Studie der AGES zeigt: Viel zu wenige lassen sich gegen Grippe impfen.
Worauf schon vor Jahren eine Analyse der jährlichen "Übersterblichkeit" in der österreichischen Bevölkerung während der Influenza-Wellen hingedeutet hat, wurde vor kurzem quasi offiziell bestätigt: Eine Studie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) belegt, dass zwischen 2001 und 2009 jährlich rund 1.000 Österreicher an der Influenza gestorben sind - Tendenz steigend. Gleichzeitig gab es vergangenes Jahr weniger Influenza-Impfungen als je zuvor.
Übersterblichkeit
"Die in Österreich mit der saisonalen Influenza in Verbindung stehende Übersterblichkeit zeigte die höchsten Werte in den Saisonen 2002/2003 (1.060 mehr Tote), 2004/2005 (1.102 mehr Tote) und 2008/2009 (1.192 mehr Tote). Der beobachtete steigende Trend ist parallel zum wachsenden Anteil der österreichischen Bevölkerung im Alter über 65 Jahren im selben Zeitraum (2001: 15,5 Prozent; 2009: 17,5 Prozent)", heißt es in der englischen Zusammenfassung der Studie, die zunächst Online in der Wiener Klinischen Wochenschrift erschienen ist. H. W. Kuo und weitere Experten der AGES, unter ihnen der Fachbereichsleiter für Humanmedizin und Mikrobiologe Franz Allerberger, sind als Autoren genannt.
Komplikationen
Immer wieder ist in Österreich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten darauf hingewiesen worden, dass es viele Indizien dafür gibt, dass wesentlich mehr Menschen an der Influenza sterben als es die offiziellen Statistiken erscheinen lassen: Als Todesursache werden nämlich bei den Opfern zumeist nicht die Influenza, sondern "nur" die Komplikationen vermerkt: bakterielle Pneumonie, Herz-Kreislauf-Versagen, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) etc.
Die neuen österreichischen Ergebnisse stehen nicht "allein auf weiter Flur". Die Autoren von der AGES: "Unsere Resultate zur Übersterblichkeit aufgrund der saisonalen Influenza zeigen Übereinstimmung mit Schätzungen in Deutschland und in der Schweiz, die mit ähnlichen Methoden durchgeführt wurden."
1500 Todesopfer
Eine noch unveröffentlichte Public Health-Analyse des Instituts für Sozialmedizin der MedUni Wien zeigt auf, wie groß das Influenza-Problem jedes Jahr in Österreich ist. Institutsleiter Michael Kunze: "Während einer Influenza-Saison erkranken in Österreich durchschnittlich 350.000 bis 400.000 Menschen. 4.400 davon müssen stationär im Krankenhaus behandelt werden. Während der Wintermonate ist die Sterblichkeit durchschnittlich um 16 Prozent höher als während des restlichen Jahres. Wir kommen auf rund 1.500 Todesopfer durch Influenza-Komplikationen. Alle Berechnungen deuten in die gleiche Richtung hin."
Vorbeugende Impfung
Das einzige wirklich effektive Mittel gegen die Influenza wäre die vorbeugende Impfung
. Doch gerade da liegt Österreich im internationalen Vergleich schon immer ausgesprochen schlecht. In den vergangenen Jahren ließen sich immer weniger Menschen impfen. Kunze: "2010/2011 hatten wir ein All-Time-Low mit nur 730.000 Dosen Vakzine und einem Durchimpfungsgrad von nur noch 8,7 Prozent." 2006/2007 war ein im internationalen Vergleich noch immer niedriger Spitzenwert mit 12,9 Prozent Immunisierten in der Bevölkerung (1,174.000 Dosen Impfstoff) erreicht worden.
In der "Schweinegrippe-Saison" 2009/2010 kamen laut dem Sozialmediziner zu den 978.000 Dosen an saisonalem Impfstoff (Durchimpfungsgrad 11,7 Prozent) noch rund 400.000 Dosen an A(H1N1)-Vakzine hinzu. Doch niemand weiß, wie viele Österreicher sich damals mit dem Pandemie-Impfstoff wirklich immunisieren ließen. Die saisonale trivalente Influenza-Vakzine für 2011/2012 enthält Antigene gegen A/California/7/2009 (H1N1/Schweinegrippe), A/Perth/16/2009 (H3N2) und B/Brisbane/60/2008