Jugendliche gefährdet. Substitution als neuer Therapieansatz.
900.000 Österreicher konsumieren Alkohol in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß, 300.000 sind alkoholkrank. Schwerwiegende Krankheiten sind die Folge. Wie wichtig es ist, bei der Prävention anzusetzen, zeigen die erschreckenden Zahlen bei Jugendlichen: Über 21 Prozent der Mädchen gaben bei einer Umfrage 2010 unter Studenten an, mehrmals pro Woche Alkohol zu trinken, bei den Burschen waren es sogar über 38 Prozent, wie Experten am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien berichteten.
Alkoholmissbrauch
Bei der Befragung unter jungen Stellungspflichtigen (2002) kam heraus, dass bereits 15 Prozent Alkoholmissbrauch begehen, drei Prozent seien bereits abhängig, sagte Nestor Kapusta von der Universitätsklinik für Psychoanalyse und Psychotherapie anlässlich des 13. Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Biomedizinische Forschung über Alkoholismus vom 4. bis 7. September im Wiener AKH. 70 Prozent gaben an, sie würden Bier, Wein und Co. trinken, weil es ihnen schmeckt, 30 Prozent trinken ihn wegen der Wirkung.
Umfeld prägt
Prägend für eine eventuelle Sucht bei Jugendlichen ist vor allem das Umfeld, ihre Freunde und Familie, aber auch die Gesellschaft. Häufig werde auch Nikotinkonsum als früher Risikofaktor Alkoholabhängigkeit und Konsum anderer psychoaktiver Substanzen gesehen, sagte Kapusta. Auch das Temperament von Jugendlichen seien prädisponierend für Alkohol, Nikotin und Cannabismissbrauch. Junge Menschen, die leicht reizbar, zornig, irritabel sind oder Konzentrationsschwächen aufweisen und wechselhaft in ihrer Stimmung sind, haben ein höheres Risiko eine Abhängigkeit zu entwickeln, erklärte Kapusta.
Schlimme Folgen
Die Folge von regelmäßigem Alkoholmissbrauch: Die Lebenserwartung von Abhängigen ist um 20 bis 25 Jahre verkürzt, sagte Michael Trauner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der Universitätsklinik. "In der EU ist Alkoholmissbrauch bereits die dritthäufigste Ursache - hinter Nikotin und erhöhtem Blutdruck - eines vorzeitigen Todes bzw. einer chronischen Krankheit", so der Mediziner. Folgeschäden betreffen nicht nur die Leber (u.a. Fettleber und Zirrhose), sondern auch den Magen-Darm-Trakt, die Bauchspeicheldrüse, das Herz, die Niere, die Muskulatur, das Blutbild und das Nervensystem.
Von dem "gesunden Achterl Rotwein" ist Österreich weit entfernt: 23 Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen trinken bereits über die Gefährdungsgrenze. Das heißt Männer trinken dazu pro Tag etwa 1,5 Liter Bier oder 0,75 Liter Wein und Frauen trinken pro Tag einen Liter Bier oder 0,5 Liter Wein, erklärte Trauner.
Abstinenz
Während in den USA und den deutschsprachigen Ländern Europas die absolute Abstinenz nach wie vor das erklärte Therapieziel von Alkoholsüchtigen darstellt, beschreiten andere Länder bereits neue Wege. Gute Erfolge erziele man etwa mit "Cut down drinking", wobei die Trinkmenge langsam reduziert wird. "Es ist ein Unterschied, ob ich von vier Liter Wein pro Tag auf null runtergehe oder nicht", sagte Henriette Walter von der Medizinischen Universität Wien, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie. Mittels Medikamentenunterstützung, Trinktagebuch und regelmäßigen Kontrollen könne ein stationärer Aufenthalt vermieden werden. Ein neuer Weg ist auch der Entzug mittels Substitutionstherapie, wie es bereits bei der Drogensucht üblich ist.