Österreich I

Portisch: Comeback einer Legende

27.01.2013

Am Samstag startet im ORF Neufassung der legendären Doku-Reihe „Österreich I“.

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Hugo Portisch (85) ist eine Bastion des österreichischen Journalismus. Besonders populär wurde er durch seine legendären politischen Kommentare im ORF – und durch seine damals völlig neue und bahnbrechende Dokumentations-Serie Österreich I. Diese wird jetzt in einer Neufassung auf ORF III wieder ausgestrahlt: Am kommenden Samstag (2. 2., 20.15 Uhr) startet die 12-teilige Serie, die sich mit dem Zusammenbruch der Monarchie, der 1. Republik und dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland beschäftigt. Letzterer jährt sich im März zum 75. Mal.

Die Neufassung von Österreich I unterscheide sich durch die Konvertierung in ein neues Format. Inhaltlich ging es darum, die Serie in Kommentaren – so Portisch – „neu zu schärfen und zu vertiefen“.

„Die angebliche Opferrolle Österreichs war falsch“
Gröbere Korrekturen seien nicht nötig gewesen. Denn: „Als wir Österreich I drehten, beschäftigte die Affäre Waldheim das Land. Und wir legten ein besonderes Augenmerk auf die Rolle Österreichs im Nationalsozialismus. Die bis dahin gängige These: ,Wir waren Hitlers Opfer‘ erwies sich als falsch! Und so befassten wir uns in sechs von zwölf Folgen mit dem ,Anschluss‘ und seinen Folgen. Und da gibt es nichts zu revidieren.“

ÖSTERREICH: Was können wir aus der Geschichte der 1. Republik lernen?
Hugo Portisch: Es gibt erstaunliche Parallelen! Vor dem Zusammenbruch der Monarchie gab es 16 Nationen, die – von Krakau bis Triest – dieselbe Währung hatten, keine Grenzen, und die vielen tschechischen Namen im Wiener Telefonbuch sind ja legendär … Dann wurden Staaten gebildet, Grenzen gezogen, Zollmauern errichtet, jeder Staat hatte seine eigene Währung.

ÖSTERREICH: Und Österreich stand unter Schock.
Portisch: Für sich genommen, stand Österreich nicht so schlecht da: 50 % der Industrie waren hier angesiedelt, 60 % der Eisenerzproduktion – was die Nazis später als willkommene Beute betrachteten. Und auch die geistige Kapazität war enorm: Wir hatten 10 Nobelpreisträger!

ÖSTERREICH: Aber …?
Portisch: Aber es gab Zollmauern, wir konnten nichts mehr exportieren. Der Effekt waren Massenarbeitslosigkeit und Hyperinflation – Österreich war 1922 pleite! So pleite wie heute Griechenland.

ÖSTERREICH: Damals gab es ja auch so eine Art „Rettungsschirm“ für uns.
Portisch: Es gab einen „Rettungsschirm“ über 500 Mio. Goldkronen, und die Bedingungen erinnern an die Auflagen der „Troika“: Verwaltungsreform, Pensionskürzungen, Schließung von Schulen und Spitälern … Die Folge war, dass letztendlich viele – nicht alle – am Heldenplatz Hitler zujubelten.

ÖSTERREICH: Derzeit plädieren einige Politiker für einen Austritt aus der EU. Alarmiert Sie das?
Portisch: Camerons Drohung ist eine besondere Frechheit! Er will für die Briten – nach dem Motto „Splendid Isolation“ und ganz in der Thatcher-Tradition – alle Vorteile des gemeinsamen Marktes. Aber für andere zahlen will er nicht. Da hat ihn Faymann zu Recht scharf kritisiert.

ÖSTERREICH: Könnte sich Österreich einen Austritt aus der EU leisten?
Portisch: Ein kleines, auf Export angewiesenes Land wie unseres würde in der Luft verhungern!

ÖSTERREICH: Strache und Stronach wollen aber eine Volksbefragung zum Austritt …
Portisch: Die fordern das, um Stimmen zu gewinnen. Dass ein Austritt Österreichs aus der EU ein Blödsinn wäre, weiß der Strache genau. Ob’s der Stronach weiß – da bin ich mir nicht so sicher …

ÖSTERREICH: Was halten Sie von Volksbefragungen?
Portisch: Ach, das wird jetzt als „großer Schritt zur direkten Demokratie“ gepriesen …! Aber denken Sie nur an die Heeres-Befragung: Die wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn die Regierung einen fixen Plan gehabt hätte, über den das Volk dann hätte abstimmen können … Wie das in der Schweiz geht: Da schlägt die Regierung etwas vor und das Volk sagt „Ja“ oder „Nein“.

ÖSTERREICH: Wie würde eine Volksabstimmung über einen Austritt Österreichs aus der EU ausgehen?
Portisch: Auch hier müsste die Regierung einen fixen Vorschlag – für den Verbleib – formulieren. Und da wäre ich mir sicher, dass die große Mehrzahl der Österreicher nicht mit den populistischen Verführungsrufen liebäugelt.

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