einen Papa und ich nicht?
Hödl: Das glaube ich nicht, dass Luzia diese Frage stellen wird. Denn für sie ist das von klein auf eine normale Situation. Aber es kann natürlich für die Kinder in Luzias Umfeld zu einem Problem werden.

ÖSTERREICH: Und wie wollen Sie Ihre Tochter vor unangenehmen Bemerkungen schützen? Kinder sind oft beinhart …
Hödl: Spätestens im Kindergarten wird es sicher zu solchen Situationen kommen, wo sich Luzia durchsetzen muss. Aber in diesem Bewusstsein wollen wir sie zu einem selbstbewussten Mäderl erziehen, damit negative Erfahrungen an ihr abprallen.

ÖSTERREICH: Wie lange hat der Prozess gedauert, bis Sie sich mit Ihrer Partnerin entschlossen haben, auch ein Kind zu bekommen?
Hödl: Jacqueline habe ich mit Kinderwunsch kennengelernt und sie mich eigentlich auch. Uns war immer klar, dass wir den Schritt machen werden.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?
Hödl: Wir haben uns über den Job kennengelernt. In den ersten beiden Jahren war es nur ein Beschnuppern, bis es dann wirklich ernst wurde.

ÖSTERREICH: Wie schwierig war es, eine Klinik zu finden?
Hödl: Wir haben recherchiert und sind nach langer Zeit erst auf diese Klinik in Kopenhagen gestoßen. Dort wollten wir herausfinden, ob wir uns wohlfühlen oder ob hier Eltern nur abkassiert werden.

ÖSTERREICH: Wie sucht man sich den Vater aus?
Hödl: Man bekommt eine Liste mit rund 15 Spendern. Von ihnen gibt es eine detaillierte Beschreibung wie Größe, Haarfarbe, Gewicht, Augenfarbe und Ausbildung. Die Spender sind maximal 25 Jahre alt. Es sind ausgewählte dänische Hochschulstudenten. Uns war die Blutgruppe wichtig. Bei der Größe haben wir geschaut, dass wir keinen zu großen Spender nehmen, damit mir Luzia nicht zu schnell über den Kopf wächst.

ÖSTERREICH: Was passiert, wenn Luzia einmal wissen möchte, wer ihr Vater ist?
Hödl: Den Vater kann sie nicht kennenlernen, sondern den Spender. Aber prinzipiell wäre das kein Problem, weil wir uns für einen offenen Spender entschieden haben. Für Luzia ist es sicher einmal wichtig, zu wissen, woher sie kommt. Und diese Möglichkeit wollten wir ihr nicht nehmen.

ÖSTERREICH: Sie sind in der letzten Woche mit vielen Fragen konfrontiert worden: Was war die dümmste?
Hödl: Ob Luzia zu mir Papa sagt.

ÖSTERREICH: Und Luzia sagt Mama?
Hödl: Im Moment ist Jacqueline die Mama und ich die Mami. Und sollte sie einmal zu mir Christine sagen, ist es auch okay.

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