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80 Prozent werden nicht erkannt

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Wahrscheinlich nur die Hälfte der diagnostizierten Personen in Behandlung.

Schlimme und sich nur langsam bessernde Situation in Österreich: Die Suizidraten sind zwar seit Jahren rückläufig, doch noch immer befindet sich die Alpenrepublik im europäischen Vergleich im oberen Drittel. Mit ein Grund dafür: 80 Prozent der Depressionen bleiben unerkannt, nur die Hälfte der diagnostizierten Patienten kommt in Behandlung. Darauf verwiesen Experten bei der Präsentation der Initiative "Lichtblick. Stopp Suizid!" in Wien.

Nur ein Minumum der Betroffenen wird behandelt

"Wir haben eine Situation, wie wenn man einem Rollstuhlfahrer eine Hilfestellung im ersten Stock ohne Lift anbietet. Maximal 20 bis 30 Prozent der bestehenden Depressionen werden erkannt. Und von denen fällt die Hälfte in der Behandlung weg. Nur ein Minimum der Betroffenen wird behandelt", sagte Michael Musalek, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Sowohl bei der medikamentösen Behandlung als auch in der Psychotherapie gebe es eine hohe Hürde bis zur Erhältlichkeit von Hilfe, was sich bei typischerweise antriebslosen Patienten umso negativer auswirke.

Die Initiative will den Suizid zu einem öffentlichen Thema machen. Grund genug gäbe es dafür. Reinhold Fartacek, Leiter des Sonderauftrages Suizidprävention an der medizinischen Privatuniversität in Salzburg: "Im gesamtösterreichischen Verlauf ist die Suizidrate von Anfang der 1960er-Jahre bis Mitte der 1980er-Jahre steil angestiegen - auf 24 Suizide pro 100.000 Einwohner. Seither sinkt die Rate. Wir stehen heute bei 13 pro 100.000 Einwohner und Jahr." Das sind derzeit pro Jahr rund 1.300 Suizide, rund die doppelte Zahl an Opfern wie im Straßenverkehr. Das Thema wird aber im Gegensatz dazu weiterhin tabuisiert. Bedenklich: In Österreich steigt derzeit die Selbstmordrate unter den Hochbetagten an.

"Neue Perspektiven verschaffen"
Musalek: "Das Thema macht hoch betroffen, ist aber kein wirklich öffentliches Thema." Man hätte durch Berichterstattung im Sinne eines "Werther"-Effektes Angst vor Imitationseffekten gehabt. Doch die Schilderung von positiven Beispielen, wie Menschen aus solchen Krisen wieder heraus kämen und die Darstellung von Hilfsangeboten hätte auch einen positiven Effekt. Der Psychiater: "Die Ausweglosigkeit der Betroffenen ist keine Ausweglosigkeit, sie ist eine Aussichtslosigkeit." Hier könne man eingreifen und Gefährdeten wieder neue Perspektiven verschaffen.

Unerhört wichtig ist das Engagement von Angehörigen von Depressiven oder gar Selbstmordgefährdeten. Psychotherapeutin Hermine Pokorny, die eine Selbsthilfegruppe "Angehörige nach Suizid" moderiert: "Angehörige haben eine ganz wesentliche Rolle. Sie bemerken als erste, dass sich jemand vielleicht plötzlich zurückzieht, gedrückt und resigniert wird. Wichtig ist es, die Zeichen zu erkennen und mit dem Betroffenen darüber zu sprechen." Die Angehörigen dürften sich aber in ihren Bemühungen auch nicht selbst aufgeben und selbst verzweifeln.

Dass sich eine gesellschaftliche Anstrengung zur Suizidprävention lohnt, zeigte offenbar das Beispiel Salzburg. Dort wurden zehn Gesundheitsziele von der Landesregierung formuliert, unter denen sich auch der Schwerpunkt der Verhinderung von Selbstmorden findet. Fartacek: "Wir konnten in zehn Jahren in Veranstaltungen rund 30.000 Menschen erreichen. Wir haben zum Beispiel 400 Polizisten im Verhalten in solchen zugespitzten Situationen ausgebildet. In den vergangenen neun Jahren kam es in unserem Bundesland zu einer Reduktion der Suizidrate um 25 Prozent." Die Experten schätzen, dass man zumindest jeden zweiten Selbstmord verhindern könnte.

Mehr Infos: www.kriseninterventionszentrum.at; www.suizidpraevention.at; www.psd-wien.at

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