Verloben ist in
Österreicher pfeifen auf Ehevertrag
14.06.2013Nut fünf von 100 haben einen. Fast 60 Prozent sind vor der Hochzeit verlobt.
Nur fünf von 100 verheirateten Österreichern haben einen Ehevertrag abgeschlossen. Das hat eine Umfrage im Auftrag der Österreichischen Notariatskammer ergeben. Viel mehr im Trend liegt da die Verlobung: Fast 60 Prozent geben vor der Vermählung ein solches Eheversprechen ab.
Verlobung im Trend
Besonders beliebt ist das Verlöbnis bei den 20- bis 39-Jährigen. Drei Viertel der Befragten dieser Altersgruppe waren laut der Erhebung vor der Heirat verlobt. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind es 62 Prozent, bei der Generation 50plus knapp die Hälfte. Mehr als 70 Prozent der unverheirateten Befragten - Ledige, Verwitwete und Geschiedene - gaben an, sich vor einer (neuerlichen) Heirat (erneut) verloben zu wollen. Bei den 20- bis 24-Jährigen sind es gar 93 Prozent, bei den über 50-Jährigen planen knapp 42 Prozent ein (neuerliches) Eheversprechen. Im Detail gaben knapp die Hälfte der Geschiedenen und ein Drittel der Verwitweten an, vor einer Heirat erneut ein Verlöbnis eingehen zu wollen.
Rechtliche Folgen
Die Verlobung hat ihren Ursprung übrigens im Brautkauf, Mitgift und Eheversprechen wurden vom Bräutigam und dem Vater der Braut per Handschlag besiegelt - daher stammt der Ausdruck "Er hält um die Hand an". Noch heute zeitigt ein Verlöbnis bei Auflösung rechtliche Folgen. Der oder die Sitzengelassene hat Anspruch auf Schadenersatz für Ausgaben wie Brautkleid, Frack, Hochzeitsreise und Saalmiete für die Feierlichkeiten. Ob Verlobungsringe getauscht wurden, ist rechtlich unerheblich.
Nicht nur Verloben, auch das Heiraten ist wieder "angesagter": 2012 traten fast 40.000 Paare vor den Traualtar, ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Scheidungsrate liegt österreichweit aber immer noch bei knapp 43 Prozent.
Scheidungsraten
Der Vergleich mit einer Studie aus dem Jahr 2010 zeige, dass trotz unverändert hoher Scheidungsraten Eheverträge kein großes Thema sind, sagte der Wiener Notar Markus Kaspar im APA-Gespräch. "Das zeigt uns, dass die Menschen immer noch glauben, dass der Staat im Falle einer Scheidung ohnehin alles regelt. Das stimmt aber nur teilweise."
Immerhin 53 Prozent der Befragten gaben an, bei einer (erneuten) Heirat auf jeden Fall einen Ehevertrag abschließen zu wollen. Im Jahr 2010 konnten sich das nur 38 Prozent vorstellen. Männer planen eine solche Vereinbarung laut Umfrage zu 56 Prozent, bei den Frauen ist es fast jede zweite. Jüngere sind weniger abgeneigt: Zwei Drittel der Befragten zwischen 20 und 24 Jahren wollen im Fall einer Heirat das Finanzielle rechtlich bindend geregelt haben. Ausgerechnet Geschiedene haben hingegen kein erhöhtes Bedürfnis danach: Sie erwägen einen Ehevertrag vor einem neuerlichen Gang aufs Standesamt nur zu knapp 48 Prozent.
"Nicht sehr romantisch"
"Liebe und existenzielle Fragen gehören getrennt betrachtet und in harmonischen Zeiten geklärt", rät Kaspar. Dass sich die Österreicher darum wenig scheren, erklärt er sich so: "Vor der Hochzeit ist sicher nicht der Zeitpunkt, wo man schon wieder über die Trennung nachdenken möchte." Natürlich sei das "nicht sehr romantisch". Aber eben sinnvoll "im Sinne der Vorsorge für möglichst alle Aspekte im Leben". Im Fall des Scheidungsfalles könnte sonst über die Aufteilung des Vermögens noch jahrelang prozessiert werden, obwohl das Paar längst getrennte Wege geht.
Die Notare unterscheiden zwischen Vermögensregelungen für die Dauer der Ehe (Ehegüterverträge - "was gehört wem") und für den Fall der Scheidung (Vorwegvereinbarung - "wem bleibt was"). Ein Notariatsakt ist für eine rechtswirksame Vereinbarung für Ehewohnung und Ersparnisse - von den Sparbüchern über den Bausparer bis zur Briefmarkensammlung - nötig. "Früher konnte eine Immobilie, die im Eigentum eines Partners stand, dem anderen Partner bei der Scheidung bis zur Eigentumsübertragung zugesprochen werden", erläuterte Kaspar. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2010 ist es möglich festzulegen, dass die Wohnung bei einem Partner bleibt, woran der Richter in der Regel im Scheidungsverfahren gebunden ist. Für das "Gebrauchsvermögen" wie Einrichtung, Hausrat, Silberbesteck und Kunstgegenstände oder den gemeinsamen Pkw reicht eine schriftliche Vereinbarung.
Die Kosten für einen Ehevertrag hängen von den Vermögensverhältnissen ab. Zumindest die Erstauskunft beim Notar ist unverbindlich und kostenlos.