Mikrobiologe: Vor allem private Brunnen gefährdet. Kontrolle auf Verunreinigungen.
Hochwasser und Trinkwasser: Es wird auf jeden Fall noch einige Zeit dauern, bis in den österreichischen Überschwemmungsgebieten allfällige Gefahren festgestellt und beseitigt sind. „Ein Problem kann vor allem für Brunnen und bei Kläranlagen entstehen, in die Oberflächenwasser eindringt. Bei privaten Brunnen, die für Trinkwasserversorgung genutzt werden, sollte nach einem Hochwasser auf jeden Fall eine mikrobiologische Untersuchung erfolgen“, erklärte der NÖ-Mikrobiologe und Hygieniker Michael Sturm gegenüber der APA.
Belastung
Das Problem: Wenn Oberflächenwasser in "Wasserspender" (Brunnen etc.) eindringt, ergibt sich praktisch automatisch eine Belastung mit Schmutz und Keimen. Sturm, der in Wiener Neudorf ein Hygienezentrum betreibt und sich auch auf die Untersuchung von Trinkwasserproben spezialisiert hat und in seinem staatlich akkreditierten Institut diese Untersuchungen routinemäßig vornimmt: „Bei Keimen stehen da vor allem in Fäkalien vorkommende Bakterien im Vordergrund. Das sind E. coli-Bakterien und Enterokokken.“ Viren, zum Beispiel Hepatitis A-Erreger, und Parasiten, etwa Cryptosporidien, seien in Österreich sicher eine geringere Gefahr.
Privater Hausbrunnen
Das Problem sind auch weniger die öffentlichen Wasserversorger. Die haben Fachpersonal und können eine allenfalls notwendige Chlorierung durchführen. Die Problematik ergibt sich vielmehr bei den privaten Haushalten mit eigenen Hausbrunnen. Sie sind oft in schlechtem Zustand. Kritisch werden von Fachleuten insbesondere alte Brunnen bewertet. Sie werden mit den Häusern "vererbt", sind oft hundert und mehr Jahre alt, schlecht abgedichtet, der Schacht ist zu niedrig. Oft sind solche Brunnen nur mit Felssteinen ausgelegt. Da kann es Spalten geben. Der Schacht sollte auch mindestens 50 Zentimeter über den Erdboden ragen, um ein Eindringen von Oberflächenwasser zu verhindern.
Fäkalien und chemische Belastungen
Bei Hochwasserkatastrophen wird im schlechten Fall buchstäblich alles mitgeschwemmt, was in der Umwelt vorhanden ist. Hygieniker Sturm: „Das können Fäkalien sein, ebenso aber auch die bereits von den Medien aufgegriffenen chemischen Belastungen, zum Beispiel durch Öltanks von Heizungen etc. Das kann eine Kontamination mit Kohlenwasserstoffen bedeuten. Kohlenwasserstoffe schwimmen aber an der Wasseroberfläche, was naturgemäß eine geringere Gefahr für Brunnen darstellt.“
Abkochen!
Die wichtigste Vorsorgemaßnahme, so der Experte: "Die Feuerwehren stellen im Bedarfsfall die Trinkwasserversorgung mit ihren Tankwagen sicher. Man kann auch auf Flaschenwasser umsteigen. Ansonsten sollte Brunnenwasser für Trinkwasserzwecke unbedingt einige Minuten sprudelnd abgekocht werden.“ Das killt auch Parasiten.
Desinfektion
Eine andere Möglichkeit bietet die Desinfektion. Da gibt es Chlorpräparate in Dosierfläschchen in den Apotheken. Man lässt das Chlor eine halbe Stunde einwirken und erreicht damit eine hohe Sicherheit. Doch besonders bei stark mit Partikeln (Schwebstoffen) belastetem Wasser ist Vorsicht geboten. Da wirkt das Chlor nicht so gut, weil in den Partikeln Keime vor dem Desinfektionsmittel "verborgen" sein können und sich auch das Chlor "verbraucht".
Bei Brunnen ist im Falle einer Flutung mit Oberflächenwasser nach dem Auspumpen und der Reinigung auf jeden Fall eine Begutachtung durch einen dazu berechtigten Hygiene-/Mikrobiologie-Fachmann angesagt. Dann sollte eine einmalige Desinfektion erfolgen. Die Mittel sind im Handel (Schwimmbäder) erhältlich. Hier muss die Keimabtötung bis zum letzten Wasserhahn erfolgen (aufdrehen), die Chemikalien müssen auch lange genug einwirken. Danach sollte eine Kontrolluntersuchung erfolgen.