Die Inszenierungen des toten Modeschöpfers galten als fantastisch.
Für den 9. März hat sein Name schon auf dem Kalender der Pariser Pret-a-Porter-Schauen gestanden: Ob Alexander McQueens Kollektion nach dessen Tod ohne ihren genialen Schöpfer präsentiert wird, steht in den Sternen. Für echte Modefans galten seine Schauen als Pflichttermine. Alexander McQueen, der Bursche aus Londons East End, führte die Fashion-Meute stets durch Höhen und Tiefen gleichermaßen, mal präsentierte er nach einer Schau seinen blanken Hintern, mal schockte er mit blutverschmierten Models. Doch er hat sein Publikum niemals gelangweilt. McQueen starb am Donnerstag in London. Er nahm sich nach unbestätigen Berichten das Leben. Seine Mutter war Anfang Februar gestorben.
Provokant aber fantastisch
Mc Queen galt als Bad Boy und Good Guy
zugleich. So grob er sich manchmal ausdrückte, so provokant seine
Inszenierungen waren, seine Schnitttechnik galt als fantastisch. Er passte
sich nicht dem Zeitgeist an, sondern blieb einer Linie treu, die Sexyness
und Couture auf perfekte Weise verschmolz. Seine vollendet gearbeiteten,
äußerst femininen Hosenanzüge mit den typischen spitzen Revers, seine
Korsagenkleider, seine Liebe zu romantischen Details machten seine
Anhängerinnen süchtig nach den Entwürfen. Nur wenige Designer genossen einen
derartigen Kultstatus. Dabei war McQueen überhaupt kein Trendsetter, er
schien schlicht in einem anderen Universum als dem der Hochglanzpresse mit
ihrem Rhythmus von "In" oder "Out" zu Hause zu sein.
"Alexander der Grobe"
Die Brüche, die seine Biografie
aufwies, empfanden viele anfänglich als chic. Als 1996 das französische
Modehaus Givenchy McQueen zum Chefdesigner berief, sah es so aus, als würde
"Alexander der Grobe" (so damals die Frankfurter Allgemeine
Zeitung) zum neuen Hätschelkind der Mode. Doch richtig Fuß fasste
McQueen weder bei Givenchy noch bei den Pariser Modekritikern. 2001 nahm er
seinen Abschied und verfolgte fortan seine eigene Kollektion. Die war schon
vor seiner Zeit bei Givenchy hochgelobt worden.
Schneider-Lehre
Geboren wurde McQueen am 17.3.1969 als Sohn eines
Taxifahrers. Mit 16 begann er eine Lehre bei einem Schneider an der Savile
Row. Seine spätere handwerklich Perfektion gründete sich auf dieser Zeit. Er
selbst erzählte später, er habe für Prince Charles Anzüge geschneidert und
die Säume der Entwürfe heimlich mit obszönen Sprüchen versehen. Ob dies
stimmt oder nicht: Die Episode könnte symbolisch über seinem Leben stehen.
Underdog
Einerseits galt er als großartiger Künstler,
andererseits schlug er sich stets auf die Seite der Underdogs, tat alles, um
nicht etabliert zu wirken. Nach der Lehre assistierte McQueen vorübergehend
bei dem Mailänder Designer Romeo Gigli und studierte am Londoner Central
Saint Martins College of Art & Design. Schon seine Abschlusskollektion 1992
ließ die Modewelt staunen.
Die schon legendäre Stylistin und Moderedakteurin Isabella Blow wurde zu seiner Fürsprecherin und Muse. Insbesondere ihr ist McQueens Blitzkarriere zu verdanken. Wie McQueen galt sie als exzentrisch, genial und unangepasst. Vor drei Jahren war sie tot aufgefunden worden.